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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
Autoren: Donna Leon
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uns entgegenbringen, ein Geschenk ist, das letztendlich von Gott kommt, dem Quell aller Liebe. Bevor wir also mit dem Zeremoniell beginnen, das unserem Bruder Andrea die Heimreise zu Gott erleichtern soll, lasset uns den Friedensgruß austauschen – nicht nur untereinander, sondern auch mit den Patienten, für die er gesorgt hat und die heute ebenfalls gekommen sind, um sich unseren Gebeten für die Seele unseres Bruders Andrea anzuschließen. Auch sie möchten ein letztes Mal Abschied nehmen von einem Freund, der sich so lange und mit so liebevoller Hingabe um sie gekümmert hat.«
    Der Priester stieg von der Kanzel und schritt, dicht gefolgt von den Messdienern, am Altar vorbei in den Kirchenraum. Er beugte sich zu einer Frau in der ersten Reihe hinunter, gab ihr einen Wangenkuss und streichelte den Kopf der Katze, die auf ihrer Schulter lag. Als Nächstes ging er in die Hocke und kraulte das Ohr einer schwarzen Dänischen Dogge, die sich bei der Berührung erhob und ihn plötzlich überragte. Das Geräusch, mit dem ihr Schwanz an die Bank schlug, hallte durch die Kirche. Der Priester stand auf und ging auf die andere Seite, wo er Navas Witwe umarmte und dem kleinen Teo einen Kuss auf die Wange gab. Als habe sie den stummen Schrei des Jungen vernommen, lief die Dogge zu ihm hin und schmiegte sich an ihn, und Teo schlang ihr einen Arm um die Schulter und legte den Kopf an ihren schwarzen Hals.
    Der Priester umarmte noch einige Leute und kraulte noch ein paar Ohren, kehrte an den Altar zurück und las die Messe. Das Ganze lief sehr würdevoll ab, nur die Stimme des Priesters und die Antworten der Gemeinde waren zu hören: keine Musik, kein Gesang. Der grüne Papagei hockte auf der Schulter seines Besitzers, als der Mann zum Empfang der Kommunion auf den Altar zuschritt, und den Priester schien das nicht im Geringsten zu stören. Brunetti betete das Vaterunser mit und war froh, der alten Frau neben sich und Vianello auf der anderen Seite die Hand drücken zu können.
    Bis zum Ende der Messe und bis der Priester einmal mit Weihrauchfass und Weihwasserwedel um den Sarg herumgegangen war, wurde nicht gesungen. An den Altar zurückgekehrt, schaute der Priester zur Empore hinauf und hob eine Hand. Auf dieses Zeichen hin intonierte die Orgel leise eine Melodie, die Brunetti weder kannte noch in irgendeiner Weise schwermütig fand. Der Organist hatte kaum ein paar Töne gespielt, als vorne in der Kirche ein jammervolles Heulen erscholl, ein so von Schmerz und Trauer erfüllter Laut, dass es kaum zu ertragen war. Das Heulen übertönte die Orgel, als müsse der Organist daran erinnert werden, warum sie alle hier versammelt waren: nicht um schöne Musik zu hören, sondern um das furchtbare Elend der Verlassenheit zu betrauern.
    Aus derselben Richtung ließ sich die harte Stimme eines Mannes vernehmen: »Artù, lass das.« Brunetti, groß genug, über die Köpfe der anderen hinwegzusehen, beobachtete einen stattlichen Mann im dunklen Anzug, der sich bückte und mit einem hübschen goldbraunen Dackel in den Armen wieder hochkam, einem Hund, der den Mut und die Liebe in sich hatte, die von vielen der hier Versammelten empfundene Trauer über den Verlust ihres gutmütigen Freundes in die Welt hinauszuschreien.
    Der Organist hörte auf, als akzeptiere er, dass der Hund die Gefühle der Gemeinde deutlicher zum Ausdruck bringe. Dem Priester schien die Unterbrechung ebenfalls willkommen: Er ging die Altarstufen hinunter und stellte sich ans Kopfende des Sargs. Die sechs Männer in dunklen Anzügen kamen aus dem Hintergrund der Kirche hervor und hoben den Sarg auf ihre Schultern. In feierlichem Schweigen folgten sie dem Priester und trugen ihren teuren Bruder Andrea fort von seiner letzten Visite bei denen, die ihn geliebt hatten. Und dann schlossen sie sich an: alte Damen mit Katzenkäfigen, der junge Mann von der Klinik mit dem einohrigen Kaninchen in den Armen, die Dänische Dogge, neben ihr Teo, immer noch den Arm um ihren Hals gelegt, und der Hund, von dem Brunetti jetzt wusste, dass er Artù hieß.
    Auf den Stufen draußen drängten sich die Menschen, ihre Tiere auf dem Arm oder an der Leine, als die Männer den Sarg hinuntertrugen und in den Leichenwagen luden. Signora Doni und Teo standen abwartend an der Tür des Autos dahinter, dann befestigte ein großer Mann eine Leine am Halsband der Dogge.
    Teo gab dem Hund einen Kuss auf den Kopf und stieg ein. Seine Mutter folgte ihm. Andere Leute stiegen in Autos, die Brunetti bei
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