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Titan 10

Titan 10

Titel: Titan 10
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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solln das einfach de Leute anzurempeln als wärnse nuren Stück Vieh un sons nix, he?« Es war weder der verrückte Töpfer noch der verrückte Psychiater.
    »Entschuldigung«, sagte Barlow. »Was meinen Sie?«
    »He?« bellte der Fremde erzürnt und wartete auf eine Antwort.
    Barlow, der das Gefühl hatte, unschuldig in irgendeine böse Sache hineingezogen zu werden, hörte sich zu seinem Erschrecken zurückbellen: »He?«
    Der Fremde ließ seine Schulter los. »Oh, he?« schnarrte er.
    »Ja!« sagte Barlow und zupfte seine Jacke zurecht.
    »Ah!« grollte der Fremde, mit mehr Abneigung und Verachtung als Zorn. Er fügte eine in Barlows Zeit obszöne Bemerkung hinzu, stellte sich breitbeinig hin, straffte die Schultern und ballte die Fäuste.
    Zitternd ging Barlow weiter. Anscheinend hatte er sich richtig verhalten. Er wartete an einer roten Ampel, während vor ihm sich der lange, lange Strom der Traumboote träge dahinwälzte. Fußgänger achteten nicht auf die Ampel, sondern zogen ihn einfach mit in den trägen Fluß der Fahrzeuge. Bremsen kreischten, hie und da hupte jemand, und manche Autofahrer brüllten sich gegenseitig an. Erschrocken sprang er zurück, als ein Auto über den Bürgersteig rollte, um so ein anderes verkehrswidrig überholen zu können.
    Obwohl die Ampel mittlerweile Grün zeigte, fuhren die Autos noch dreißig Sekunden lang weiter, dann versiegte der Strom. Müde ging Barlow über den Zebrastreifen und lehnte sich, während er nach Atem hechelte, erschöpft an eine Verkaufsmaschine.
    Ganz natürlich benehmen, redete er sich selbst ein, dann kann gar nichts geschehen. Kaufe etwas von der Maschine. Er zog etwas Wechselgeld aus der Tasche, bekam eine Zeitung für zehn Cent, ein Taschentuch für fünfundzwanzig und einen Schokoladenriegel für weitere fünfundzwanzig.
    Der schwache Schokoladengeruch machte ihn plötzlich hungrig. Ein paar Sekunden lang versuchte er vergeblich, das Papier des Criggly ‐Riegels abzureißen, dann öffnete es sich von selbst. Er hatte drei gute Bissen an dem Riegel, kaufte zwei weitere und verschlang auch sie.
    Durstig geworden, zog er für weitere zehn Cents eine Tüte kohlensäurehaltigen Orangensaft aus dem Warenautomaten. Als er daran herumfummelte, öffnete sie sich selbsttätig und verspritzte fast den gesamten Inhalt auf seine Hose. Barlow entschied sich dafür, daß er sowieso schon zu lange an einem Ort geblieben war, und ging langsam weiter.
    Die Schaufenster waren – Schaufenster. Die Menschen trugen und kauften immer noch Kleidung, rauchten und kauften immer noch Tabak, aßen und kauften immer noch Nahrungsmittel. Und mit gelinder Überraschung bemerkte er, daß sie auch noch ins Kino gingen, denn er schlenderte an einem vorbei und entschloß sich, einen Film anzusehen.
    Das Kino trug den Namen BIJOU und schien drei Vorstellungen zu geben: Babys sind schrecklich und Schaff dir keine Kinder an sowie Die kleine Kanaille.
    Welcher Film gerade gespielt wurde, war unwesentlich. Er bezahlte einen Dollar und ging hinein.
    Er bekam noch das Ende der Kleinen Kanaille mit, ein farbiger, dreidimensionaler Geruchsfilm. Der Film schien eine interplanetare Sage zu sein, in der es sich um eine Hetzjagd und die neuerliche Zuneigung zwischen entfremdeten Held und Heldin handelte. Babys sind schrecklich und Schaff dir keine Kinder an waren fantastische Propagandafilme gegen die Elternschaft – zuerst grotesk übersteigerte und peinlich genaue Darstellungen der Schmerzen bei der Niederkunft, dann teuflische Kinder, die ihre Eltern zu Tode quälten. Barlow bemerkte erstaunt, daß das Publikum weiterhin genüßlich Süßigkeiten in sich hineinstopfte und keinerlei Zeichen von Abscheu zeigte.
    Als wieder die Kleine Kanaille gezeigt wurde, trieb es ihn in den Vorraum zurück. Fanfaren gellten, grelle Farben blendeten ihn, und sein Magen schmerzte von den Gerüchen.
    Nachdem er sich an die düstere Beleuchtung des Vorraums gewöhnt hatte, ließ er sich auf einer Bank nieder und schlug die Zeitung auf, die er gekauft hatte. Sie hieß The Racing Sheet, und dieser Titel kam ihm reichlich seltsam vor. Eine Aufstellung in der linken unteren Ecke der Titelseite zeugte von der unvorstellbaren Tatsache, daß Churchill Downs und Empire City immer noch im Geschäft waren …
    Nachdem er seine Tränen der Rührung weggewischt hatte, las er die Rennmeldungen durch. Man benutzte keine Abkürzungen mehr, und deshalb hatten die Seiten nur noch eine Spalte und nicht zwei, wie zu seiner Zeit.
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