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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch
Autoren: Martin Schueller
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auch gesagt.«
    »Geh wieder spielen, mein Schatz«, sagte Frau
Schimunek.
    »Aber nicht mehr weinen«, sagte Fonsi und ging aus der
Tür.
    Sie nahmen wieder Platz. Schwemmer atmete durch.
Schafmann strich sich das Jackett glatt.
    »Es steht noch mehr hier, Frau Schimunek«, sagte
Schafmann. »Was er gedacht hat darüber … und über Sie und … einiges mehr. Wenn
Sie wollen, les ich das auch vor.«
    Aber Frau Schimunek schüttelte den Kopf.
    »Nicht jetzt«, sagte sie schwach. »Vielleicht später
einmal.« Sie griff nach dem Wasserglas, es war leer. Sie machte Anstalten,
aufzustehen, aber Schwemmer nahm das Glas und füllte es an der Spüle wieder
auf. Sie trank und stellte es sorgfältig ab. Dann schloss sie die Augen.
    »Haben Sie ihn also umgebracht«, sagte sie.
    »Wen meinen Sie?«, fragte Schwemmer.
    »Die Mirl und die Nanni. Oder der Berni … oder alle
drei. Mirl hat ihn immer gehasst. Vielleicht muss das ja so sein. Ein fremdes
Kind zwischen den eigenen, das darf es ja eigentlich nicht geben. Aber sein
Vater hat ihn geliebt. Sehr sogar. Und ihn beschützt. Der Vinz war ja ganz
anders als der Berni … und der Fonsi. Konrad hat ihn wirklich geliebt. Aber
dann ist er gestorben …«
    »Wann war das?«, fragte Schafmann.
    »Vor fünf Jahren. Vinz war da schon aus dem Haus. Und
als Mirl kurz darauf zu mir sagte, dass sie Vinz eine eigene Firma verschafft
hätten, bekam ich Angst um ihn. Sie wollte ihm doch nie etwas Gutes. Und jetzt
ist er tot.«
    Sie weinte lautlos.
    »Sie waren noch sehr jung damals«, sagte Schwemmer.
    »Sechzehn«, sagte sie. »Ich wusste gar nichts. Ich war
nur froh, endlich eine Anstellung gefunden zu haben. Ich kann doch nichts,
nicht mal lesen. Herr Schedlbauer war immer gut zu mir. Und dann war auf einmal
Vinz da. Da konnte ich doch nicht mehr weggehen.«
    Sie zog die Nase hoch und rieb sich mit dem Handrücken
die Tränen aus den Augen.
    »Hatten Sie denn nie Angst um sich selbst?«, fragte
Schwemmer.
    »Um mich? Ach woher. Sie brauchen mich ja, für den
Fonsi …«
    Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Kittelschürze und
schnaubte sich. Dann atmete sie kräftig aus.
    »Ich möchte das Tagebuch«, sagte sie. »Irgendjemand
wird es mir vorlesen.«
    »Sie werden es bekommen, Frau Schimunek«, sagte
Schwemmer. »Sie werden alles bekommen. Schließlich sind Sie seine Mutter.«
    »Inge?«, rief Fonsi durch den Türspalt.
    »Was ist denn?«, fragte sie.
    »Inge, ich muss mal.«
    »Ich komme, mein Schatz«, sagte Frau Schimunek. »Ich
bin gleich bei dir.«
    * * *
    Die Sonne war durchgebrochen und ließ den Frühling
endlich auch hier oben spüren. Reserl stand vor der Scheune und fütterte die
Hühner, und sie lächelte tatsächlich, als Magdalena auf den Hof bog.
    Sie hielt direkt neben ihr an, so, dass die Hühner
auseinanderstoben. Sie stieg aus und nahm sie fest in den Arm.
    Reserl sah sie überrascht an.
    »Kind, wos tuast denn mit mia?«
    Magdalena drückte ihr einen Kuss auf die Wange, dann
ging sie um den Wagen und öffnete die Heckklappe.
    Sento sprang nicht gerade heraus, so fit war er noch
nicht wieder. Er kletterte vorsichtig aus dem Laderaum und lief dann
schwanzwedelnd auf Reserl zu.
    Reserl stellte den Futtereimer ab und kniete sich hin.
Sie erlaubte dem Hund sogar, ihr das Gesicht zu lecken.
    »Gruß vom Maiche. Er sieht viel besser aus. Der Doktor
sagt, er kann in ein paar Tagen heim.«
    Reserl grinste sie an. »Mittlerweil komm I guad oahne
den sturn Bock zrecht. Der Aschenbrenner kümmert si ums Viech und i um d’
Henna. Weißt was vom Hias?«
    »Der Schwemmer Hausl hat mir gesagt, dass sie ihn
wahrscheinlich morgen rauslassen. Aber einen Prozess wird es wohl geben
demnächst.«
    »I bin froh, dass se dene de Gwahr weggnumma ham«,
sagte Reserl. »Eine Sorg weniger.«
    Magdalena griff in den Eimer und streute eine Handvoll
Futter vor den pickenden Hühnern aus.
    »Schad um den Vinz«, sagte Reserl. »I hätt ja ghofft,
des werd wos mit eich zwoa.«
    Magdalena fuhr herum. »Wie bitte?«
    »Ach Kind, glaubst denn, es gab wos, das de Buchhäcker
Kati wüsst und i ned?« Sie lachte. »I leb auf am Hof, ned hinterm Mond!«
    Magdalena schüttelte den Kopf. Welche Sorgen sie sich
gemacht hatte, dass ihr Wochenende mit Vinz bei den Meixners bekannt würde!
    Und nun durfte sie darüber lachen.
    Nun, wo Vinz tot war.
    Sie sog tief die frische Luft ein und seufzte.
»Manchmal würd ich lieber wieder die Hühner füttern, als jeden Tag fremden
Leuten das Frühstück zu machen«,
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