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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau
Autoren: Susanne Goga
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fahren, um sich einen neuen Mantel zu kaufen. In dem alten konnte
     sie nicht mehr unter die Leute gehen, und sie hatte ein entzückendes
     Modell mit Kunstpelzkragen gesehen, das gar nicht so teuer war. Zwei
     Auftritte bei privaten Soireen, da konnte sie sich auch mal etwas gönnen.
    Auf dem Weg zur Elektrischen
     spürte sie plötzlich eine Hand an ihrem Arm. Sie drehte sich um
     und sah sich Richard vom Hofe gegenüber. Thea wollte ihn begrüßen,
     doch sein Blick ließ sie verstummen. Er zerrte sie in eine
     menschenleere Hofeinfahrt und drückte sie gegen die kalte, feuchte
     Wand.
    »Ich hatte Besuch. Von
     der Polizei.«
    Sie hielt seinem Blick stand.
     Draußen auf der Straße waren viele Menschen, sie konnte
     notfalls um Hilfe rufen. »Ich auch, wegen Arnold. Sie wollen alles Mögliche
     wissen. Fragten auch nach dir.«
    Sie spürte seinen warmen
     Atem im Gesicht, so nah war er ihr gekommen. Aber nicht, um sie zu küssen.
     »Das interessiert mich einen feuchten Dreck. Es ist was anderes, ob
     die bei irgendeiner Nackttänzerin auftauchten oder bei mir, das
     schadet meinem Ruf.«
    Thea sah ihn an, als wäre
     ihr plötzlich etwas klar geworden. »Ist das alles, was ich für
     dich war? Irgendeine Nackttänzerin?« Sie versuchte, sich seinem
     Griff zu entwinden. »Wenn du ein gutes Gewissen hast, kannst du doch
     offen mit ihnen sprechen.«
    Vom Hofe umklammerte ihre
     Arme mit eisernem Griff. »Wie kommst du dazu, ihnen zu erzählen,
     ich wäre auf einer Zeichnung dieses Schmierfinken zu sehen?« Er
     stieß sie heftig gegen die Wand.
    Thea bekam allmählich
     Angst und spähte zum Bürgersteig hinüber. Alle Passanten
     hatten es eilig, niemand schaute zu ihnen herein. »Das habe ich nie
     gesagt. Sie wollten nur wissen, ob ich die Zeichnung aus dem Atelier
     kannte, und da habe ich erzählt, dass Arnold öfter irgendwelche
     Leute als Modell nahm, die er gar nicht persönlich kannte. Ich habe
     mir nichts dabei gedacht. Oder bist du -« Sie schlug entsetzt die
     Hand vor den Mund.   
    Plötzlich kam ein
     Pferdefuhrwerk klappernd in die Hofeinfahrt eingebogen. Thea nutzte die
     kurze Ablenkung, um sich loszureißen und draußen in der Menge
     zu verschwinden.
    *
    Der Junge saß, eine
     karierte Wolldecke um die Schultern, in Leos Büro und hielt eine
     Tasse Schokolade in beiden Händen. Sie war sehr heiß, schien
     ihm aber eine gewisse Sicherheit zu vermitteln. Vor ihm auf dem Tisch
     stand seine alte Kaffeedose, die Leo ihm gleich zu Anfang gegeben hatte,
     um ihm die Angst zu nehmen. Außerdem hatte Leo die Kollegen gebeten,
     sich in die Ecke zu setzen, damit sich der Junge nicht bedrängt fühlte.
     Stahnke sollte mitstenographieren. Alle machten sich auf eine langwierige
     Befragung gefasst.     
    Leo rückte an den Tisch,
     öffnete eine Papiertüte und holte eine Zimtschnecke heraus.
     »Magst du?«
    Paul nickte, schaute aber
     nicht hoch. Dann griff er nach der Zimtschnecke und biss ganz schnell
     hinein.
    »War ziemlich kalt in
     dem Keller, was?«
    Nicken.
    »Wie bist du eigentlich
     dort gelandet?«
    »Bin gelaufen, immer
     weiter«, sagte der Junge heiser, als hätte er länger nicht
     geredet. »Ich wollte weg.«
    »Weil du Angst hattest?«
    »Ja.«
    »Vor deinem Vater? Oder
     dem Mann mit dem schwarzen Auto?«
    Bei dieser Frage sah der
     Jungen zum ersten Mal hoch. »Du kennst den auch?«
    Leo nickte. »Ich glaube
     schon.« Er schob Paul eine Skizze hin, die der Polizeizeichner nach
     seinen Angaben erstellt hatte. »Sah er so aus?«
    Paul sah auf das Blatt und
     nickte heftig.
    Der Zeuge bestätigt
     durch Nicken, stenographierte Stahnke.
    Der Junge räusperte
     sich. »Der hat mich mitgenommen. Im Auto.«
    »Als Spazierfahrt?«,
     fragte Leo freundlich.
    »Nein, er hat mich
     einfach reingezogen, ich wollte gar nicht mit, und dann war ich in einem
     Schuppen, und der Mann war so unheimlich. Bis so 'n Liebespaar reinkam, da
     bin ich weggelaufen. «
    »Hattest du ihn vorher
     schon gesehen?«
    »Ja. Er hat mich immer
     angeguckt und nach dem Maler gefragt. Wenn ich auf der Straße war,
     tauchte er einfach auf.«
    »Ich nehme an, er hat
     dich beobachtet. Kannst du dich erinnern, wann du ihn zum ersten Mal
     gesehen hast?«
    Der Junge überlegte
     angestrengt. »Ich weiß nicht genau. Da war mal so einer im
     Wald, als der Maler mir das Geld geschenkt hat. Als ich das Bild
     verstecken sollte. Der hat nur dagestanden und geguckt. Aber ich weiß
     nicht, ob das der mit dem
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