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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges
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achten würde.
    Und dann der letzte Eid, der sowohl auf Englisch als auch auf Französisch gesprochen wurde: »Mit Leib und Leben, voller Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit will ich Euer Lehnsherr sein und die Menschen dieses Reiches schützen, so wahr Gott mir helfe.«
    Und so trat Richard II. nach weiteren Chorliedern und Hymnen, verschiedenen anderen Schwüren und Versprechen sowie dem Entgegennehmen zahlreicher Schwerter, Speere und zeremonieller Gewänder, seine offizielle Herrschaft als König von England an.
    Als Richard schließlich in einer großen, feierlichen Prozession die Abtei verließ, wandte er sich um, erblickte Thomas und lächelte ihm zu. Heute hatte Richard seine eigene Hochzeit gefeiert, die ihn bis ans Ende seines Lebens mit dem Thron vermählte.

Kapitel Fünfundzwanzig
     
    Nach der Vesper am dritten Sonntag nach Ostern
    Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
    (Abend, 1 . Mai 1379)
     
    – MAIFEIERTAG –
     
     
     
    Am Abend hielt Richard anlässlich seiner Krönung seine erste Audienz in der Painted Chamber ab. Es würde keine allzu langwierige und pompöse Angelegenheit werden – jeder, von Richard bis hin zum niedersten Pagen, war nach den Zeremonien des Tages erschöpft –, aber es galt, das Protokoll zu wahren, und der neu eingesetzte Monarch musste die üblichen Gunstbeweise verkünden.
    Die Painted Chamber war einer der drei Hauptsäle der Palastanlage von Westminster und der traditionelle Wohnsitz des Königs, wenn er in London weilte. Es war ein riesiger Saal – wenn auch immer noch kleiner als der Hauptsaal von Westminster – und von solch unvergleichlicher Schönheit, dass er von Botschaftern, die ihn besucht hatten, als eines der Wunder Europas bezeichnet wurde. Links von der Eingangstür befand sich eine Wand, die auf ihrer gesamten Länge von anmutigen Bogenfenstern mit dem kostbarsten Buntglas Englands durchbrochen wurde. Drei weitere Fenster befanden sich in der Wand an der Stirnseite des Saals, über dem königlichen Podest. Die beiden größeren Fenster nahmen die unteren zwei Drittel der Wand ein, und ein kleineres, aber kaum weniger schönes Fenster befand sich darüber und führte das Auge zu der Holzdecke hinauf, die mit kunstreichen Rosettenschnitzereien verziert war.
    Doch es waren die Verzierungen der rechten Wand, die dem Saal seinen Namen gaben und jedem Besucher den Atem verschlugen.
    Die gesamte Länge der Wand – etwa dreihundert Fuß – war mit prachtvollen Emailmalereien geschmückt worden, die sämtliche Kämpfe der Bibel darstellten. Die gemalten Szenen wurden von französischem Text begleitet, der ihre Bedeutung und ihren Zweck erklärte. Über dem Podest und unter den drei Fenstern an der Stirnseite des Saals befanden sich Szenen aus dem Leben und der Krönung des heiligen Eduard des Bekenners. Verschiedene andere Heilige blickten vom oberen Ende der Längswand auf die Besucher des Saals herab.
    Wenn er von Licht erfüllt war, herrschte in dem Raum eine geradezu erhabene Stimmung, die die Macht der englischen Herrscher betonte.
    Obgleich Thomas schon einmal hier gewesen war, war die Audienz am Abend Margarets erster Besuch in dem Saal.
    Thomas musste sie regelrecht beiseiteziehen, als sie wie gebannt im Eingang stehen blieb.
    »Es ist wunderschön! «, sagte sie.
    »Ja, nicht wahr?«, erwiderte Hal. Er folgte direkt hinter den Nevilles, begleitet von mehreren Knappen und Bediensteten. Er bedeutete seinem Gefolge weiterzugehen, während er stehen blieb, um sich Thomas und Margaret zu widmen.
    »Lady Margaret«, sagte er mit einem sanften Lächeln, »nicht einmal dieser Saal kann Eure Schönheit in den Schatten stellen.«
    Thomas warf ihm einen scharfen Blick zu und musterte dann Margaret. Sie erwiderte Hals Lächeln mit mehr als nur vornehmer Höflichkeit.
    »Tom«, sagte Hal und wandte sich von Margaret ab, »ich möchte dir noch einmal zur Wahl deiner Gemahlin gratulieren.«
    Er richtete den Blick wieder auf Margaret. »Und ich gratuliere Euch, meine Liebe, dass es Euch gelungen ist, ihn der Kirche zu entreißen, da wir alle versagt haben.«
    Wieder bemerkte Thomas den Blick, den sie wechselten, und erinnerte sich daran, mit welcher Zärtlichkeit Hal Margaret nach ihrer Hochzeit in der Kapelle geküsst hatte… und mit welcher Besorgnis er sie auf sein Pferd gehoben hatte, als sie auf dem anstrengenden Ritt nach La Rochelle das Bewusstsein verloren hatte.
    »Du musst Margaret bald nach Halstow Hall bringen«, sagte Hal zu Thomas. »Ich glaube,
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