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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
Autoren: Donna Leon
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nicht sagen.«
    »Sind Sie hingegangen?«, fragte Brunetti.
    »Natürlich bin ich hingegangen«, platzte Papetti heraus. »Ich muss ihren Anweisungen Folge leisten.«
    Torinese räusperte sich, Brunetti und Vianello blieben stumm.
    »Sie war schon da, und als ich kam, führte sie mich zu einem Haus. Wo genau, kann ich nicht sagen.« Papetti sah in die Runde und erklärte: »Ich bin kein Venezianer, und da verläuft man sich schnell.«
    Brunetti gestattete sich ein Nicken.
    »Unten in dem Haus war eine Art Eingangshalle, mit Fenstern hinten und ein paar Treppenstufen. Nach unten, nicht nach oben. Dahin führte sie mich, und dann sah ich auf den Stufen die Füße eines Mannes aus dem Wasser ragen: Füße und Beine. Aber sein Kopf war im Wasser.« Papetti senkte den Blick.
    »Nava?«, fragte Brunetti.
    »Zuerst habe ich ihn nicht erkannt«, sagte Papetti und sah Brunetti ins Gesicht. Er schüttelte den Kopf. »Aber ich wusste es. Ich meine, ich habe ihn nicht richtig gesehen, aber ich wusste es. Wer hätte es denn sonst sein können?«
    »Warum dachten Sie, es müsse Nava sein?«, fragte Brunetti. Torinese schwieg weiterhin mit ausdrucksloser Miene, als säße er in einem Zugabteil und lausche einer Unterhaltung auf den Sitzen gegenüber.
    Papetti wiederholte dumpf: »Wer hätte es denn sonst sein können?«
    »Warum hat sie Sie geholt?«
    Papetti hob beide Hände und betrachtete sie, eine nach der anderen. »Sie wollte ihn in den Kanal werfen, bekam aber die Wassertür nicht auf. Der… der Riegel… der Riegel war eingerostet.«
    Brunetti ließ ihm Zeit, sich wieder zu fangen. Mindestens eine Minute verging. Torinese betrachtete eingehend seine Hände, die auf seinen Oberschenkeln lagen.
    »Sie hatte versucht, den Riegel mit dem Absatz seines Schuhs loszuklopfen. Aber es ging nicht. Und da hat sie mich angerufen.«
    »Und was haben Sie getan?«, fragte Brunetti, nachdem er lange genug gewartet hatte.
    »Ich musste ins Wasser steigen, um an die Tür ranzukommen. Dann habe ich den Riegel aufgezogen.«
    »Und dann?«, fragte Brunetti.
    »Haben wir ihn ins Wasser geschoben. Und dann habe ich die Tür wieder zugemacht und verriegelt.«
    »Und Signorina Borelli?«, fragte Brunetti. Das eine Aufnahmegerät machte ein surrendes Geräusch, dann ging das rote Lämpchen aus. Torinese beugte sich vor und drückte auf einen Knopf: das Lämpchen ging wieder an.
    »Sie hat gesagt, ich soll nach Hause gehen, sie selbst wollte auch nach Hause.«
    »Hat sie Ihnen erzählt, was passiert war?«
    »Nein. Nichts. Ich sollte nur die Tür aufmachen und ihr helfen, ihn die Treppe hinunterzustoßen.«
    »Und das haben Sie getan.«
    »Was blieb mir denn anderes übrig?«, fragte Papetti und sah zu Boden.
    Er leckte sich die Lippen, saugte sie ein, leckte sie wieder. »Wir kennen uns schon sehr lange.«
    Brunetti fragte ruhig: »Und deshalb hat sie solche Macht über Sie?«
    Papetti machte den Mund auf, musste sich aber erst räuspern, bevor er sprechen konnte. »Ich… ich hatte mich einmal zu einer Dummheit hinreißen lassen.« Er brach ab.
    »Mit Signorina Borelli?«, fragte Brunetti.
    »Ja.«
    »Hatten Sie eine Affäre mit ihr?«
    Papetti riss entsetzt die Augen auf. »Großer Gott, nein.«
    »Was denn?«
    Papetti schloss die Augen. »Ich habe versucht, sie zu küssen.«
    Brunetti sah kurz zu Vianello hinüber, der die Augenbrauen hochzog.
    »Das war alles?«, fragte Brunetti.
    Papetti sah ihn an. »Ja. Aber es hat gereicht.«
    »Gereicht wofür?«
    »Sie auf die Idee zu bringen.« Da Brunetti das unmöglich verstehen konnte, erklärte Papetti: »Dass sie es meinem Schwiegervater erzählen könnte.« Nach einer Pause fuhr er fort: »Vielleicht legte sie es darauf an und bat mich deswegen, sie nach Hause zu bringen. Angeblich war ihr Auto in der Werkstatt.« Papetti fuhr sich mit beiden Händen über den Kopf. »Vielleicht stimmte das ja auch. Keine Ahnung.« Dann heftig: »Ich bin ein Idiot.«
    Brunetti schwieg.
    »Der würde mich umbringen«, flüsterte Papetti. »Was hätte ich denn tun sollen?«
    Brunetti kam es vor, als habe er sein ganzes Leben damit verbracht, Leute immer wieder diese Frage stellen zu hören. Nur ein einziges Mal, vor etwa fünfzehn Jahren, hatte ein Mann, der drei Prostituierte erwürgt hatte, gesagt: »Ihr Schreien, das hat mir gefallen.« Obwohl Brunetti damals das Blut in den Adern gefroren war und ihn noch heute bei der Erinnerung daran ein Schauder überlief, musste er einräumen, dass dieser Mann sich nichts
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