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Tod in Kreuzberg

Tod in Kreuzberg

Titel: Tod in Kreuzberg
Autoren: C Ditfurth
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blickten die beiden sie erwartungsvoll an.
    »Wir paktieren nicht mit den Bullen«, sagte Dornröschen. »Der Schmelzer mag ein nützlicher Idiot sein, aber das macht ihn nicht zum guten Bullen. Es gibt keine guten Bullen, diese Möglichkeit steckt nicht drin im Begriff des Bullen. Ich dachte, das hättet ihr kapiert.«
    Die beiden Männer guckten schuldbewusst. Twiggy ähnelte einem hypertrophen Pudel, Matti versuchte den Dackelblick.
    »Habt ihr schon vergessen, dass die Bullen die Morde an Konny und Norbi vertuschen wollten?« Sie tippte sich an die Schläfe und schüttelte den Kopf. »Rosi hat eine Riesensauerei aufgedeckt, und wenn wir das denen« – ihr Finger wies in Richtung Tempelhof, zum Polizeipräsidium – »überlassen, war das am Ende ein Unfall. Oder ein Vergewaltigungsversuch, die Arme hätte sich mal besser nicht wehren sollen. Da wurden Bonzen geschmiert, damit die Immohaie Wowis Berlin verschönern können, und ihr wollt mich zu den Bullen schicken …«
    Nichts einfacher als das. Sie brauchten Werners Hundemarke nicht, sondern nur Dornröschens Frechheit, mit der sie sich als Rosis Schwester ausgab, die behauptete zu wissen, dass Rosi bei der Wohnungsnachbarin einen Schlüssel hinterlegt hatte. Die Frechheit wurde vierfach belohnt: Die Nachbarin war da, die Bohnenstange mittleren Alters mit wirren roten Haaren und Sommersprossen war dumm genug, Dornröschens Märchen zu glauben, sie hatte einen Schlüssel, und die Wohnung war nicht versiegelt. »Jetzt finde ich bestimmt meine Halskette wieder. Sie ist nicht wertvoll, aber sie ist von der Großmutter«, säuselte Dornröschen in der passenden Mischung von Trauer und Trost. Matti verkniff sich das Grinsen. Das fiel ihm leicht, er musste nur daran denken, wie Dornröschen telefoniert hatte in der letzten Nacht. Das Grauen hatte ein Bild.
    Es war eine winzige Zweizimmerwohnung im dritten Stock, die sie unter den Blicken der Bohnenstange betraten. Das Erste, was Matti auffiel, waren die Wärme und der Geruch von Feuchtigkeit. Wie in der Sauna. Er fasste an den Heizkörper im Flur, er war warm, der Thermostat stand auf der höchsten Stufe. Auch in den anderen Zimmern waren die Heizkörper eingeschaltet. Matti drehte die Thermostaten auf null und öffnete die Fenster. Eine Sommerbrise zog durch die Wohnung, sie wirbelte Blätter vom Schreibtisch. Das war ihr Arbeits-und-Wohnzimmer gewesen. An der Seitenwand stand ein Zweisitzer, Leder, abgesessen, mit glänzenden Stellen. Über der Rückenlehne hing ein Tuch mit Elefantenmotiven. Vor dem Sofa stand ein eckiger Holztisch mit Doppelplatte. Auf der unteren quetschten sich Zeitungen, Papier, Broschüren, die obere war leer. Sie gingen durch die anderen Zimmer. Überall war es ordentlich, als hätte Rosi gerade aufgeräumt.
    »Das sieht so aus, als hätte jemand die Bude durchsucht«, sagte Dornröschen, als sie in der Küche standen.
    Twiggy blickte sie ungläubig an.
    »Es ist zu ordentlich«, sagte Dornröschen.
    »Und die aufgedrehten Heizkörper«, sagte Matti, »die Wärme soll die Spuren verfälschen, älter machen.«
    Twiggy nickte. »Wasser und Fettsäure verdunsten, aber so schnell nun auch wieder nicht.«
    »Vielleicht war Rosi einfach nur kalt am Abend, und sie hat vergessen, die Heizkörper runterzudrehen. Hier ist es ziemlich feucht. Kann doch sein, dass sie so die Bude trockener kriegen …« Matti guckte sich um, als könnte er etwas finden, um die Frage zu klären.
    »Und dafür eine Schimmelpilzfarm aufmachen wollte«, widersprach Twiggy.
    »Bleibt ruhig, Jungs«, sagte Dornröschen. »Wir halten fest: Es ist zu warm, und die Bude ist zu ordentlich. Wir suchen jetzt Unterlagen über Immohaie im Gräfekiez.«
    »Zu Befehl«, sagte Matti. Er begann im Wohnzimmer, Dornröschen nahm sich das Schlafzimmer vor und Twiggy die Küche.
    Matti setzte sich aufs Sofa und zog die Stapel zwischen den Tischplatten hervor. Zeitschriften, Broschüren, eine mit dem Titel Wir bleiben hier! , Papiere. Matti blätterte alles durch, bis er auf eine blaue Aktenmappe stieß. Sie war unbeschriftet. Er schlug sie auf und sah Protokolle einer AG Gegen Mieterhöhungen . In der ersten Zeile stand jeweils das Datum, in der zweiten waren die Teilnehmer aufgelistet: Achim, Lisbeth, Willi, Karin, Jens, Rosi, Karla, Klaus, Susanne. Im nächsten Protokoll fehlte Jens, dafür waren Gerd und Udo L. erschienen. Den anderen Udo fand Matti im vierten Protokoll. Udo K. schien aber selten aufzutauchen. Rosi war immer da gewesen.
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