Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Caesar seine Hände hob, worauf sofortige Stille eintrat.
    »Soldaten! Die Götter Roms lieben die Zehnte Legion und werden nicht zulassen, daß ihr Ansehen von Ehrlosigkeit und Unrecht befleckt wird! Sie haben mir den Beweis geschickt, daß die Druiden Titus Vinius als barbarisches Menschenopfer dargebracht haben und daß ihn dieses Schicksal als gerechte Strafe für seinen Verrat ereilte! Die Erste Kohorte und ihre Erste Centurie genießen ab sofort wieder alle soldatisehen Ehrenrechte!« Die Legion brach in einen gewaltigen Jubel aus, und die Morgensonne blitzte auf den Spitzen ihrer Lanzen. Die Soldaten begannen wieder und wieder Caesars Namen zu rufen, als ob er gerade einen triumphalen Sieg errungen hätte.
    »Wartet hier«, sagte Caesar. »Ich bin gleich zurück.« Er verließ die Tribüne und ging zu seinem Zelt.
    Burrus und seine Freunde waren vor Erleichterung so benommen, daß die Männer, die sie eben noch fast erschlagen hätten, ihnen jetzt in ihre Tuniken helfen mußten. Kurz darauf war die Erste Kohorte wieder komplett und in voller Rüstung angetreten, mit im Wind flatternden Helmbüschen und in leuchtenden Farben strahlenden Schilden. Caesar schrieb ihre Rettung allein den Göttern zu, doch ich empfand bei ihrem Anblick auch eine große persönliche Befriedigung. Es geschieht nicht oft, daß man die guten Ergebnisse seiner Handlungen so dramatisch vor Augen geführt bekommt.
    Als Caesar zurückkam, hatte er seine Uniform abgelegt und trug statt dessen sämtliche Insignien seines Pontifikats, die gestreifte Robe mit Goldborte, den silbernen Reif auf seiner sich lichtenden Stirn und den Augurenstab mit der gekrümmten Spitze. Die jubelnde Legion verstummte ob dieses ungewöhnlichen Anblicks.
    Er stieg zum Forum hinab und blieb vor dem Grabstein des Titus Vinius stehen. Die Steinmetze von Massilia hatten in Erwartung bevorstehender Verluste bei der Legion bereits eine Reihe halbfertiger Steine auf Lager, in die sie nur noch die Inschrift und weitere Details einmeißeln mußten, wenn ein Monument in Auftrag gegeben wurde. Für Vinius hatte man das Relief einer stehenden, männlichen Figur mit den Insignien seines Ranges verziert: der querstehende Helmbusch, die Beinschienen, die Phalerae auf dem Kettenhemd und der Stock in seiner Hand, alles in leuchtenden Farben bemalt.
    Das Gesicht erinnerte nur äußerst vage an den Mann. In den Sockel waren sein Name, seine Laufbahn und seine Auszeichnungen eingraviert.
    Vor diesem Monument stand Caesar mit erhobenen Händen und sprach in der archaischen Sprache des Rituals, die kein Mensch mehr wirklich versteht, eine feierliche Verfluchung. Als er den widerhallenden Fluch beendet hatte, wandte er sich an die Soldaten.
    »Der Name des Titus Vinius soll aus den Annalen der Zehnten Legion getilgt werden, auf daß er, aller Ehren beraubt, auf immer vergessen werde. Sein Vermögen fällt dem römischen Staat zu, den er verraten wollte!«
    Er drehte sich wieder um und betrachtete den Grabstein. Ein Liktor reichte ihm Hammer und Meißel, und er rief: »Hiermit tilge ich den verfluchten Namen von Titus Vinius aus der Erinnerung der Menschheit!« Mit raschen Schlägen meißelte er das Gesicht der Figur weg, bevor er die Inschrift in gleicher Manier löschte. Dann ließ er die Werkzeuge fallen und stieg wieder auf die Plattform.
    »Es ist vollbracht! Kein Mensch soll je wieder seinen verfluchten Namen aussprechen! Soldaten, ihr wart Zeugen, wie Gerechtigkeit geschehen ist! Kehrt zu euren Pflichten zurück!«
    Sogleich erschallten Tuba und Cornu, und die Kohorten marschierten mit breitem Lächeln ab. Es war wieder eine fröhliche Armee. Dort draußen warteten hordenweise Gallier und Germanen, aber sie waren glücklich. »Decius Caecilius«, sagte Caesar, als wir zum großen Zelt zurückgingen, »du hast eine Stunde, dich zu baden, zu rasieren und deine Uniform anzulegen. Danach erwarte ich dich zu einem detaillierten Bericht.« Wahrscheinlich hätte ich dankbar sein sollen, daß er mir überhaupt soviel Zeit ließ.
    Eine Stunde später meldete ich mich frisch gebadet, rasiert und in voller Kampfmontur, wenngleich noch immer ein wenig mitgenommen, im Praetorium und ging die Ereignisse seit Caesars Abreise mehrmals mit ihm durch. Caesar stellte häufig präzise Fragen, und sein juristischer Scharfsinn förderte Informationen zutage, die selbst ich übersehen hatte. Nachdem mein Bericht beendet war, zogen wir die Truhe hervor, und zu meinem großen Leidwesen notierte sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher