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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
Autoren: Marie Cordonnier
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schmutzigen Hemd, die den Anschein erweckte, als würde sie der nächste Windstoß umblasen. Ihre neue Herrin musterte sie missbilligend.
    »Viel wirst du nicht schaffen«, murrte sie. »Aber heutzutage ist man ja für alles dankbar. Zieh die Kleider an und wasch dir das Gesicht. Danach werden wir sehen, wie geschickt du dich anstellst.«
    Tiphanie zurrte gerade das mausgraue Tuch um ihren fast kahlen Kopf zurecht, als Jannik de Morvan die Tür aufstieß, ohne sich die Mühe des höflichen Anklopfens zu machen. Mit einem zufriedenen Nicken sah er sie an.
    »Du bist auf den Beinen. Das ist gut. Die Wirtin hat mir gesagt, dass du bei ihr bleiben und dich als Magd verdingen willst. Ist das wahr?«
    Tiphanie nickte stumm. Sie stand mit niedergeschlagenen Augen eingeschüchtert mitten in der Kammer. Sie trug einen geflickten, braunen Barchentrock, ein grob gewebtes, helles Hemd und ein dunkles Mieder, das sogar eng geschnürt um ihren schmalen, kindlichen Oberkörper schlotterte. Im Verein mit dem hässlichen Tuch auf ihrem Kopf sah sie aus, als wäre sie nie etwas anderes gewesen als eine gewöhnliche Magd.
    Lediglich die Tatsache, dass sie einen Rosenkranz aus Holzperlen zwischen den Fingern hielt, erinnerte an ihre Herkunft. Es handelte sich um eine hässliche Schnur aus grob geschnitzten, ungleichen Kugeln, die aussahen, als hätte sie ein Kind willkürlich aneinander gefügt. Sie umklammerte ihn jedoch, als fände sie Trost in dieser Berührung.
    »Es ist das Beste, was du tun kannst«, stimmte Jannik de Morvan ihrem Entschluss zu. »Ich bezweifle, dass es dir möglich ist, in einem anderen Kloster zu vergessen, was du erlebt hast. Aber die Pflichten des Alltags werden dir mehr Trost schenken, als du jetzt denkst. Ich kann dir aus eigener Erfahrung versichern, dass es nicht gut ist, zu viel über die Vergangenheit zu grübeln.«
    Er runzelte die Stirn. Welcher Teufel ritt ihn, solche Dinge auszusprechen? War es die Stummheit der kleinen Nonne, die ihn dazu verleitete, ihr Vertrauen zu schenken, oder ihre Haltung? Obwohl sie mitleiderregend farblos und unansehnlich aussah, verströmte sie eine Klarheit, eine Tapferkeit und Reinheit, die ihn anrührte.
    Er trat zu ihr und hob das spitze blasse Kinn mit zwei Fingern zu sich in die Höhe. »Ich hoffe, du findest irgendwann deinen Frieden zurück, kleiner Hänfling! Ich sähe es ungern, wenn es dir übel ergeht. Schließlich habe ich dich gerettet!«
    Tiphanie schlug zitternd die Wimpern nieder und wich dem forschenden Blick aus seinen dunkelblauen Augen aus. Sie wagte nicht, ihm zu begegnen, sie spürte nur die bezwingende Kraft seiner Persönlichkeit. Es lag ihr auf der Zunge ihn zu bitten, dass er sie mitnahm, wo immer er nun hinging, aber glücklicherweise brachte sie ohnehin keine Silbe heraus. Es ersparte ihr die Demütigung seiner Ablehnung.
    Wie töricht zu denken, dass er sich um sie kümmern würde. Wie kam sie nur darauf?
    Weil sie tief unter seiner eisenharten, kalten Fassade ein schlagendes Herz spürte? Weil sie den Gedanken nicht ertragen konnte, von ihm Abschied zu nehmen?
    »Gehab dich wohl, Mädchen!«, sagte er schroff. Er gab ihr Kinn frei und rückte das Schwert zur Seite, das er in einem ledernen Waffengurt zusammen mit einem juwelenbesetzten Dolch trug. »Der Himmel möge dich beschützen und dir eine Zukunft ohne weitere Schrecken schenken! Verdient hast du es.«
    Das Klappen der Tür riss Tiphanie aus ihrer Lähmung. Sie zuckte zusammen. Er ging fort! Er durfte nicht gehen! Er durfte sie nicht alleine lassen! Was sollte sie anfangen, ohne den Schutz seiner Gegenwart? Sie warf sich gegen die Tür und riss sie auf.
    »Wartet!«
    Der Ritter hörte den heiseren, ungeübten Ruf nicht mehr. Er schwang sich in den Sattel des bereitstehenden Pferdes und hob die Hand, um seinen Begleitern den Aufbruch zu befehlen. Sein Herzog wartete mit neuen Aufgaben auf ihn!

2. Kapitel
    Manchmal, wenn Tiphanie des Abends auf den dünnen Strohsack unter der Dachschräge der Herberge »Zum Goldenen Anker« sank, war sie sogar zu müde zum Beten. Die ehrenwerte Dame Loyse Rouzic, die gemeinsam mit ihrem Gemahl Maître Colman die Herberge führte, regierte diesen Hausstand mit eiserner Faust. Nicht einmal ihr Gatte wagte gegen sie aufzumucken.
    Tiphanie war das kleinste Rädchen im Getriebe, aber auch diejenige, die sich am ehesten den Unwillen der unerbittlichen Hausherrin zuzog. Sie konnte sich noch so sehr plagen, es der Dame recht zu machen, die Herrin fand trotzdem
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