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Todes Kuss

Todes Kuss

Titel: Todes Kuss
Autoren: TASHA ALEXANDER
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mir das Leben einer verheirateten Frau entsetzlich langweilig vor. Nach der Vermählung erwartet man, dass die junge Braut ihrem Ehemann Nachkommen schenkt und dem Hauspersonal Befehle erteilt. Die Höhepunkte dieses eintönigen Daseins bestehen in gelegentlichen Besuchen von Gesellschaften, wo scheinbar zufriedene Ehefrauen sich Lügen über ihre angeblich wundervollen Kinder erzählen und über die Faulheit der Dienstboten klagen. Im Vergleich dazu erschien mir mein Leben als ledige junge Dame durchaus angenehm. Ich konnte mich mit meiner Freundin Ivy treffen, mich in meine Bücher vertiefen und gelegentlich eine kleine Reise unternehmen.
    Dennoch habe ich Philip nicht geheiratet, weil ich hoffte, er würde mich auf seine abenteuerlichen Reisen mitnehmen. Ich habe seinen Antrag angenommen, weil er ihn in einem Moment machte, in dem ich die Vorhaltungen meiner Mutter nicht mehr ertragen konnte.
    Sie war im Laufe der Saison nämlich immer ungeduldiger geworden, weil ich mich weigerte, meine Verehrer zu erhören. Ständig lag sie mir mit ihren Wünschen in den Ohren. Sie beklagte bitterlich, dass ich mir keine Mühe gäbe, eine gute Partie zu machen. Man konnte praktisch über nichts anderes mehr mit ihr reden. Neidisch betrachtete sie die Töchter ihrer Freundinnen, die so viel mehr Erfolg hatten als ich. Ihrer Meinung nach lief ich bereits Gefahr, Falten zu bekommen und endgültig sitzen zu bleiben. Damit ich begriff, mit welch geringen Mitteln eine alte Jungfer auskommen muss, überredete sie meinen Vater, mir das Nadelgeld zu kürzen.
    Und dann betrat sie eines Morgens mein Zimmer mit einem Maßband, wie Schneiderinnen es benutzen, um meinen Taillenumfang zu messen. Sie war nämlich davon überzeugt, dass ich von Tag zu Tag mehr Fett ansetzte. Ich wehrte mich. Sie schrie mich an. Es war nicht auszuhalten!
    Verständlich, dass ich nach einem Ausweg aus dieser Situation suchte. Nur deshalb sagte ich ja, als Philip mich wenige Stunden nach der Auseinandersetzung mit meiner Mutter bat, ihn zu heiraten.
    Sein Antrag kam für mich völlig überraschend. Wir hatten uns bei verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen getroffen, aber kaum miteinander gesprochen. Da sein größtes Interesse der Jagd galt, einem Thema, das mich langweilte, war ich ihm sogar manchmal bewusst aus dem Weg gegangen. Dabei hatte ich nie darüber nachgedacht, wie sehr ein guter Jäger die Herausforderung schätzt. Offenbar hatte es ihm gefallen, dass ich ihn nicht wie so viele andere junge Damen anhimmelte und ihn mit meiner Aufmerksamkeit verfolgte. Jedenfalls versicherte er mir in wohlgesetzten Worten, dass er mich über alles liebe.
    Bestimmt würde er sich mir gegenüber großzügiger, nachsichtiger und verständnisvoller zeigen als Mama! Also verlobte ich mich mit ihm.
    Die Hochzeit fand statt, sobald die umfangreichen Vorbereitungen abgeschlossen waren. Sechs Monate später war ich Witwe. Ich hatte meinen Mann kaum lange genug gekannt, um ihn, ohne zu zögern, beim Vornamen zu nennen. Als ich das Telegramm las, das mich über seinen Tod informierte, verspürte ich nicht Trauer, sondern Erleichterung. Ich war frei! Vor Aufregung begann ich zu zittern. Was den Butler veranlasste, mich zu einem Sessel zu führen, denn er fürchtete, ich sei einer Ohnmacht nahe. Tatsächlich werde ich nie ohnmächtig. Eine Ohnmacht ist die Folge eines zu eng geschnürten Korsetts oder zu heftiger Gefühle. Ich versuche, beides zu vermeiden.
    Ich hatte mich Philip nie wirklich nahe gefühlt. Daher konnte ich auch nicht um ihn trauern. Als typischer Jäger verlor er das Interesse an mir, sobald er mich erobert hatte. Wir unternahmen eine kurze Hochzeitsreise. Wenig später verabschiedete er sich von mir, um mit einigen Freunden in Afrika auf Jagd zu gehen. Natürlich schrieben wir uns. Es waren höfliche, aber letztendlich nichtssagende Briefe.
    Mit der Nachricht von Philips Tod begann für mich die vorgeschriebene Trauerzeit. Ein ganzes Jahr lang durfte ich nur schwarzen Crêpe tragen und musste allen Gesellschaften fernbleiben. Darauf folgten weitere zwölf Monate, in denen ich meine Trauer durch graue Seidenkleider beweisen und sehr zurückhaltend beim Annehmen von Einladungen sein musste.
    Eine angenehme Überraschung war, dass mein Gemahl sein großes Vermögen mir hinterlassen hatte. Auch das Londoner Stadthaus fiel mir zu. Der Landsitz der Familie in Derbyshire würde später natürlich Philips Erben gehören, dem Sohn seiner Schwester Anne. Doch da der
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