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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio
Autoren: John Maddox Roberts
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Seite der Alpen unser Lager aufgeschlagen hatten. Er hat uns nicht hierher marschieren, er hat uns rennen lassen!«
    »In den Bergen sind sechs Männer vor Erschöpfung tot zusammen gebrochen«, sagte ein anderer, als ob das eine große Auszeichnung wäre. »Caesar hat seine Liktoren am Ende des Zuges marschieren lassen mit dem Befehl, jeden zu enthaupten, der zurückbleibt.«
    »Caesar ist jemand, der es mit der Befolgung seiner Befehle wirklich ernst nimmt«, sagte der Decurio respektvoll. Es war, als sprächen sie von einem Gott, nur daß sie mit Zuneigung von ihm redeten. Ich konnte es nicht glauben. Lucullus hatte versucht, in seiner Armee strenge Disziplin durch zu setzen, und seine Soldaten hatten rebelliert. Caesar verlangte geradezu unmenschliche Disziplin, und sie verehrten ihn dafür. Ich werde Soldaten nie begreifen.
    Als Hermes und ich auf das Lager der Zehnten zugingen, hob sich auch der restliche Nebel, und uns bot sich der ermutigendste Anblick der Welt: Wo zuvor nur ein einsames Lager der Legion und ihrer Auxilia gestanden hatte, erstreckten sich jetzt drei komplette Legionärslager sowie drei weitere Lager der Hilfstruppen. Da die Legionen frisch für diesen Feldzug ausgehoben worden waren, waren sie noch in voller Stärke erhalten, alles in allem gut sechsunddreißigtausend Mann.
    »Das sind ja genug Soldaten, um die ganze Welt zu erobern!«
    sagte Hermes.
    »Ich bin sicher, Caesar würde genau das mit Freuden tun«, erklärte ich ihm, »doch wir sind schon einmal mit zehn Legionen gegen einen Feind marschiert und mußten trotzdem hart kämpfen. Aber diese Armee sollte in der Lage sein, es bequem mit den Helvetiern aufzunehmen.« »Und die Germanen?«
    »Caesar wird sich nicht mit beiden gleichzeitig anlegen.
    Vielleicht hat Ariovistus bei der Zahl seiner Krieger übertrieben, doch er mag trotzdem gut und gerne dreimal so viele Männer zusammengezogen haben wie Caesar.«
    »Das klingt übel.«
    »Es klingt jedenfalls nicht gut, doch Marius hat im Kampf gegen die Germanen auch einmal wider aller Wahrscheinlichkeit gesiegt. Mit Wildheit und Kampfesmut kann man zwar einiges erreichen, aber Disziplin zählt mehr, und du hast ja gesehen, wie sie bewaffnet waren. Diese mickrigen Schilde würden ein Pilum kaum bremsen, und hölzerne Speere können ein Scutum oder ein Kettenhemd nicht durchdringen. Solange die Legionen ihre Formation halten, können sie es auch mit einer größeren Überzahl als dieser aufnehmen.«
    »Aber diese Germanen sind Riesen!«
    »So bieten sie um so bessere Ziele«, versicherte ich ihm.
    »Ohne Helm und Rüstung sind sie für ein scharfes Gladius nichts weiter als Hackfleisch.« Ich hoffte selbst, daß das nicht nur Propaganda war. Auch römische Armeen waren schon zerrieben worden, und Hannibal hatte es sogar geschafft, obwohl er zahlenmäßig unterlegen gewesen war. Aber Hannibal war der größte General aller Zeiten, während Alexanders Fähigkeiten meines Erachtens stark überschätzt werden. An Kampfeskraft sind wir Römer nur selten übertroffen worden, doch gelegentlich hatte der Gegner den besseren General.
    Aber ich wußte, daß diese Wilden nicht die Disziplin von Hannibals Veteranen hatten. Gleich nach dem Sieg über die Helvetier würden sich Caesars Legionen um die Germanen kümmern, mit frisch gestärkter Moral, was einen Riesenunterschied machte.
    Doch möglicherweise verklärt die Erinnerung auch meine wahren Gefühle. Vielleicht war ich damals in Wahrheit weit weniger zuversichtlich und sehr viel ängstlicher und markierte nur für Hermes den starken Mann.
    »Da wir gerade von Schwertern sprechen«, sagte er, »besorgst du mir ein neues?«
    »Nicht, solange ich mein eigenes nicht ersetzt habe. Ich habe zwar noch mein Kavallerie-Schwert, aber ich brauche auch ein Gladius. Mal sehen, ob ich Glück beim Würfeln habe. Ich könnte auch Burrus und sein Contubernium bitten, für mich zu sammeln, um die Schwerter zu ersetzen, die wir im Einsatz für sie verloren haben. Sie sollten dankbar sein, daß...« Dann fiel es mir mit wachsendem Entsetzen wieder ein.
    »Lauf!« rief ich und rannte los.
    »Warum?« rief Hermes irgendwo hinter mir. Ich verschwendete keinen Atem, es ihm zu erklären.
    Das Lager der Zehnten war noch ein ganzes Stück entfernt.
    Ich rannte an den anderen Lagern vorbei. Die Männer waren noch mit dem Ausheben der Gräben und dem Aufschütten der Wälle beschäftigt. Unter den Augen ihrer Decurionen hielten sie inne, um dem verrückten, zerlumpten Mann
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