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Tod in Blau

Tod in Blau

Titel: Tod in Blau
Autoren: Susanne Goga
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schwarzen Auto war.«
    Leo nickte und legte Wegners
     Zeichnung auf den Tisch. Paul wollte sofort danach greifen, besann sich
     aber und zog die Hand zurück. Unsicher schaute er von einem Beamten
     zum anderen. »Ich… auf die sollte ich aufpassen. Die darfst
     du nicht - ich hab's ihm versprochen.« Er verstummte, als wäre
     ihm gerade erst eingefallen, dass der Maler nicht mehr lebte.
    »Wir haben danach
     gesucht, weil wir sie brauchen, um den Mörder zu finden. Verstehst du
     das?«
    »Nicht so richtig.«
    »Ich erkläre es
     dir später. Jetzt musst du uns erst mal erzählen, warum der
     Maler dir die Zeichnung gegeben hat.«
    Paul krauste die Stirn, als
     er in seiner Erinnerung wühlte. Wie war das gewesen an dem Tag, als
     alles durcheinander war und das Bild kaputt? Es brach aus ihm hervor wie
     eine Flut, ungeordnet und ungeheuer wohltuend. »Ich … alles
     war herumgeworfen … sein Bild war kaputt, es gefiel ihm nicht, hat
     er gesagt, und dann hat er mir das da gegeben, ich soll drauf aufpassen.«
    Leo hob die Hand. »Ganz
     langsam. Du warst mal bei ihm, und alles war durcheinander?«
    Der Junge nickte.
    »Und ein Bild war
     kaputt? Was für eins?«
    »Ein buntes. Mit den
     nassen Farben.« Aquarell oder Öl, dachte Leo. »Lauter Löcher
     waren drin. Und die Pinsel und alles lag auf dem Boden.«
    Alle im Raum spürten,
     dass sie soeben etwas Bedeutendes erfahren hatten. Leo fasste zusammen:
     »Du bist ins Atelier gekommen, der Raum war durcheinander, ein Bild
     war kaputt. Wie sah es aus?«
    »Mit lauter Schnitten
     drin, nur noch Fetzen«, sagte der Junge leise. »Er hat gesagt,
     er war es selbst, aber so was hat er früher nie gemacht.«
    Leo beugte sich vor. »Und
     dann hat er dir die Zeichnung gegeben und gesagt, du sollst gut auf sie
     aufpassen?«
    »Ja.«
    »Und du hast sie im
     Kaninchenstall versteckt und keinem davon erzählt?«
    Heftiges Nicken. »Es
     war doch ein Geheimnis.«
    Leo wollte schon die
     Befragung beenden, als der Junge noch einmal herzhaft in die Zimtschnecke
     biss und mit vollem Mund kauend sagte: »Dann wollte ich sie zurückgeben.«
    »Warum?«
    »Weil ich …
     irgendwie machte sie mir Angst. Es war so ein Gefühl. Hier.«
     Paul deutete auf seinen Bauch. Der Instinkt hatte ihn nicht getrogen,
     dachte Leo.
    »Warum lag sie denn
     noch im Stall, wenn du sie ihm zurückgeben wolltest?«
    »Ich bin zu ihm
     gelaufen, und dann hat er da gelegen, und alles war schwarz. Und er war
     tot.«
    *
    Leo hatte Paul in ein
     leerstehendes Büro bringen und ein Feldbett holen lassen, damit er
     sich ausruhen konnte. Dann setzte er sich zu Walther, Stahnke und Berns
     ins Büro. Die erwartungsvolle Spannung war deutlich zu spüren,
     wie immer, wenn ein Fall kurz vor der Aufklärung stand. »Meine
     Herren, was sagen Sie dazu?«
    »Die Sache ist doch
     eindeutig«, meldete sich Berns zu Wort. »Vom Hofe ist eifersüchtig
     und spioniert der Pabst nach. Entdeckt, dass Wegner ihn bei einer
     Vergewaltigung malt. Zerstört das Bild als Warnung und bekommt
     irgendwie mit, dass Wegner dem Jungen die Zeichnung anvertraut. Paul sagt
     doch, ein Mann habe damals vor dem Atelier gestanden. Wegner nimmt das Gemälde
     vom Elternhaus, das ihm so viel bedeutet, mit nach Hause, um es zu schützen.
     Und vom Hofe begreift, dass Wegner eine Bedrohung für ihn darstellt,
     solange er lebt, und bringt ihn um.«
    Walther nickte. »Klingt
     schlüssig. Aber woher wusste Wegner von der Vergewaltigung?«
    Leo schaute aus dem Fenster,
     vor dem dünne Schneeflocken herabrieselten. Am Sonntag war schon der
     1. Advent, dachte er ein wenig zusammenhanglos. Dann drehte er sich
     unvermittelt um. »Robert, Frau Wegner hat kein Telefon, oder?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Dann musst du
     hinfahren. Nimm das Tagebuch mit, das wir damals in Wegners Sachen
     gefunden haben, und lass es dir von seiner Frau vorlesen, sie müsste
     seine Handschrift entziffern können. Schreib mit, was wichtig ist.
     Mach schnell.«
    »Verstanden.«
     Schon hatte Walther das Büro verlassen.
    *
    Clara Bleibtreu saß in
     ihrer Leihbücherei und schaute trübsinnig aus dem Fenster.
     Kinder hüpften umher, legten den Kopf in den Nacken und öffneten
     den Mund, um die dichter fallenden Schneeflocken aufzufangen. Sie zog das
     Schultertuch enger um sich. Eigentlich war der Raum ganz gut geheizt, aber
     ihr wurde einfach nicht richtig warm.
    Sie kochte Tee und setzte
     sich mit der dampfenden Tasse hinter die Theke. Bei
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