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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr
Autoren: Peter Kersken
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Wischtuch ins Bureau.
    Während das Mädchen mit einem Lappen die Fußspuren wegwischte, die Grottkamp trotz aller Vorsicht auf den Holzdielen hinterlassen hatte, und die Wasserlache aufwischte, die sich zu seinen Füßen gebildet hatte, holte Overberg aus den Tiefen seines Schreibschrankes eine Karaffe mit Branntwein und füllte ein Glas.
    Das Mädchen hatte den Putzlappen ausgewrungen und ihn anschließend unter Grottkamps durchnässte Schuhe gelegt.
    »Hier, Mann, jetzt wärmen Sie sich erst mal auf!«, sagte Carl Overberg und reichte seinem Polizeidiener das fast volle Glas.
    »Ein Schnaps am frühen Morgen? Ich weiß nicht recht, Herr Vorsteher.«
    »Stellen Sie sich nicht an! Ein Schnäpschen wird einen alten Soldaten schon nicht umhauen.«
    Während Grottkamp noch zögerte, fügte Overberg freundlich hinzu: »Nun los, trinken Sie schon! Das ist eine dienstliche Anweisung. Sie dürfen mir in nächster Zeit auf keinen Fall krank werden. Das ist jetzt genau die richtige Medizin für Sie.«
    »Na gut, Herr Vorsteher!« Grottkamp fügte sich. Mit säuerlicher Miene kippte er den Branntwein hinunter. Als er sich einige Male geschüttelt hatte und das Dienstmädchen mit dem Putzeimer verschwunden war, forderte Overberg ihn auf: »So, nun erzählen Sie mal! Was haben Sie denn heute Morgen getrieben, bei diesem Sauwetter?«
    Ohne unnötige Ausschmückungen berichtete Grottkamp seinem Gemeindevorsteher vom grausigen Fund der beiden jungen Hüttenarbeiter, von seinen eigenen Eindrücken an der Unglücksstelle und von seinen anschließenden Überlegungen.
    »Mensch, Grottkamp!« Carl Overberg zupfte nervös an seinen Ärmelschonern. »Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass dieser Hammerschmied Terfurth das Opfer eines Verbrechens geworden ist?«
    »Es sieht schon danach aus.«
    »Also, Herr Sergeant, wir sollten zunächst mal alle anderen Möglichkeiten in Betracht ziehen. Ein Mord hier bei uns in Sterkrade, also, das ist doch nicht nur höchst unwahrscheinlich, das wäre vor allem das Letzte, was wir derzeit brauchen könnten.«
    Unruhig drehte Carl Overberg einige Runden über den roten Webteppich, dann stellte er sich wieder hinter sein Pult.
    »Wenn dieser Kerl wirklich so betrunken war«, fuhr er fort, »dann ist er doch wahrscheinlich nicht nur einmal gestürzt. Irgendwo hat er sich vermutlich den Schädel eingeschlagen. Dann hat er sich wieder aufgerappelt und sich bis zu diesem Wasserloch geschleppt, wo er endgültig zusammengebrochen ist. Das würde erklären, warum kein Stein in dieser Lache zu finden war.«
    »Das halte ich für höchst unwahrscheinlich, Herr Vorsteher, dass ein Mann mit einer solchen Kopfwunde sich noch mal aufrafft und weitergeht.«
    Overberg hatte seine Ellenbogen auf das Pult gestellt und stützte seinen Kopf mit beiden Händen. Er dachte nach.
    »Also, Grottkamp, wenn Sie sich ganz sicher sind, dass wir es hier mit einem Mord zu tun haben, dann müssen Sie heute noch nach Duisburg zum königlichen Kreisgericht. Dann muss die Justizbehörde eingeschaltet werden.«
    »Sicher bin ich mir nicht«, gab Grottkamp zu.
    Overberg nickte. Genau das hatte er von seinem Polizeisergeanten hören wollen.
    »Eins muss Ihnen klar sein: Wenn Sie mit dieser Geschichte in Duisburg aufkreuzen, dann werden die Herren bei Gericht Sie nicht für voll nehmen. Wer den Justizapparat in Gang setzen will, weil ein Hüttenarbeiter sich total besoffen den Schädel eingeschlagen hat und in einer Pfütze ertrunken ist, der wird beim königlichen Gericht auf wenig Verständnis stoßen. Wenn dieser Terfurth beraubt worden wäre, dann sähe die Sache anders aus. Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann trug der Tote ja sogar noch seinen Geldbeutel und seine Uhr bei sich.«
    »So ist es«, bestätigte Grottkamp und kramte in seinen Rocktaschen herum. »Ich habe seine Habseligkeiten konfisziert.«
    »Nein, nein!« Overberg winkte ab. »Halten Sie nur die Sachen bei sich – und bringen Sie sie in den nächsten Tagen der Witwe!«
    »Das habe ich vor.«
    Ein paar Augenblicke schwiegen die beiden Männer nachdenklich, dann sagte Overberg noch einmal mit Nachdruck: »Nein! Bei unserem derzeitigen Kenntnisstand sollten wir keinesfalls die Justiz einschalten. Wir würden uns nur lächerlich machen.«

    Martin Grottkamp vermutete, dass der Gemeindevorsteher mit dieser Einschätzung richtig lag. »Wir müssen wohl zunächst weitere Nachforschungen anstellen«, meinte er.
    »Nein, das müssen wir nicht.« Overberg
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