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Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Tiphanie – Feuer der Sehnsucht

Titel: Tiphanie – Feuer der Sehnsucht
Autoren: Marie Cordonnier
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auf dem frommen Symbol des Kreuzes vereint, schenkten sie ihrem Träger angeblich die Macht, dieses Land für immer in Frieden zu regieren.
    Jean de Montfort hatte erst vor kurzem in der Schlacht von Auray gesiegt und herrschte nun über das Herzogtum der Bretagne. In den Augen seines getreuen Vasallen benötigte er kein sagenhaftes Schmuckstück, um sein Ansehen weiter zu steigern. Noch dazu eines, von dem lediglich die Sagen erzählten.
    Wessen die Bretagne freilich dringend bedurfte, waren aufrechte Männer, die Schurken wie Paskal Cocherel das mörderische Handwerk legten. Seine gesetzlose Söldnertruppe hatte ihm Reichtum und Macht verschafft, aber sein Ehrgeiz wollte mehr. Er terrorisierte noch immer ganze Landstriche, und seine Festung in Cado war ein höllisches Rattennest von Galgenvögeln und Schurken, das dringend ausgeräuchert gehörte.
    Die Schatten zwischen den Mauern wurden länger, und Jannik de Morvan rief sich selbst zur Ordnung. So sehr es ihm auch missfiel, in den traurigen Überresten herumzustochern, die dieser Halunke in Sainte Anne hinterlassen hatte, er musste dem Befehl seines Fürsten folgen. Er stieß wütend mit dem Fuß gegen die Trümmer einer hölzernen Bank und wandte sich zum Gehen.
    Fast hätte er dabei den schmalen, hohen Torbogen in der kleinen Nische übersehen, der offensichtlich in ein weiteres Gewölbe unter dem Gotteshaus führte. Eine Krypta, eine Kapelle?
    »Bringt Fackeln!«, rief er knapp nach draußen und wenig später trat er, begleitet von zwei Männern in einen niedrigen unterirdischen Saal, der in etwa den Maßen des Gotteshauses entsprach. Gedrungene Steinsäulen trugen die Decke, und der Boden bestand aus ausgetretenen, gesprungenen Granitplatten. Eine Mischung aus Feuchtigkeit, Verwesung und Fäulnis lag in der Luft, die sich schwer auf den Atem legte und auch die hartgesottenen Männer erschauern ließ.
    Der Schein des Lichtes tanzte über die groben Wände und einen rostigen Eisenleuchter, an dem noch Reste von Honigwachs klebten. Ein Steinblock, ähnlich dem des Altars von oben, stand an der Stirnseite des Raumes und kündete davon, dass dieser Ort schon in vorchristlichen Zeiten dazu gedient haben musste, höhere Mächte anzubeten. Es schien Jannik de Morvan, als wehe ihn von dort ein so panisches Entsetzen an, dass er instinktiv einen Schritt zurückwich. Diese Steine hatten mehr gesehen, als ein Mensch ertragen konnte. Fast meinte er, Seufzer zu hören.
    Seufzer? Zu besonnen, um länger als einen Herzschlag an einen solchen Spuk zu glauben, nahm Jannik de Morvan einem seiner Männer die Fackel aus der Hand und trat an den Opferstein. Im ersten Moment fiel ihm nur ein dunklerer Schatten auf der Erde ins Auge. Dann indes bekam die Erscheinung Konturen.
    »Zum Henker!«
    Er umrundete das Hindernis, ließ sich auf ein Knie nieder und berührte mit der freien Hand das Bündel. Es zuckte mit einem heiseren Laut zurück.
    »Es lebt!«, rief er verblüfft. In diesem Moment hätte er nicht einmal sagen können, ob er es mit einem Menschen oder mit einem erschreckten Tier zu tun hatte, das unter der Erde Schutz gesucht hatte.
    Als er indes kräftiger zufasste, wurde ihm schnell klar, dass er die erbärmlich leichte Gestalt einer jungen Nonne vor sich hatte. Völlig von Sinnen vor Schreck erwachte das Mädchen wie ein Blitz zum Leben und wurde zur tollwütig beißenden Katze. Es war ihnen zu dritt beinahe nicht möglich, sie nach oben zu tragen. Aber auch im Freien ließ sie sich weder mit Worten noch mit Taten beruhigen. Heisere Laute drangen aus ihrer Kehle, ihre Kleider waren beschmutzt und verknittert, der Schleier verloren. Ein wilder Instinkt, der nichts mehr mit Vernunft zu tun hatte, zwang sie dennoch, wie eine Furie gegen sie zu kämpfen.
    Einer der Soldaten, die hinzu kamen, handelte kurz entschlossen. Er zog den schweren Reiterhandschuh aus, ballte die Rechte zur Faust und platzierte einen kräftigen Hieb auf die Kinnspitze der Tobenden. Wie eine Lumpenpuppe sank sie leblos in sich zusammen.
    Jannik de Morvan fuhr wütend zu ihm herum. »Bist du verrückt, Mann? Siehst du nicht, dass dieses Kind bereits genug erduldet hat?«
    »Wollt Ihr zulassen, dass sie sich in ihrem Wahn auch noch selbst verletzt?«, entgegnete der Soldat kühn. »Das ist die sicherste Art, närrische Weiber zur Vernunft zu bringen. Ihr werdet sehen, wenn sie erwacht, kann man mit ihr reden. Und das wollt Ihr schließlich, oder?«
    Der Mann hatte natürlich recht. Dennoch war etwas an
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