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Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Titel: Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie
Autoren: Ivy Paul
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lächelte, sie wandte sich direkt an Bao und redete auf sie ein.
    „Sie möchte Euch wie eine Chinesin herrichten. Es wird den Herrn beeindrucken“, sagte Bao zu Anna.
    Anna überlegte kurz. Sie langweilte sich eingesperrt im Haus. Lians Angebot war eine willkommene Abwechslung. Sie nickte.
    „Sehr gerne!“
    Begeistert klatschte Lian und sprang auf. Sie reichte Anna die Hände und zog sie hoch.
    Kurz darauf saß Anna auf einem Stuhl mit einem roten Seidenzierdeckchen, umringt von den vier Konkubinen, die aufgeregt schnatterten.
    He Xien fing damit an, Annas Frisur zu lösen. Dann bürstete sie Annas Haar, und die Frauen wechselten sich ab, jede begierig, einmal die roten Strähnen zu berühren.
    Über Annas Kopf entbrannte eine hitzige Diskussion, und als Anna im Spiegel vor sich nach Bao sah, entdeckte sie in deren Augen ein amüsiertes Funkeln.
    „Sie haben noch nie zuvor eine Europäerin gesehen. Sie fragen sich, ob alle solch Feuerhaar haben.“
    „Hast du ihnen nicht erzählt, dass die Europäer unterschiedliche Haarfarben haben?“
    Bao schüttelte den Kopf.
    Lian sah Bao fragend an. Die Dienerin beantwortete die stumme Neugier der Konkubine.
    Chun mischte sich ein.
     
    „ Si yitai lässt fragen, ob es viele Europäer gibt.“
    Anna stöhnte. „Sag ihr, sie sind so zahlreich wie Sand am Meer.“
    Bao tat wie ihr aufgetragen. Chun zeigte keinerlei Regung bis auf ein knappes Nicken.
    Lian begann, Annas Gesicht mit einer Puderquaste abzutupfen, bis ihre Haut weißer als vorher wirkte. Sie holte eine Auswahl unterschiedlicher Tuschesteine hervor und nahm einen feinen Pinsel, mit dem sie auf Annas Augenlider einen dünnen schwarzen Strich zog.
    Neugierig versuchte Anna, einen Blick darauf zu erhaschen, wurde jedoch von Lian daran gehindert. Jiao warf ein Tuch über den Spiegel.
    Lian schminkte Annas Lippen in leuchtendem Rot, und dann besahen sich die Frauen das Ergebnis.
    Baos Miene gab keinerlei Anhaltspunkt.
    Die Konkubinen entkleideten Anna, und sie begutachteten und analysierten jedes Kleidungsstück ausgiebig.
    Als Nächstes wurde Annas Körper betrachtet und ebenso beurteilt. Zu gern hätte Anna gewusst, was die Frauen sagten, doch sie wollte Bao nicht in Verlegenheit bringen. Die Dienerin starrte abwechselnd auf Anna, die Konkubinen und ihre eigenen Füße und unterdrückte ein verschämtes Kichern.
    Die Chinesinnen ließen es sich nicht nehmen, Anna wie eine Puppe anzuziehen. Sie brauchte nichts weiter zu tun, als Arme oder Beine zu bewegen.
    Endlich gaben sie Anna frei. Die vier Konkubinen umrundeten Anna und bewunderten ihr Werk wohlwollend. He Xien zog das Tuch vom Spiegel fort, und schließlich durfte auch Anna sehen, was die Chinesinnen mit ihr angestellt hatten.
    Eine Chinesin starrte ihr aus dem Spiegel entgegen. Die Robe schmeichelte ihrer Figur, und die Farbe unterstrich ihre Augenfarbe. Ihr Gesicht sah hell wie frisch geschlagene Sahne aus und ebenso makellos. Ihre Wangenknochen hoben sich durch ein zartes Rot hervor. Die schwarze Umrandung ihrer Augen verlieh ihnen Mandelform und geheimnisvolle Tiefe. Ihr Haar, zu einer kunstvollen chinesischen Frisur aufgetürmt, wirkte im Licht granatrot. Vervollkommnet wurde das Ganze durch den asiatischen Schmuck, den ihr die Konkubinen umgehängt hatten.
    Jiao, He Xien, Chun und Lian lachten über Annas Staunen und zogen sie zur Decke, wo sie sich niederließen und Anna einen Leckerbissen nach dem anderen anboten. Höflich nahm sie alles an und kostete.
    Die Stimmung war gelöst, und schließlich wagte Anna, die vier Frauen zu fragen, wie man zu einer Konkubine wurde.
    Chun gab Anna als Erstes Antwort. Ihre Eltern waren Reisbauern im Osten, und als eine Dürre das Land heimsuchte, zwang die Not sie, ihre beiden jüngsten Kinder, Chun und ihren Bruder De, zu verkaufen. Chun war als Dienstmädchen im Haus eines Pekinger Beamten gelandet, ihr Bruder De bei einem Messerstecher, der aus dem Jungen einen Eunuchen machen sollte.
    He Xien war die Tochter einer Prostituierten zweiten Ranges gewesen. Christopher hatte sie aus dem Bordell freigekauft.
    Jiao hatte im Haushalt eines Geschäftsfreundes von Christopher gedient. Christopher hatte auch Jiao gekauft.
    Lian lächelte. Schließlich erzählte auch sie ihre Geschichte. Als Tochter eines Steppenreiters war ihr ihre Abenteuerlust zum Verhängnis geworden. Eines Tages hatten  Menschenhändler sie entführt, und sie landete auf einem Sklavenmarkt. Dort hatte Christopher sie entdeckt.
    „Dann seid ihr
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