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Tod im Frühling

Tod im Frühling

Titel: Tod im Frühling
Autoren: Magdalen Nabb
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Er hatte sie am nächsten Tag angerufen .
    »Wie geht ' s ihr ? «
    »Ich bin sicher, es geht ihr schon e t was besser – aber m anc h m al beobachtet sie uns. Ich spüre, wie s i e uns beobachtet. Ich weiß nicht, ob Sie verstehen, was ich m eine . «
    »Ich verstehe es. «
    » I m Schlaf spricht sie Italienisch. Wir haben die ganze Nacht an ihrem Bett verbracht, John und ich. Und heute hat sie zu m ir gesagt: ›Ich hab Hunger‹, einfach so, und es war keine Essenszeit .
    Vielleicht g eht es ihr wirklich besser. Vorher wollte sie ni c hts essen. «
    »Erwarten Sie nicht zuviel . «
    Wie oft in all den Jahren hatte er die s e abgedroschenen Phrasen wiederhol t ? Allerdings spielte es auch keine große Rolle, was er sagte, solange er ruhig blieb .
    »Ich habe ü b er alles nac h gedacht, was Sie m ir gesagt haben. Es ist wahrscheinlich dumm von m ir, aber ich m uß einfach an all diese Lieder denken, diese Liebeslieder. Sie wissen schon, was ich m eine, in denen es um Ketten und Gefangenschaft geht. Ich weiß nicht, wie ich darauf geko mm e n bin. Und Füttern ist im m er ein Teil der Werbung – ich habe d a einen Artikel gelesen… Wahrscheinlich halten Sie m ich für sehr dum m … «
    » Nein, nein… «
    »Ich versuche zu verstehen, wie Debbie dazu kam – «
    »Bleiben Sie einfach ganz in ihrer Nähe . «
    Er blickte jetzt wieder auf den Berg von Papieren, die gelesen und unterschrieben werden m ußten. Wenn er sich anstrengte, konnte er noch an diesem Morgen alles erledigen. Er hob den Stapel getippter Transkriptionen von den lesbaren Teilen des Hefts auf, das das Mädchen während ihrer Gefangenschaft vollgeschrieben hatte. Das Manuskr i pt war eilig erstellt und die Übersetzung war nicht sehr gut, aber fürs erste reichte es aus. Wenn das L abor m it der Säuberung der Seiten fertig war, würde eine zweite Transkription ge m acht .
    Auf der ersten Seite war der Teil eines Briefes an Katrine Nilsen .
…kein einziges Mal m i teinander geredet in der g anzen Zeit, wo es passierte. Ist Dir das aufgefallen? Nie m and will m ir sagen, wo sie Dich hingebracht haben. Nie m and spricht Englisch, und ich verstehe ihr Italienisch nicht. Drei Tage lang habe ich überhaupt kein einziges Wort gesprochen. Ich habe darauf gewartet, daß sie m ich u m bri n gen. Ich habe nur still dagelegen und gewartet. Es gibt so vieles, was ich D i r schreiben m öchte, auch wenn es nur in diesem Heft ist. Sie haben m ir nichts von m einen Sachen weggeno m men, nicht ein m al m e ine Uhr. Aber ich kann nur schreiben, wenn genug L i cht vom Feuer da ist. Ich m öchte… AUSLASSUNG. Zehn Zeilen unkenntlich/ Forts… .
…gedacht, daß ich je m als so etwas Schreckliches wie das überleben könnte. Aber ich schlafe wie vorher, und wache auf und esse sogar. Sie hätten uns beide doch ruhig zusam m enlassen können. Den ganzen Tag lang habe ich daran gedacht, wie es sein wird, wenn wir wieder frei sind! Ich will, daß wir wieder so lachen, wie wir da m als im Restaurant bei Jaquelines Geburtstag gelacht haben, weil sie vergessen hatte, wie der Witz weiterging, den sie uns erzählen wollte. Und wie sie es dann in drei Sprachen probiert hat und völlig durcheinanderka m . Jetzt k ann ich m ir gar nicht m ehr vorstellen, wie m an ü b erhaupt so lachen kann. Ich habe nie gewußt, daß d i e Welt so häßlich und traurig sein kann. Wenn ich das gewußt hätte, wäre ich nie unglücklich gewesen, nicht ei n m al für eine Stunde. Jetzt ist k ein Licht m e hr da, und die Leute, die i ch sehe, haben keine Gesichter. Ich will hier ni c ht sterben, wo m ich nie m a n d kennt. Nie m and k o m m t in m eine Nähe, höchstens um m ir etwas zu essen zu… AUSLASSUNG. Acht Zeilen unkenntlich .
9. März Ich habe seit zwei Tagen nichts m ehr gegessen. Ich habe keine Angst m ehr vorm Sterben, aber ich weigere m ich, in diesem dunklen Loch wie ein Tier a b geschlachtet zu werden. Bis auf den Jungen redet keiner m it m ir. Ich hasse sie alle. Manch m al ist sogar ein Kind hier, m it ver m u m m t em Gesicht .
    10. März G ott hilf m i r. Irgend jemand! Hilf m ir. Ich will nicht sterben. Wenn dies eine Strafe ist für all das, was ich ge t an habe, dann m uß ich sie nur ertragen und warten. Ich finde, dies ist der traurigste Ort der Welt. Den ganzen Morgen lang hat der Wind geheult, und jetzt kann ich Regen hören. Ich höre, wie er durch das Dach kom m t, und alles fühlt sich feucht und kalt an. Ich habe heute so lange geweint, daß ich m ich jetzt vollkom
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