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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties)
Autoren: Michael Koglin
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zuflüsterte.
    »Immer her mit ihr, wenn’s eine Zeugin ist.«
    »Wie … ja, Sir.«
    DeCraven musterte die Kellnerin schnell und genau. Manchmal war es einfacher herauszufinden, ob ein Zeuge wirklich etwas taugte, wenn man sich auf den ersten Eindruck verließ.
    Sie blickte DeCraven aus verweinten Augen an und wandte aufseufzend den Kopf ab. DeCraven verstand, dass sie den Anblick des Toten vermied. Ihre zierliche Schürze war verrutscht, ihr Haar- knoten hatte sich gelockert, und eine schwarze Spange hing lose in einer Strähne. Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen aus den Augen.
    »Ganz ruhig, Miss … wie war Ihr Name?«
    »Anne, Sir, ich heiße Anne.«
    »Nun, Anne, was haben Sie gesehen?«
    »Eigentlich nichts, Sir.«
    »Das ist wenig. Haben Sie den Toten gefunden?«
    »Ja, Sir.«
    »Uns wäre sehr geholfen, wenn wir Ihnen nicht jedes Wort aus der Nase ziehen müssten, Anne.«
    »Ja, Sir.« »Großartig. Nun?«
    »Also, Miss Sophie ist aufgestanden. Glaube ich jedenfalls, und dann war es ja dunkel …«
    »Es war dunkel?«
    »Das Licht ist ausgefallen, Sir. Die Kapelle hörte auf zu spielen, und der Leiter des Orchesters bat die Gäste, ruhig zu bleiben. Völlig dunkel war es ja auch nicht, weil die Kerzen auf den Tischen brannten.«
    »Aha.«
    »Auf Sir Toby und Miss Sophie habe ich nicht weiter geachtet. Als es dann hell wurde, bin ich zu ihrem Tisch rüber und …«
    Die Kellnerin brach erneut in Tränen aus. DeCraven wusste, dass er ihr Schluchzen ertragen musste, wenn er überhaupt die Spur einer Chance nutzen wollte, mehr von ihr zu erfahren.
    Er reichte ihr ein weißes Taschentuch. Sie nickte dankbar und schnäuzte laut hinein.
    »… und … und als ich an den Tisch trat«, fuhr sie schließlich fort, »da … da war alles voller Blut. Überall Blut. Und Sir Tobys Augen waren ganz starr … Wie bei einem Fisch. Letzte Woche haben wir Karpfen ser… «
    »Und Miss Sophie?«
    »Die war nicht mehr da. Ich habe zuerst an einen Raubüberfall gedacht.«
    DeCraven rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
    »Wieso das?«
    »Na ja, er hatte diesen riesigen Rubinring am Finger. Und als er so dalag, also, da fehlte der Ring.«
    »Sir Toby trug einen Rubinring?«
    DeCravens Oberkörper ruckte nach vorn. Die Kellnerin trat erschreckt einen halben Schritt zurück.
    »Sind Sie sicher?«, fragte DeCraven.
    »Aber ja, Sir.«
    »Oggerty, haben wir etwas gefunden?«
    »Nein, Sir.«
    »Haben Sie den Toten durchsucht?«
    »Ja, Sir.«
    »Leibesvisitation bei allen Angestellten. Oggerty, belegen Sie dafür zwei Räume. Meinen Sie, das werden Sie bewältigen?«
    »Ja, Sir, unbedingt, Sir.«
    DeCraven wandte sich wieder der Kellnerin zu.
    »Und was ist Ihnen sonst noch aufgefallen?«
    »Nichts, Sir. Diese seltsame Gestalt ist durch den Hinterausgang raus, aber ich hab mir nichts dabei gedacht …«
    »Seltsame Gestalt? Himmel, da kommen ja tröpfchenweise bizarre Dinge ans Tageslicht.«
    »Ja, so ein buckliger, nein, bucklig eigentlich nicht. Er hatte einen schiefen Kopf … und blickte so von unten nach oben, so …«
    Die Kellnerin ging in die Hocke und verdrehte ihren Kopf.
    »Sie sehen ja aus wie Quasimodo, der Glöckner von Notre Dame.«
    Der Chefinspektor lachte über seinen Witz.
    »Ja, Sir, genauso. Irgendwie verrenkt. Haben Sie den Film auch gesehen?« »Hmmh. War das vor dem Dunkelwerden oder danach?«
    »Aber in Lichtfilmvorführungen ist es doch immer dunkel, Inspektor!«
    »Chefinspektor, bitte. Ich meine hier. Heute Abend. Haben Sie den Mann gesehen, bevor es dunkel wurde, oder danach?«
    »Danach, Sir. Oder davor? Nein. Ich weiß nicht so genau.«
    DeCraven wandte sich an seinen Assistenten. »Oggerty, wir müssen dem nachgehen, aber ich fürchte, wir werden bei den Angestellten nichts finden. Ich mache mich schon mal auf den Weg nach Rosen-Manor. Bin doch wirklich gespannt, was diese Miss Sophie zu sagen hat.«
     
* * *

    Dieser spleenige Butler mit seinen wirren Augen passte genau auf die Beschreibung der Kellnerin. Ja, der Mann sah tatsächlich aus wie ein Ringer, der seinen Kopf nicht rechtzeitig aus dem Schwitzkasten gezogen hatte.
    Leicht schief blickte er nach oben, als erwarte er gleich die ersten Frühlingsboten. Der Mann hätte zweifellos einen guten Darsteller für einen dieser Spielfilme abgegeben, die sich alle Welt neuerdings ansah.
    Der Butler führte den Mann von Scotland Yard in das vordere Empfangszimmer, dann schlurfte er ohne ein Wort zu sagen hinaus.
    Chefinspektor
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