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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman
Autoren: Patrick Lennon
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verbeult und zerschrammt, die Stoßstange hinten voller alter Narben. Im Handschuhfach
     entdeckte er einen beinahe leeren Flachmann. Er machte die Heckklappe auf und fand eine lange, sorgfältig am Boden festgeschnallte
     Kunststoffkiste. Er öffnete die Riegel und klappte sie auf. Darin lag ein zweiteiliges Billardqueue mit den Initialen RT.
    Fletcher ging zur Straße zurück. Hinter ihm scharrten die Weidenzweige noch immer übers Wagendach.
    Die Polizisten in Uniform räumten inzwischen ihre Ausrüstung zusammen und unterhielten sich übers Frühstück. Der Fotograf
     war derselbe wie gestern und warf Fletcher beim Einpacken der Kameras einen Seitenblick zu.
    »Scheint ansteckend zu sein.«
    Fletcher antwortete nicht. Gerade als der Streifenwagen beiseitefuhr, um das Fahrzeug des Bestattungsunternehmens durchzulassen,
     traf Sal Moresby ein. Sie brachte den Vectra mit quietschenden Reifen zum Stehen und stieg aus. Sie trug Sportschuhe, schwarze
     Jeans und ein khakifarbenes Hemd. Das Haar war nicht zusammengebunden, und sie hatte sich ein Airwave-Gerät aushändigen lassen.
     Dieses Gerät, das wie ein Handy in Übergröße aussah, gehörte normalerweise zur Ausrüstung der uniformierten Polizei.
    Das Airwave-Netz war ausschließlich Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben vorbehalten; ein Netzwerk von Masten
     garantierte perfekten Empfang an jedem Ort und gewährte verschlüsselten Zugang zu den Datenbanken des modernen Staates. Sal
     zeigte ihm das Display, auf dem Ron Tevershams Einträge im nationalen Verkehrssünderregisterangezeigt wurden. In den letzten zehn Jahren war Teversham zweimal wegen Alkohol am Steuer verurteilt worden, und sein Wohnort
     Wittris war die verrufenste Stadt in den Fens.
    Fletcher bemerkte, dass etwas aus den Weidenzweigen fiel und sich auf dem Autowrack niederließ. Es waren kleine, krabbelnde
     Insekten   – Dutzende davon sammelten sich auf dem Dach und Hunderte auf der roten Masse, die Tevershams Schädel am Baum hinterlassen
     hatte, bis schließlich nur noch ein einziges Gewimmel zu sehen war.
    »Aaskäfer«, merkte Sal an. »Die leben nur zwei Tage und sind dann Futter für die Vögel. An den Schuhen hast du diesmal nichts
     auszusetzen?«
    Fletcher schüttelte den Kopf. »Die Schuhe sind einwandfrei. Die Unfallaufnahme hat ergeben, dass er mindestens siebzig Meilen
     draufhatte. Eine scharfe Kurve, abgefahrene Reifen, verlangsamte Reaktion nach Alkoholgenuss. Keinerlei Hinweis auf die Beteiligung
     weiterer Fahrzeuge, weder Bremsspuren noch Scherben auf dem Asphalt. Das heißt also, dass durch eine tragische Laune des Schicksals
     in den letzten sechsunddreißig Stunden zwei Angestellte von Crispin Breakman nacheinander tödlich verunglückt sind.«
    Sal wischte sich ein paar Käfer vom Ärmel. Sie hielt Fletchers Blick fest, die braunen Augen weit geöffnet.
    »Und das schlucken wir so, ja?«
    Fletcher dachte an den Berg Arbeit auf seinem Schreibtisch. Er warf einen letzten Blick auf die Käfer, die über die rote Masse
     auf dem Weidenstamm krabbelten. Dann sagte er: »Ron mochte die Breakmans nicht. Schauen wir doch mal, wie sie die Nachricht
     aufnehmen.«
     
    Fen Lodge war das perfekte Heim für einen erfolgreichen Landmaschinenhändler. Es war eine zum Wohnhaus umgebaute Scheune,
     die mit eigener Zufahrtsstraße ein wenigaußerhalb des Dorfes lag. Das Dach war mit alten Ziegeln gedeckt, die Fenster schnuckelig klein, die Wände aus schwarz lackiertem
     Holz, und das Ganze stand auf einem gekiesten, von einem schmiedeeisernen Zaun eingefassten Hof, auf dem die beiden Mercedes
     des Ehepaars in der Sonne blitzten. Klar, dass das Ron Teversham neidisch gemacht hatte.
    Fletcher fuhr heute seinen eigenen Wagen, einen alten Audi-Kombi. Er stellte sich hinter Sals Zivilfahrzeug auf den Kies.
     Es war ein wunderschöner Sommermorgen: Selbst die Steine wirkten wie frisch gespült.
    Die Tür ging auf.
    »Crispin Breakman? Wir sind von der Polizei.«
    »Oh, Himmel. Wegen der Sicherheitsvorschriften? Kommen Sie von Health and Safety?«
    »Nicht direkt.«
    Crispin wirkte älter als fünfundvierzig, wozu auch seine gebeugten Schultern beitrugen. Er führte seine Besucher in ein großes,
     abgedunkeltes Zimmer mit unverputzten Ziegelwänden und einem mit Feuerholz bestückten Kamin. Er zog eine der Jalousien hoch,
     und sie ließen sich in bequemen Ledersesseln nieder.
    Im helleren Licht wirkte Crispin noch müder und bedrückter. Durchaus angemessen für einen Mann,
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