Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte
Autoren: Lawrence Beesley
Vom Netzwerk:
Bodensand bestätigt wurde –, aber es ist nur eine Vermutung. *
    Passagiere
und Post kamen an Bord von zwei Zubringerschiffen, und nichts kann uns einen
besseren Eindruck von der enormen Länge und Breite der Titanic vermitteln,
als so weit wie möglich hinten stehend vom Oberdeck über die Seite zu blicken,
vor und zurück, dort wo die Tender rollten, nichts als Nußschalen neben dem
königlichen Schiff, das Deck für Deck über ihnen wuchs. Sicherlich war sie ein
zauberhaftes Schiff! Da war so etwas Würdevolles in ihren Bewegungen, wie sie
so in leichter Dünung des Hafens rollte, ein langsames, stetiges Eintauchen und
Wiederaufrichten, nur bemerkbar, wenn man ihren Bug im Vergleich zu einer
Landmarke in der näheren Umgebung betrachtete. Die zwei kleinen Tender tanzten
an ihrer Seite auf und ab wie Korken und demonstrierten lebendig den
Unterschied im Komfort, den die Bewegungen von kleineren Dampfern ausmachen.
    Jetzt war die
Zeit der Übernahme beendet, die Zubringerboote warfen los, und um 13.30 Uhr,
mit einem weiteren Aufwühlen des Grundes durch die Schrauben, drehte die Titanic langsam einen Viertelkreis, bis ihr Bug entlang der irischen Küste zeigte,
um dann schnell fort von Queenstown abzudampfen, und das kleine Haus am Ende
der Stadt leuchtete noch viele Meilen lang weiß von den Hügeln. In unserem
Kielwasser kreischten und tummelten sich Hunderte von Möwen. Sie stritten sich
und kämpften um die Essensreste, die aus den Abfallrutschen fielen, als wir in
der Hafeneinfahrt lagen. Sie folgten uns in der Erwartung auf weitere
Fütterung. Ich beobachtete sie eine ganze Zeit und war erstaunt über die
Leichtigkeit, mit der sie an uns hingen, fast ohne eine Flügelbewegung. Ich
suchte mir eine bestimmte Möwe aus, behielt sie für Minuten im Blickfeld und
sah keine Bewegung der Flügel auf oder ab, um ihren Flug zu unterstützen. Sie
verschlug es nur ein wenig zur Seite, wenn sie eine Böe traf: unbeugsam,
ungebunden; wie ein Flugzeug in einem Seitenwind ausweicht. Und jetzt hielt sie
würdevoll Schritt mit dem Tempo der Titanic von 20 Knoten. Als sie der
Wind traf, schoß sie aufwärts und indirekt vorwärts, schwebte wieder hinunter,
wobei ihre Flügel einen wunderbaren Bogen zogen und der Schwanz wie der eines
Pfaus gespreizt war.
    Es war klar,
daß sie von einem Geheimnis beseelt war, das wir gerade erst lernen wollen. Es
war die Ausnutzung des Luftstroms zum Auf und Ab wie ein Fahrstuhl, ebenso wie
ihr Wille zu gleiten mit dem Einsatz eines Minimums an Energie oder die
Anströmung zu nutzen wie ein [Segel-]Schiff, wenn es gegen den Wind segelt.
Flieger imitieren natürlich die Möwen, und vielleicht werden wir in Zukunft
Flugzeuge oder Gleiter sehen, die würdevoll auf- und abtauchen können, trotz
widriger Winde, und das über den ganzen Atlantischen Ozean hinweg. Die Möwen
waren immer noch hinter uns, als die Nacht begann, und sie schrien und tauchten
in unser Kielwasser, das wir hinter uns ließen. Am Morgen waren sie fort,
vielleicht hatten sie einen Dampfer in der Nacht gesehen, den sie zu ihrem
Queenstown zurückbegleiteten. Den ganzen Nachmittag dampften wir entlang der
irischen Küste, wo graue Felsen die Ränder säumten und sich Hügel in der
unfruchtbaren Landschaft erhoben. Als die Dunkelheit anbrach, verschwand die
Küste nach achtern, und das letzte, was wir von Europa sahen, waren die
irischen Berge, die in der beginnenden Finsternis schwach leuchteten. Mit den
Gedanken, daß wir das letzte Land gesehen hatten, bevor wir unsere Füße auf
amerikanischen Boden setzen würden, zog ich mich in die Bibliothek zurück, um
einige Briefe zu schreiben. Ohne zu ahnen, daß uns allen noch viele Dinge
erwarten würden – viele Gefahren und Erfahrungen, plötzliche, lebhafte und
eindrucksvolle Begegnungen mit vielen guten und treuen Gefährten, von denen wir
Abschied nehmen sollten –, bis wir wieder Land sichten würden.
     
     
    Es gibt wenig zu erzählen über
die Zeit nach dem Verlassen von Queenstown, von Donnerstag bis Sonntagmorgen.
Die See war ruhig – tatsächlich so ruhig, daß nur wenige Passagiere den
Mahlzeiten fernblieben. Der Wind aus West bis Südwest, »frisch« – wie ihn die
tägliche Wetterkarte beschrieb –, aber meist kalt, im allgemeinen zu kalt, um
an Deck zu sitzen und zu lesen oder zu schreiben, so daß viele von uns eine
große Zeitspanne lesend oder schreibend in der Bibliothek zubrachten. Ich
schrieb eine große Anzahl von Briefen und brachte sie Tag für Tag
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher