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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
Autoren: Donna Leon
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Vianellos Notizbuch im Einsatz; zusätzlich nahm Torinese ein eigenes Aufzeichnungsgerät aus seiner Aktentasche und baute es neben dem anderen auf.
    Brunetti musterte die beiden: Auch im Sitzen überragte Papetti seinen Anwalt, der durchaus kein kleiner Mann war. Torinese klappte seine Aktentasche zu und stellte sie links neben seinen Stuhl. Brunetti und Torinese beugten sich gleichzeitig nach vorn und schalteten ihre Aufnahmegeräte ein.
    »Dottor Torinese«, begann Brunetti förmlich, »ich danke Ihnen und Ihrem Klienten Dottor Papetti, Alessandro Papetti, dass ich Sie so kurzfristig herbestellen durfte. Es geht mir darum, gewisse Angelegenheiten zu klären, und ich denke, Ihr Klient kann mir dabei behilflich sein.«
    »Gewisse Angelegenheiten?«, fragte Torinese. Er war etwa in Brunettis Alter, sah aber älter aus mit seiner Hornbrille, den Geheimratsecken und den glatt nach hinten gekämmten Haaren. Kein Schneider in Venedig hatte das Talent, einen Anzug wie den seinigen anzufertigen, und kein hiesiger Schuhmacher stellte solche Schuhe her. Der Gedanke an teures Schuhwerk holte Brunetti in die Gegenwart zurück.
    »Zunächst einmal geht es um den Mord an Dottor Andrea Nava, der in dem Schlachthof gearbeitet hat, dessen Leiter Dottor Papetti ist«, erklärte er. »Dahingehend habe ich Dottor Papetti bereits befragt, inzwischen aber sind neue Informationen hinzugekommen, aus denen sich weitere Fragen an Dottor Papetti ergeben.« Brunetti sprach bewusst mit übertriebener Förmlichkeit, da alles, was sie sagten, am Ende ausgedruckt, unterschrieben, datiert und zu den Akten genommen werden würde.
    Als Torinese das Heft in die Hand nehmen wollte, fuhr Brunetti fort: »Avvocato, wenn Sie gestatten, möchte ich das Gespräch nicht ausschließlich über Sie führen müssen.« Er kam möglichen Einwänden des Anwalts zuvor: »Ich denke, das wird die Sache sowohl für mich als auch für Ihren Klienten vereinfachen. Sie haben natürlich das Recht, sich gegebenenfalls einzuschalten, aber für Ihren Klienten wäre es besser – und ich kann Sie nur bitten, mir in dieser Sache zu vertrauen –, wenn wir direkt miteinander sprechen könnten.«
    Torinese und Papetti tauschten einen Blick aus, und Brunetti fiel – er wusste selbst nicht warum – schon wieder ein Satz aus der Bibel ein: »Man hat dich gewogen und zu leicht befunden.« Er fragte sich, ob es den beiden Männern mit ihm so ging.
    Anscheinend nicht, denn nach einem knappen Nicken seines Anwalts sagte Papetti: »Ich werde mit Ihnen reden, Commissario. Obwohl ich sagen muss, dass Sie kaum wiederzuerkennen sind, seit unserem Gespräch kürzlich in meinem Büro.«
    »Ich bin derselbe, Dottore, das kann ich Ihnen versichern. Nur bin ich heute besser vorbereitet als bei unserer letzten Unterhaltung.« Und wenn Papetti ihn nicht für völlig inkompetent hielt, dürfte auch er jetzt besser vorbereitet sein.
    »Vorbereitet durch was?«, fragte Papetti.
    »Wie ich Avvocato Torinese bereits erklärt habe, gibt es neue Informationen.«
    »Und vorbereitet auf was?«, fragte Papetti.
    Brunetti wandte sich an Torinese: »Ich möchte, was Aufrichtigkeit betrifft, mit gutem Beispiel vorangehen und zunächst einmal etwas klarstellen.« Dann zu Papetti: »Es geht darum, herauszufinden, inwieweit Sie an der Ermordung Dottor Navas beteiligt waren.«
    Die beiden schienen nicht überrascht. Torinese war – nach jahrzehntelanger Erfahrung mit plötzlichen Anschuldigungen aller Art – ohnehin durch nichts zu erschüttern. Papetti hingegen konnte eine gewisse Anspannung nicht verbergen.
    Brunetti fuhr an Papetti gewandt fort, der wohl kaum die Zeit gehabt hatte, Torinese alles zu erzählen: »Wir wissen inzwischen, was im macello vor sich gegangen ist.« Er gab Papetti Gelegenheit, um eine genauere Erklärung zu bitten, aber der schwieg.
    »Und da wir jetzt von Mord reden, ist jeglicher Versuch einer Vertuschung der näheren Umstände, wie Sie sicher wissen, ein juristischer Straftatbestand.« Brunetti sah ihnen an, dass sie verstanden hatten, und fügte hinzu: »Ich gehe davon aus, dass die im macello angestellten Arbeiter sich dessen ebenfalls bewusst sind.« Er ließ das wirken. »Es ist folglich davon auszugehen«, sagte er, »dass die Arbeiter, insbesondere Bianchi, zu einer Aussage bereit sein werden, sowohl was den Mord betrifft als auch weniger schwere Straftaten.« Neugierig auf Papettis Reaktion, blieb Brunetti mit Absicht vage.
    Trotz aller Übung und Erfahrung konnte Torinese
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