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Tod auf der Koppel

Tod auf der Koppel

Titel: Tod auf der Koppel
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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Zaun.«
    Sie starrten sich ratlos an. Dann meinte Annabel: »Vielleicht ist sie herumgaloppiert. Dabei ist sie plötzlich erschrocken und hat in der Dunkelheit den Zaun übersehen.«
    Sie wußten beide, daß das nicht stimmen konnte. Fatal Lady kannte die Koppel sehr genau, auch bei Nacht. »Sie ist nicht galoppiert«, erwiderte Jim nachdenklich. »Nicht das geringste Anzeichen deutet darauf hin. Bei dem Regen hätte der Boden aufgewühlt sein müssen. Aber davon war nichts zu sehen, und auch Millar hat nichts entdeckt. Dabei ist er sehr genau. Ich bin ganz sicher, daß es keine Spuren gab. Nur das Gras war niedergedrückt, wie von einem schweren Gegenstand.«
    »Na gut«, seufzte Annabel. »Es hat ohnehin keinen Zweck, länger darüber nachzugrübeln. Er ist tot, und wahrscheinlich ist Fatal Lady schuld daran. So schrecklich es ist, ich bin doch froh, daß du ihn gleich gefunden hast. Sonst hätte er sicher noch Stunden dort gelegen, das Gesicht im nassen Gras...«
    Jim hatte seinen Tee ausgetrunken und stopfte sich eine Pfeife. Als Annabel sagte, er habe dagelegen, das Gesicht im nassen Gras, zuckte er zusammen. Wie kam sie darauf? Er hatte ja auf dem Rücken gelegen, das Gesicht dem Himmel zugewandt. Er erinnerte sich ganz deutlich, wie es ihm durch den Kopf geschossen war: »Der arme Kerl! Als hätte er nach dem Wetter Ausschau halten wollen!«
    Er erwiderte nichts, sondern stopfte schweigend seine Pfeife weiter. Er sah die Szene ganz deutlich vor sich: Jock, der mit weit offenen Augen in den Himmel starrte, und die Grasflecken auf seinem Hemd, als sie ihn aufhoben und zum Wagen trugen.
    Die Grasflecken! Plötzlich drohte ihm das Herz still zu stehen. Natürlich hatten seine Kleider Flecken. Aber wieso nur auf dem Rücken? Er erinnerte sich ganz deutlich: Die Jacke war befleckt und das Hemd, da, wo die Jacke hochgerutscht war. Aber die Flecken waren eben nur auf dem Rücken. Er legte das dritte Streichholz in den Aschenbecher, ohne seine Pfeife angezündet zu haben. Wie kamen die Flecken bloß auf den Rücken?
    Wenn Jock durch das nasse Gras gekrochen wäre, um aus der Reichweite des Pferdes zu gelangen, hätten Hemd und Hose vorn schmutzig sein müssen. Aber da war alles sauber, gewesen. Nur der Rücken war befleckt. Wie war das bloß möglich?
    Annabel war in den Hof gegangen, um James zu holen und zugleich auch den Schneebesen mitzubringen, den der Junge stibitzt und mit dem er so erfolgreich im Sand gearbeitet hatte. Jim horte, wie sie freundlich auf ihn einredete. »Das gehört Mutti. Wenn du Korinthenbrötchen haben möchtest, dann mußt du mir den Schneebesen lassen. Ich brauche ihn, wenn ich Korinthenbrötchen backen soll.«
    Aber James war nur von einem Wort fasziniert. »Brötchen! Brötchen!« wiederholte er immer wieder und kletterte auf seinen hohen Kinderstuhl, wo sein Teller schon für ihn bereit stand.
    »Jetzt gibt es keine Brötchen, jetzt gibt es Mittagessen«, erklärte ihm seine Mutter sanft, aber fest. Sie setzte ihn richtig in den Stuhl, wobei sie ihn daran hinderte, den Teller mit dem enttäuschenden Spinat auf den Boden zu werfen. Sie gab ihm seinen Löffel, setzte sich neben ihn und paßte auf, daß das Fleisch und das Gemüse ihren vorbestimmten Weg nahmen. Endlich wandte sie sich wieder Jim zu. »Und was nun? Was beschäftigt dich denn so?«
    Jim hatte nicht die Absicht, etwas vor ihr zu verheimlichen. Im Gegenteil, es war nur von Vorteil, wenn er Probleme, die ihn beschäftigten, mit ihr besprach. Sie fand meist eine einfache Erklärung für das, was ihn bewegte, oder sie entdeckte etwas, was er übersehen hatte. »Als du sagtest, er habe >mit dem Gesicht im Gras< dagelegen, fuhr mir blitzartig etwas durch den Kopf«, begann er. »Er lag nämlich gar nicht mit dem Gesicht im Gras. Er lag auf dem Rücken, als wäre er getreten worden und auf den Rücken gefallen.«
    »Aber du hast doch gesagt, er sei weggekrochen?« wandte Annabel ein.
    »Ja, er muß fortgekrochen sein. Man konnte es am Gras sehen. Da war eine Spur wie von etwas Schwerem.«
    Weshalb stockte er plötzlich? Natürlich hatte sich Jock davongeschleppt, und mit letzter Anstrengung hatte er sich dann auf den Rücken gewälzt.
    Aber das war Unfug. Wenn man mühsam davonkriecht und nicht mehr weiter kann, legt man sich kaum auf den Rücken. Und außerdem: Wieso waren das Hemd und die Hose auf der Vorderseite sauber und nur auf dem Rücken voller Flecken?
    Plötzlich wußte Jim ganz genau, daß Jock Hawkins nicht vom Zaun der
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