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Tod auf der Koppel

Tod auf der Koppel

Titel: Tod auf der Koppel
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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überhaupt nicht zu ihr.«
     

3
     
    Jim ritt rasch nach Hause. Er hatte keine Lust mehr, noch heute morgen nach dem Pferd zu sehen. Er konnte es immer noch nicht fassen, daß der alte Jock jetzt tot in der Leichenkammer der Polizeistation lag. Aber er mußte Annabel davon unterrichten, ehe sie die Nachricht von anderer Seite erreichte.
    Annabel erwartete ihr zweites Kind; es sollte in einer oder zwei Wochen zur Welt kommen. Zwar ertrug sie die Beschwerden der Schwangerschaft mit jener geradezu bewundernswerten Natürlichkeit und Ruhe, mit der sie alles hinnahm; trotzdem war Jim ängstlich. Es reichte schon, daß ihre schwierige Familie sie viel zu häufig heimsuchte. Die Nachricht von Jocks plötzlichem Tod wäre einfach zu viel für sie gewesen.
    Um die Wahrheit zu sagen: Jim hatte das einzig normale Mitglied einer ungewöhnlich unnormalen Familie geheiratet. Er geriet immer von neuem darüber in Staunen, daß solche Eltern ein solches Wunder wie Annabel hatten zustande bringen können. Zugegeben, Horace Wharton wirkte noch einigermaßen normal, und es heißt ja, daß Töchter öfter ihren Vätern nachschlagen. Aber Jim konnte kaum eine Ähnlichkeit zwischen seiner Frau und diesem stillen, erfolglosen Mann feststellen, der ganz seinen Klassikern lebte. Nein, Annabel mußte ihr gesundes Aussehen und ihren guten Charakter irgendwelchen unbekannten Vorfahren verdanken.
    Was Mrs. Wharton anging, so war sie für Jim eine völlig unbegreifliche Person. Er hielt seine Schwiegermutter für völlig unmöglich, obgleich er mit dieser Meinung ziemlich allein stand. Früher hatten die Leute, sooft ihr Name fiel, die Stirn gerunzelt; heute aber war man allenthalben stolz auf sie. Sie pflegte sich ziemlich seltsam anzuziehen und noch seltsamer zu reden; aber sie war eine Berühmtheit. Denn erst durch sie war das gottverlassene Nest Sundown bekannt geworden. Sie schrieb nämlich Bücher, und was noch wichtiger war, ihre hochmodernen Romane wurden sogar gekauft. Ein Rezensent hatte neulich erst behauptet, sie gehöre zu den Modernsten unter den Modernen, was möglicherweise ein bißchen abwertend gemeint war. Zuerst waren ihre Nachbarn darüber entsetzt gewesen. »Nichts als Sex«, tuschelten sich die Frauen ins Ohr. »Nichts als Bettgeschichten. Haben Sie da diese Stelle gelesen...?«
    Durch das Gerede der Frauen wurde die Neugier ihrer Männer geweckt. Mit treuem Augenaufschlag versicherten sie sich gegenseitig, daß sie nie im Leben einen Roman läsen, mit Ausnahme vielleicht eines Kriminalromans von Agatha Christie; aber in das eine oder andere Buch von Mrs. Wharton müsse man wohl einmal hineinsehen, um zu wissen, was überhaupt an der ganzen Geschichte dran sei. Sie stellten ziemlich schnell fest, was das war, und glucksten vor Vergnügen, wenn sie sich zuflüsterten: »Na so was! Wer hätte das von der alten Dame gedacht, die da immer so merkwürdig gekleidet herumläuft? Sie muß schon weit über vierzig sein. Sie hat einen Mann und zwei Kinder, dazu noch eine Großmutter. Eigentlich ist sie doch gar keine von diesen verrückten alten Schachteln, wie so viele andere, die schreiben...«
    Sie hatten keine Ahnung, daß Augusta Wharton in Wirklichkeit durch und durch Geschäftsfrau war. Sie wußte, was beim Publikum ankam. Horace mochte den Kopf schütteln und das Treiben seiner Frau mit Mißtrauen betrachten, aber mit ihren Büchern verdiente sie eine Menge Geld. Er dagegen mit seiner Anwaltspraxis hatte nie viel verdient, und mit fünfzig hatte er sich endgültig ins Privatleben zurückgezogen. Den wirklichen Grund kannte niemand genau. Aber man munkelte von mißglückten Spekulationen und veruntreuten Geldern. Es war zwar zu keinem Skandal gekommen, aber da Horace gerade damals von seinem Vater ein kleines Vermögen geerbt hatte, hatte es jeder richtig gefunden, daß er sich von den Geschäften zurückzog.
    Als Augustas erster Roman erschienen war, hatten sie plötzlich Geld im Überfluß. Entsetzt, aber freudig überrascht, stellte Horace fest, daß Augustas Bücher in sechs Sprachen übersetzt und vor allem in Amerika außerordentlich gut verkauft wurden. Allein die Filmrechte brachten ihnen ein kleines Vermögen ein. Er sah darin ein Anzeichen für den miserablen Geschmack des Publikums, trotzdem konnten sie nun ein recht angenehmes Leben führen.
    Sie verkauften ihr kleines Einfamilienhaus und erstanden ein neues, großzügig angelegtes Haus mit großem Garten am Rande von Sundown. Es war nur achtzig Kilometer von der
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