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Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Titel: Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
Autoren: Andreas Schmidt
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ja auch. Aber ich schweife ab: Also nahm ich seine Pistole, als er bewusstlos im Strandkorb saß, erschoss ihn und drückte ihm die Waffe in die Hand. Schade, dass es schnell ging und er nicht viel von seinem Sterben mitgekriegt hat. Immerhin hat er die Seelen so vieler Frauen auf dem Gewissen, da hätte ich ihn lieber qualvoller sterben sehen. Aber es musste schnell gehen, und es sollte wie Selbstmord aussehen. Er war groß und stark, und ich bin ein zierlich im Vergleich zu ihm. Also war es am einfachsten, ihn zu erschießen. Die Brieftasche habe ich ihm noch abgenommen, dann habe ich gemacht, dass ich wegkam. Das Ding habe ich später ins Meer geworfen. Und nun stehe ich hier am Grab meiner Schwester, die dieser Mann in den Wahnsinn getrieben hat. Ich habe getötet, ja. Aber ich habe es getan, um den Tod meiner Schwester zu rächen, um ein Zeichen zu setzen und um andere Frauen vor dem Leid zu bewahren, das uns nicht erspart geblieben ist.«
    »Warum haben Sie nicht einfach die Polizei angerufen, wenn Sie den Vergewaltiger Ihrer Schwester identifizieren konnten?«, fragte Wiebke.
    Ellen Budde lachte trocken auf. »Was hätte das gebracht? Ihre Kollegen hätten ihn verhaftet, er wäre irgendwann dem Haftrichter vorgeführt worden. Und dann hätte man ihn zu einer milden Strafe verknackt. Länger als fünf Jahre sitzt doch kein Vergewaltiger. Oder er bekommt eine Strafe auf Bewährung, weil er irgend so ein Scheiß-Attest vom einem Arzt vorzeigen kann. Oder sein Anwalt boxt ihn da raus und er bekommt offenen Vollzug oder so was. Dann ist er die meiste Zeit draußen und kann sich an mir rächen oder sich ein neues Opfer suchen. Solche Geschichten hört man immer wieder. Das sind mir zu viele Oders. Und die Gefängnisse sind doch voll, wohin also mit den Gewaltverbrechern?«
    »Na, das lassen Sie mal unsere Sorge sein«, erwiderte Petersen.
    »Nein, ich hatte Angst. Wenn ich ihn in den Knast gebracht hätte, dann hätte er auch gewusst, dass ich es war, die ihn verpfiffen hat. Was denken Sie, wäre geschehen, wenn er in ein paar Jahren wieder rausgekommen wäre?« Wieder schüttelte Ellen Budde den Kopf. »Ich hatte Angst um mein Leben. Angst um andere Frauen, an denen er sich noch vergangen hätte. Also habe ich mich dazu entschlossen, ihn zu beseitigen. Für immer.«
    Wiebke tauschte einen Blick mit Petersen. Er zuckte ein wenig unbeholfen die Schultern. Was sie eben von Ellen Budde gehört hatten, war ein lupenreines Geständnis. Doch er wusste noch nicht, wie er das Matthias Dierks und dem Staatsanwalt beibringen sollte. Allerdings war das sicherlich das kleinere Problem. Bente Harmsen saß unschuldig in Haft und es war höchste Zeit, dass sie wieder in die Freiheit kam, um endlich ihr neues Leben beginnen zu können.
    »Mir war klar, dass Sie mich irgendwann festnehmen würden.« Die junge Frau nickte und hielt ihnen die Hände hin. »Legen Sie mir schon Handschellen an. Ich bin bereit, meine Strafe anzutreten.«
    Petersen zog die Handschellen aus dem Gürtel und legte sie Ellen Budde an. Nachdem sie einen letzten Blick auf das pedantisch gepflegte Grab der Schwester geworfen hatte, ließ sie sich widerstandslos zum Ausgang des Ostfriedhofes abführen. Sie wusste, dass sie hier lange nicht mehr herkommen würde.
     
     
     
    Achtundzwanzig
     
    Das Schlechte an Nordfriesland ist, dass man täglich mit Regen rechnen muss. Das Gute an Nordfriesland ist, dass das Wetter mindestens dreimal am Tag umschlägt und man die Chance hat, trocken zu bleiben. Doch dieser Tag war anders. Seit den frühen Morgenstunden brannte die Sonne auf das platte Land nieder, und es zog die Badegäste in Scharen an den Strand.
    Obwohl der Ort nahe an der Küste lag, war es windstill und angenehm warm. Sogar die Touristen hatten die obligatorischen Outdoor-Jacken zu Hause gelassen, und die mächtigen Windanlagen standen still über den weiten Feldern. Wie an jedem letzten Donnerstag im Monat gab es auch heute wieder Spanferkelgrillen in Antjes Imbiss . Das Wetter spielte mit, und so fanden sich schon gegen siebzehn Uhr zahlreiche Gäste am Husumer Badestrand ein, um dem Spektakel beizuwohnen. Es war eine illustre Gesellschaft, die sich sowohl aus Touristen als auch aus Einheimischen zusammensetzte.
    Wiebke stand an der hölzernen Reling und blickte nachdenklich hinaus auf die Nordsee. Am Himmel hatte sich eine einzigartige Wolkenformation aufgebaut. Der aufkommende Wind pustete ihr das Gehirn durch, und sie ließ den Gedanken freien Lauf.
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