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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See
Autoren: Hans Juergen Sittig
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beißtechnisch gesehen deutlich
bessere Zähne hat als ich. Die Guinnessbuch-Dogge bringt es immerhin auf zwei
Meter zwanzig Länge und wiegt hundertelf Kilogramm. Ich konnte mir auch einfach
nicht vorstellen, in seiner Gegenwart Sex mit Astrid zu haben. Wahrscheinlich
hätte ich sie auch gar nicht mehr anfassen dürfen.«
    »Okay, das kann sogar ich mir vorstellen.« Wärmland musste immer
noch lachen.
    Trobisch lachte auch. »Und du hattest noch keinen Erfolg? Keine
Frau, die mit Giftschlangen kuschelt oder in ihrer Wohnung mit frei laufenden
Vogelspinnen spricht?«
    »Nichts dergleichen«, sagte Wärmland resigniert. »Bis auf ein paar
kurze Dates alles Fehlanzeige. Aber manche Kontakte waren zumindest sehr
unterhaltsam, wie bei ›Natürlich69‹, die ich im vorigen Jahr mal in Bonn
getroffen habe.« Er schmunzelte bei dieser Erinnerung. »Ihre in Aussicht
gestellte Natürlichkeit hatte mich sehr interessiert. Umso größer war dann
allerdings meine Irritation, als ich ihrer ansichtig wurde. Ihre Kriegsbemalung
hätte sicherlich eineinhalb Monate lang für die Häuptlinge der wichtigsten
Stämme der mittleren amerikanischen Prärien gereicht. Auch ihre Fingernägel
waren Beispiele einer sehr kreativen Interpretation von Natürlichkeit. Für
solch filigrane Grabschaufeln legen Dachse gern mal ein volles Monatsgehalt auf
den Tisch. Aber da habe ich mich noch damit beruhigt, dass das ja zunächst mal
nur Äußerlichkeiten sind, die nicht überbewertet werden sollten. Stattdessen
war ich dann umso gespannter auf die Begegnung mit ihren inneren Werten und die
Entdeckung unserer Seelenverwandtschaft. Aber als sie mir als ›Nichtraucherin‹
schon nach zwei Minuten die erste Zigarette anbot, kriegte mein Optimismus
allmählich doch erste Haarrisse.«
    »Wie mir scheint, hast du dir aber wirklich Mühe gegeben, nicht
vorschnell aufzugeben«, bemerkte Trobisch schelmisch.
    »Na ja«, antwortete Wärmland. »Als sie dann noch meine angebotenen
Colafläschchen ausgeschlagen hat, war das Thema ›Seelenverwandtschaft‹ auch
durch.«
    »Schade«, sagte Trobisch. »Klang erst mal nach sehr viel Potenzial.«
    »Das war ja ein harmloser Fehlversuch. Ich hatte sonst keine
unangenehmen Begegnungen. Aber nach dem, was mir einige Frauen erzählt haben,
muss es denen deutlich schlechter gehen als uns. Da tauchen wohl auch immer
wieder mal sehr ungepflegte und streng riechende Männer auf, gegen die ein
ungewaschener Quasimodo geradezu wie ein Märchenprinz wirkt.«
    Trobisch hatte einen skeptischen Gesichtsausdruck aufgelegt.
»Schade, dass du solche Probleme hast und nicht weiterkommst. Dein hohes Alter
macht die Sache natürlich viel komplizierter. Ich will dich ja nicht
entmutigen. Aber vielleicht sollest du mal einen Flirtcoach besuchen. Um zu
lernen, wie du die Mädels richtig ansprichst. Du hast so was Plumpes an dir.
›He, Kleines, willst du mal meine Dienstmarke sehen?‹ – so was zieht heute
nicht mehr bei Frauen mit Niveau.«
    »Danke, du bist ein echter Freund. Jetzt weiß ich zumindest, woran
es immer scheitert. Dabei hatte ich den Spruch schon sensibel überarbeitet:
›He, Kleine, ich würde dir bei mir daheim gerne mal meine Dienstmarke zeigen‹
ist dann aber wohl auch falsch?«
    »Ach, Jan, du musst noch so viel über Frauen lernen. Sehr viel
sogar.«
    »Danke, Sven. Mit dir und deinem Rat im Rücken werde ich es noch
einmal angehen.« Wärmland klopfte Trobisch wohlwollend auf die Schulter.
    Als sie den Wald nahe dem Ufer erreichten, drehten sie um und gingen
gemächlich zurück. Auch während des weiteren Gespräches schaute Wärmland immer
wieder nach Norden. Die Luft war ganz klar. Der Wald auf den Bergen des den See
umgebenden Ringwalls trug immer noch viel buntes Laub von der Palette mit den
braunen, gelben und roten Farbtönen. Hinter den Pappeln am Südufer, die wie
aufgestellte gelbe Fahnenmasten wirkten, lag tiefblau und ruhig der See. Nichts
ließ einen unbefangenen Betrachter ahnen, was sich hier noch vor Kurzem
abgespielt hatte. Nichts wies hin auf den Schrecken, dem einige Menschen am See
begegnet waren. Und Wärmland fand, dass es gut so war. Diese Menschen würden
mit dem See immer ein düsteres Kapitel ihres Lebens verbinden. Aber für
Millionen andere würde er auch weiter keinen Makel haben, sondern einfach nur
der wunderschöne und geheimnisvolle Laacher See sein, der er immer war.

Ich danke
    Cornelia Schulte für ihre erste Stimme zu meinem Manuskript,
Brigitte Euler für den wichtigen
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