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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
Autoren: Lawrence Beesley
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seiner Apparate
machten. Es war wenig später, als wir entdeckten, daß sie die Photographen
einer der Londoner Illustrierten Zeitungen waren. Immer mehr Passagiere kamen
herein, und der Lehrmeister lief hierhin und dorthin. Er sah aus wie das
Ebenbild kräftiger, rosawangiger Gesundheit und Fitneß in seinem weißen Anzug,
wie er einen Passagier auf das elektrische »Pferd«, einen auf das »Kamel«
setzte, während die lachende Gruppe der Zuschauer den ungeübten Reitern
zusahen, wie sie auf- und abgeschwungen wurden, als er einen kleinen Motor
einschaltete, der die Maschinen zu wirklichkeitsnahen Pferde- und
Kamelbewegungen veranlaßte.
    Es ist
erzählt worden, daß in der Nacht des Unglücks, genau zu der Zeit, als die Titanic sank, während die Musik draußen vor der Turnhallentür mit außergewöhnlichem
Einsatz spielte, im Angesicht des Fuß um Fuß steigenden Wassers, der
Instrukteur drinnen im Dienst war, mit Passagieren auf den Fahrrädern und den
Rudermaschinen, helfend und aufmunternd bis zuletzt. Mit den Musikern sollte sein
Name, der meines Wissens noch nicht bekanntgegeben wurde – er ist McCawley –,
aufgenommen werden in die Ehrenliste derer, die ihre Pflicht treu erfüllt haben
gegenüber dem Schiff und der Reederei, der sie dienten.

 
    Von Southampton bis zur Nacht der Kollision
     
     
     
    Gleich nach Mittag verkündete
die Dampfpfeife den Freunden, daß sie von Bord gehen sollten. Die Gangway wurde
eingezogen, und die Titanic bewegte sich langsam aus dem Hafenbecken,
begleitet von den letzten Mitteilungen und Abschiedsgrüßen jener am Kai. Es gab
kein Hurra und kein Getute von der Flotte der anderen Schiffe im Hafenbecken,
wie man es bei dieser Gelegenheit eigentlich erwartet hätte, wenn das größte
Schiff der Welt zu seiner Jungfernfahrt in die See verabschiedet wird. Die
ganze Begebenheit verlief recht ruhig und ziemlich gewöhnlich und enthielt
wenig von der malerischen und interessanten Zeremonie, die wir uns unter diesen
Umständen vorgestellt hätten. Aber an ihre Stelle traten zwei unvorhersehbare
dramatische Zwischenfälle, die dem Abschied vom Hafen einen besonderen Reiz
verliehen.
    Der erste
ereignete sich, genau bevor die letzte Verbindung unterbrochen wurde: Eine
Gruppe von Heizern rannte entlang des Kais auf die Gangway zu, ihre Kleider und
Habseligkeiten um ihre Schultern geschlungen in der Absicht, das Schiff noch zu
erreichen. Aber ein Unteroffizier, der dort Wache stand, führte sie zum
landseitigen Ende der Brücke, entschlossen, sie nicht an Bord zu lassen. Sie
erklärten sich, gestikulierten, offensichtlich um zu versuchen, ihre Verspätung
zu begründen, doch er blieb unnachgiebig und wies sie mit einer bestimmenden
Geste zurück. Die Landungsbrücke wurde trotz ihres Protestes zurückgezogen, ein
endgültiges Ende unter ihre Bemühungen setzend, die Titanic noch zu
erreichen. Diese Heizer müssen heutzutage dankbare Männer sein, daß
irgendwelche Umstände, sei es die eigene Unpünktlichkeit oder eine
unvorhersehbare Verspätung, auf die sie keinen Einfluß hatten, sie vor dem
rechtzeitigen Erreichen der letzten Verbindung geschützt hatten. Sie werden –
und das ohne Zweifel für Jahre – diese Geschichte immer wieder erzählen, wie
ihr Zuspätkommen zur Titanic ihr Leben gerettet hat.
    Der zweite
Zwischenfall passierte unmittelbar danach, und trotz der ausführlichen
Beschreibung von der Landseite her, sollte die Begebenheit vom Oberdeck aus
betrachtet nicht ohne Interesse sein. Als die Titanic majestätisch aus
dem Hafenbecken fuhr, lief auch eine Gruppe von Freunden den Kai entlang, und
wir kamen zusammen, Kopf an Kopf, bei dem Dampfer New York an, der an
der Seite mit der Oceanic am Rande lag. Die Gruppe winkte für die bei
uns an Bord wie für die Menge auf den beiden dazwischenliegenden Schiffen ihr
»Auf Wiedersehen« zu.
    Als aber
unser Schiffsbug den der New York erreichte, trat eine Serie von
Ereignissen ein, schnell wie aus dem Revolver geschossen. Auf der Kaiseite der New
York flogen schlangenförmige dicke Taue durch die Luft in die Menge, die
zurückwich, um den fliegenden Seilen zu entkommen. Wir hofften, daß niemand von
den Seilen getroffen worden war, aber ein Seemann neben mir war sicher, daß er
eine Frau gesehen hätte, die weggetragen wurde, um versorgt zu werden. Und
dann, zu unserer Verwunderung, kroch die New York auf uns zu, langsam
und heimlich, wie von einer unsichtbaren Kraft gezogen, der sie nicht
widerstehen konnte. Das erinnerte
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