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Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition)
Autoren: Cassandra Norton
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erkannte sofort den irischen Akzent der jungen Frau . Es wimmelte im Eastend nicht nur von Russen und Polen, auch jede Menge Iren hatten sich im Zug der großen Hungersnot auf den Weg nach England gemacht. Vor allem jene, die sich eine Passage nach Amerika nicht leisten konnten.
    Schnellen Schrittes eilte Elizabeth durch die Menschenmenge, die immer dichter wurde, vor allem, da die Regenschauer ausgesetzt hatten.
    Sie lieferte den Hut ab und bekam auch gleich das Geld dafür. Sie war erleichtert, wusste sie doch, dass sie sogleich davon ihren Lohn erhalten würde.
    Als sie wieder an dem Hauseingang vorbeikam, stand die junge Irin noch immer dort.
    „Jetzt haben sie jemanden glücklich gemacht, wie?“, rief sie Elizabeth zu. Es war offensichtlich, dass ihr etwas langweilig war und sie Lust auf ein wenig Tratsch hatte.
    „Ich übrigens auch!“ Sie lachte hell heraus und Elizabeth zuckte erschrocken ob des doch recht derben Witzes zusammen.
    „Na, nu schauen sie doch nich so, Miss.“ Sie wirkte ehrlich betrübt. Vielleicht auch nur, weil sie fürchtete, ihre mögliche Gesprächspartnerin vergrault zu haben.
    „ S´ist schwer genug im Moment, Miss. Da muss man auch mal nen Scherz machen dürfen.“
    Jetzt blieb Elizabeth stehen. Sie hatte eine Eingebung.
    „Ja, da haben sie wohl Recht.“
    Die junge Frau beugte sich zu ihr vor und sie nahm einen leisen Hauch von Gin wahr, allerdings nichts im Vergleich zu dem, was andere Eastender so ausströmten …
    „Vor allem, wo doch jetzt der Mörder umgeht …“
    „Ach … sie meinen den von der Buck´s Row letzte Nacht?“
    Die Irin nickte heftig.
    „Ich heiße übrigens Jeannette. Jeannette Kelly.“
    „Elizabeth Montgomery. Freut mich.“
    „Ja, den meine ich.“
    „Eine ganz fürchterliche Tat. Kannten sie die Tote?“
    Kelly richtete sich zu voller Größe auf und machte ein erhabeneres Gesicht, als der Lordkanzler.
    „Und ob ich Polly kannte. Wir kennen uns alle hier, Miss Elizabeth. Ne Quadratmeile … das is nich viel … Na ja … gut … die eine oder andere verschwindet mal. Manche tauchen wieder auf. Andere nicht …“
    „Polly taucht nicht mehr auf“, versetzte Elizabeth und konnte sich der Traurigkeit nicht erwehren, die sich in ihre Stimme geschlichen hatte.
    Jeannette nickte und ihre Blicke schweiften in die Ferne.
    Sie atmete tief durch.
    „Is kein leichtes Leben, Miss. Aber besser, als in Irland zu verhungern.“
    „Das ist wohl wahr …“
    Hunger kannte sie nur zu gut. Damals … nachdem ihr Vater gestorben war und die Mutter mit viel zu vielen hungrigen Mäulern dagestanden hatte. Und keiner konnte helfen, weil keiner was übrig hatte, auf das er hätte verzichten können …
    „Na, ja …“, machte Jeannette munter. „… Aber ich schlag mich durch!“
    „Zum Glück passiert sowas wie mit Miss Nicols nicht jeden Tag.“ Etwas Besseres fiel ihr nicht ein, aber sie wollte einfach das Gespräch nicht abreißen lassen.
    Kelly sah sie verblüfft an.
    „Ja … sagen sie bloß … Haben sie nix von der armen Martha gehört? Ich sag´ Ihnen – das geht auf´s gleiche Konto!“
    Verwirrt schüttelte Elizabeth den Kopf.
    „Na … DAS kam ja auch nicht groß in allen Zeitungen. Aber die arme Martha hamm se auch abgestochen. Richtiggehend abgeschlachtet, Miss. Wie die arme Poll! So sieht´s aus! Da hat einer angefangen, Miss … und der hört so schnell nich auf …“
    Mit düsterem Blick unterstrich sie das Gewicht ihrer Worte.
    Elizabeth und sie sahen sich in die Augen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    „ Nich nur, dass jeder dahergelaufene Kerl uns eins in die Fresse gibt, wenn ihm danach is … nee. Jetzt schlachten se uns auch noch ab wie die Schweine!“
    Sie lehnte sich zur Seite und stopfte etwas Tabak in eine kleine Tonpfeife, die sie in einer Tasche ihres Rockes trug.
    „Ich hab ja noch Glück gehabt bisher, Miss. Aber noch n paar Monate und ich seh auch anders aus!“
    Es war das Selbstverständnis, mit dem die junge, hübsche Frau die Feststellung traf, die Elizabeth so erschütterte.
    „Der Suff und die Kerls machen uns kaputt. Ja. Die machen uns kaputt.“ Sie nickte und blies eine Rauchwolke über sich in den fahlen Himmel.
    Plötzlich aber rückte Jeannettes Blick über Elizabeth Schulter. Sie machte einen schnellen Schritt an ihr vorbei.
    „Hey … hey du! Du bist ganz mein Typ!“, rief sie mit künstlicher Begeisterung. Elizabeth drehte sich um und sah einen dicklichen Mann mit dicken Koteletten und speckigem
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