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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
Autoren: Lawrence Beesley
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wurde in jeder kleinen Gruppe von Passagieren gezogen,
und es sah so aus, als gäbe es eine allgemeine Übereinstimmung, welche die
Sog-Theorie bestätigte, die von der Besatzung des Kreuzers Hawke so
erfolgreich vor Gericht vertreten worden war. Aber viele Leute verspotteten die
Britische Admiralität, die erstmals die Sog-Theorie als Ursache für das Rammen
der Olympic durch den Kreuzer annahm. Aber seit dieses auch an Bord der Titanic geschehen war, wäre es ein Angriff auf historische Fakten. Es muß darüber
gesprochen werden, auch wenn es schwerfällt, daß es inmitten der Passagiere und
der Besatzung die fürchterlichsten Ahnungen gab über den Unfall, dessen
Augenzeuge wir waren.
    Seeleute sind
außergewöhnlich abergläubisch. Viel zu viele Menschen sind geneigt, ihrer
Eingebung zu folgen, oder, tatsächlich irgend jemand zu folgen, der eine
Meinung mit einer Spur von Überzeugung äußert, mit der Aussicht, beständige
Anerkennung zu erhalten. Eine Aura von Geheimnissen rankt sich um prophetische
Äußerungen, besonders wenn es unheilvolle sind. Offenbar ist die menschliche
Natur so eingerichtet, daß sie einer negativen Prophezeiung mehr Glauben
schenkt als einer positiven; vielleicht durch unbewußte Ängste, die sie
fürchtet, vielleicht durch die morbide Anziehungskraft, die das Schlechte im
Inneren anspricht. Sie verleitet viele Leute dazu, abergläubischen Theorien
Aufmerksamkeit zu schenken.
    Nicht, daß
sie ihnen vollständig trauten oder es sich wünschen, daß Freunde wüßten, daß
man an sie nur einen Gedanken verschwendet, aber in dem Gefühl, daß »alles in
allem doch etwas dran sein könnte«, folgen sie stillschweigend den absurdesten
und kindlichsten Theorien. Ich möchte in einem späteren Kapitel diese Form des
Aberglaubens in ihrer Auswirkung auf unser Leben an Bord der Titanic aufgreifen,
will aber einige Fakten vorwegnehmen, indem ich ein zweites sogenanntes
düsteres Vorzeichen anspreche, das sich in Queenstown ereignet hat. Als sich
eins der Zubringerboote mit Passagieren und Post der Titanic näherte,
blickten einige von denen unten auf das Schiff, das sich über ihnen erhob, und
sahen den Kopf eines Heizers, schwarz von der Arbeit in seinem unteren
Heizraum, der von der Spitze eines mächtigen Schornsteins – es war die Attrappe
zur Belüftung – herabsah. Er war zum Spaß innen hinaufgeklettert, aber für
einige, die ihn sahen, war damit ein Zeichen gesetzt, daß eine böse
Prophezeiung eines Tages eine unbekannte schreckliche Frucht tragen könnte.
Eine amerikanische Frau – sie möge mir vergeben, wenn sie diese Zeilen liest –
wandte sich an mich in tiefster Überzeugung und mit großer Ernsthaftigkeit, daß
sie das Erscheinen des Mannes mit dem Umstand in Verbindung brachte, daß die Titanic bald sinken werde. Ausgesprochener Blödsinn, Dummheiten!, könnte man sagen.
Ja, tatsächlich, aber nicht für diejenigen, die daran glauben, und es ist
besser, keine gefahrenträchtigen Gedanken zwischen Passagieren und Besatzung
aufkommen zu lassen: es könnte einen ungesunden Einfluß haben.
    Wir fuhren
ums Spithead, passierten die Küste der Isle of Wight, die im Gewande des
heraufziehenden Frühlings wunderschön aussah, grüßten einen White-Star-Schlepper,
der in Bereitschaft auf Innenreede lag und auf ein Schiff wartete, und
bemerkten in der Ferne einige Kriegsschiffe, assistiert von schwarzen
Zerstörern, die die Einfahrt von See her bewachten. Im ruhigsten Wetter
erreichten wir Cherbourg, gerade als es dunkel wurde, und verließen es um 20.30
Uhr, nachdem wir Passagiere und Post übernommen hatten. Donnerstagmittags
erreichten wir Queenstown nach einer höchst angenehmen Fahrt durch den Kanal,
obwohl der Wind morgens meist zu kalt war, um an Deck zu sitzen.
    Die Küste
Irlands sah sehr schön aus, als wir Queenstown-Reede erreichten. Die brillante
Morgensonne beschien die grünen Hügel und hob hier und da Gruppen von
Landsitzen heraus, die über grauen, abweisenden Felsen lagen, die die Küste
säumten. Wir nahmen den Lotsen an Bord, fuhren langsam in den Hafen, die ganze
Zeit lotend, und kamen an einen sicheren Ankerplatz. Die Schrauben wühlten den
Grund auf und färbten die See braun. Es machte auf mich den Eindruck, als hätte
das Schiff zu schnell gestoppt – wobei mein Unwissen, was die Wassertiefe im
Hafen anging und daß das Loten vielleicht weniger Tiefe ergab, als es bei der
Größe der Titanic notwendig erschien, scheinbar durch das Auftreten von
aufgewühltem
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