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Titan 10

Titan 10

Titel: Titan 10
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Aussicht darauf, sie alle zu finden, aber die größten konnte er entfernen; später, wenn mehr Zeit zur Verfügung stand, konnte man sich um die anderen kümmern.
    »Jenkins«, fragte er, »was ist mit den chemischen Auswirkungen von I‐713? Wirkt das Zeug giftig auf den Körper?«
    »Nein. Bis auf die Strahlung völlig ungefährlich. Acht in der äußeren Elektronensphäre, chemisch passiv.«
    Wenigstens eine gute Nachricht. Die Strahlung allein war schon übel genug, und eine Metallvergiftung, ähnlich wie bei Radium oder Quecksilber, hätte die Situation nur noch verschlimmert. Die kleinen I‐713‐Partikel, die sich kolloidartig über den ganzen Körper verbreitet hatten, würden ihre eigenen Warnsignale ausstrahlen und konnten in den schlimmsten Fällen operativ entfernt werden; ansonsten mußten sie wahrscheinlich im Körper bleiben, bis sich ihre Energie erschöpft hatte. Glücklicherweise hatte das Atom nur eine kurze Halbwertszeit, so daß auch der Krankenhausaufenthalt und die Leidenszeit der Männer nicht allzu lange andauern würden.
    Jenkins half Ferrel bei dem letzten Patienten und löste Schwester Dodd beim Überreichen der Instrumente ab. Doc hätte die Schwester vorgezogen, da sie auf jeden seiner kleinen Fingerzeige eingespielt war, sagte aber nichts und staunte dann nur über die Geschicklichkeit des jungen Mannes. »Wie steht es mit den Spaltprodukten?« fragte er.
    »Bei I‐713 sind sie meist harmlos, und wenn das einmal nicht der Fall sein sollte, treten sie in einer zu geringen Konzentration auf, als daß man deswegen besorgt sein müßte. Das heißt, wenn es sich wirklich um I‐713 handelt. Sonst …«
    Sonst, dachte Dr. Ferrel den Gedanken weiter, besteht zwar keine Vergiftungsgefahr, aber Isotop R mit seiner unbestimmten Zerfallszeit verwandelte sich in Mahlers Isotop und erlebte innerhalb einer Millionstel Sekunde einen kompletten Zerfall. Er hatte plötzlich die verschwommene Vision eines Mannes, über dessen Körper dieser Stoff dispergiert worden war und der bei der Explosion mit unbeschreiblicher Gewalt zerfetzt wurde. Jenkins mußte ebenfalls daran gedacht haben, denn sekundenlang standen sie schweigend da und starrten sich gegenseitig an. Keiner wagte, darüber zu sprechen. Als Ferrel nach der Sonde griff, zuckte Jenkins die Achseln, und beide fuhren mit ihrer Arbeit fort – und mit ihren Gedanken.
    Es war ein Bild, das man sich nicht vorstellen konnte, aber vielleicht würden sie es selbst erleben. Es war ungewiß, was aus dem Werk werden würde, wenn solch eine Atomexplosion stattfinden sollte. Niemand wußte, mit welcher Menge Maicewicz damals experimentiert hatte; bekannt war nur, daß es die geringste war, mit der ein Experimentieren noch möglich war. Den Schaden im voraus zu schätzen war unmöglich. Die Körper auf den Operationstischen, die kleinen herausoperierten Gewebeteile, die Splitter radioaktiven Materials enthielten, und sogar die Instrumente, die damit in Berührung gekommen waren, wären damit zu Bomben geworden, die nur darauf warteten, in die Luft zu gehen. Auch Ferrel überkam jetzt die eigentümliche Ruhe, die bislang nur Jenkins auszeichnete, als er wieder an die Arbeit ging und sich auf die komplizierte Operation konzentrierte, zu der eine ruhige Hand nötig war.
    Es mochten Minuten oder auch Stunden vergangen sein, bis die letzten Verbände angelegt und die drei gebrochenen Knochen des Mannes, den es am schlimmsten erwischt hatte, geschient waren. Meyers, Dodd und Jones kümmerten sich nun um die Männer und rollten sie auf den Bahren in die Krankenstation. Schließlich waren die beiden Ärzte allein, achteten sorgfältig darauf, daß ihre Blicke sich nicht begegneten, und harrten der Dinge, die da kommen sollten, ohne eigentlich zu wissen, was genau geschehen würde.
    Von draußen drang ein Dröhnen an ihre Ohren, als ob irgend etwas Schweres über die Straßen geschleift würde. Beide eilten gleichzeitig zum Hinterausgang und spähten hinaus, nur um das Heck eines schweren Panzers dahinrollen zu sehen. Vor einiger Zeit war die Nacht schon hereingebrochen, aber die Scheinwerfer auf den hohen Türmen im Werksgelände erleuchteten die Fabrik taghell. Außer dem davonfahrenden Panzer konnten sie jedoch nichts erkennen, denn die anderen Gebäude versperrten ihnen die Sicht.
    Dann zerriß hinten am Haupttor ein schrilles Pfeifen die Luft, und Männerstimmen erklangen, noch zu weit entfernt, um zu verstehen, was sie sagten. Scharfe, abgehackte Befehle
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