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Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
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schrie sie den Anwalt an. »Für wen arbeiten Sie?«
    Der Maler hatte das Geschrei gehört und kam ins Wohnzimmer gelaufen. »Was ist denn los?«
    Juanita zeigte mit flammensprühendem Finger auf Morgado. »Der Füller, Rubén, der Füller!«, schrie sie.
    Überrascht starrte Morgado auf den Füller in seiner rechten Hand: Es war der Montblanc, der dem Skelett aus der Laguna Salada gehört hatte.
    »Das ist der Füller von Doktor Islas! Der, den mein Vater ihm zu Weihnachten geschenkt hat!«
     
18
     
    Morgado schaute sich die jüngsten Werke von Rubén García Benavides an. Das Studio war klein und lichtdurchflutet. Je länger er diese Landschaften mit übereinander geschobenen Ebenen und sich zu Trugbildern wandelnden Horizonten ansah, umso überzeugter war er, dass der Fall kurz vor der Lösung stand. Der Wille der Toten hatte mehr Gewicht als sein eigenes Dazutun. Die Geheimnisse und die Wahrheiten traten mit gespenstischer Hartnäckigkeit zutage.
    »Tragisch«, sagte der Maler, während er die Bilder woandershin schob.
    »Das mit Doktor Islas?«
    »Das mit allen, die in La Salada verschwunden sind. Wie viele Leute, wie viele Angehörige, Liebende oder Arbeitskollegen haben gedacht, dass sie betrogen wurden. Dass ihr Freund, Vater, Sohn oder Ehemann sie einfach ihrem Schicksal überlassen hat und abgehauen ist, um anderswo sein Glück zu suchen …«
    »Viele hatten den Verdacht, dass sie Verbrechen zum Opfer gefallen sind«, erwiderte Morgado.
    »Die sich zu weit aus dem Fenster gelehnt haben. Die Unruhestifter. Aber was ist mit den anderen? Wie Doktor Islas? Ich hätte nie gedacht, dass er etwas mit diesen Spionagegeschichten zu tun hat.«
    »Das ist nicht sicher. Obwohl die Daten, die ich bis jetzt zusammengetragen habe, das nahe legen. Er war der Komplize oder Sympathisant eines Netzes von Spionen, wahrscheinlich verbunden mit der Sowjetunion, mit dem KGB. Und er hat für beide Seiten gearbeitet.
    Manchmal half er einer Seite, dann wieder verriet er sie. Alles, um irgendwelche geheimen Informationen zu schmuggeln.«
    »Und was für Geheimnisse hatte er gestohlen, dass sie ihn auf diese Weise getötet haben?«
    Morgado hatte sich die Frage auch schon gestellt. In dem Moment klingelte sein Handy. Er hörte die Stimme von Doktor Saúl López Hidalgo. »Licenciado Miguel Ángel Morgado?«
    »Ja.«
    »Ich rufe an wegen der Werkzeugkiste.«
    Morgado war ganz Ohr, aber er war erst mal vorsichtig. »Haben Sie die Identität schon festgestellt?«
    »Habe ich. Das war einfach. Die Gringos haben Register von allem und jedem, dass einem angst und bange wird.«
    Das will ich glauben, dachte Morgado.
    »Nein. Ich rufe an, weil Jimmy, Lucy, Elena und Sie unbedingt sofort ins Krankenhaus kommen müssen.«
    »Wollen Sie einen Labortest mit uns machen?«
    »So ist es. Kommen Sie schnell.«
    Bei Morgado gingen sämtliche Alarmglocken an. »Was für Tests? Kommen Sie, Doc, raus damit!«
    »Spezialuntersuchungen zum Nachweis von Kontamination und Toxizität.«
    »Bitte kein Fachchinesisch!«
    »Schön, wenn Sie es so wollen: Radioaktivitätstests.«
     
19
     
    Zum dritten Mal hatte die Krankenschwester ihm ungefähr einen Liter Blut abgenommen. Zumindest kam es Morgado so vor, als er sie mit der gefüllten Spritze weggehen sah. »Kann ich jetzt raus hier?«, fragte er.
    »Ja. Das ist alles«, erwiderte Doktor López Hidalgo. »Und beklagen Sie sich nicht, ich musste vor zwei Stunden dasselbe durchmachen.«
    »Und jetzt?«
    »Kommen Sie mit in mein Sprechzimmer, bitte.«
    Dort warteten Lucy, Elena und Jimmy. Keiner schaute begeistert angesichts der Einstiche, die die Injektionsnadeln in ihren Armen hinterlassen hatten.
    »Kann man vorab schon etwas sagen?«
    Doktor López Hidalgo rückte seine Krawatte zurecht und lächelte freundlich.
    Jetzt kommt die schlechte Nachricht, dachte Morgado.
    Ich fühle mich schrecklich, stellte Lucy fest.
    Das wars mit uns, ahnte Jimmy.
    Ob er Junggeselle ist?, fragte sich Elena.
    »Entschuldigt bitte alle vier diese ganzen Umstände«, hob der Arzt an.
    »Komm zur Sache, Saúl«, sagte Jimmy, »wir sind keine Kinder mehr, dass du es uns in einem Säftchen beibringen musst.«
    Der Arzt lachte, aber er hörte auf, sich an seiner Krawatte zu schaffen zu machen. »Ihr seid alle vier gesund. Die Blutproben sind nur dazu da, jeden Zweifel auszuschließen. Es wurden keine Spuren von Radioaktivität festgestellt.«
    »Das ist die gute Nachricht«, fiel ihm Jimmy ins Wort. »Gibt es noch eine
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