Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
davon, in welche Stimmung die Besucher des Mozartfestes kommen mussten, wenn der Nachthimmel sich über sie erstreckte.
    Das dreimalige Klopfen des Taktstockes beendete das Gemurmel der Musiker und rief sie zur Konzentration auf. Stille kehrte ein. Der Dirigent hob die Arme, verharrte für eine Sekunde in der Bewegung und gab schwungvoll den Einsatz zum Allegro der ›Kleinen Nachtmusik‹.
    Majestätische Klänge breiteten sich nach allen Seiten aus und tauchten das Areal in eine feierliche und verzauberte Bühne für eine Frau, die aus dem Gartensaal heraustrat und erhabenen Schrittes auf Kilian zuging. In ihr erkannte er Giovanna.
    Sie trug ein rubinfarbenes schimmerndes Kleid, das sich von der Taille an, einem Kegel gleich, bis auf den Boden erstreckte und das so lang war, dass sie es ein wenig anheben musste, um nicht auf den Saum zu treten. Von der Taille aufwärts öffnete sich ein geschnürtes Dekollete zu den Schultern hin.
    Ein dünner weißer Seidenschal wand sich um ihren Hals und wurde, während sie näher kam, von einem Windhauch angehoben. Unter dem Seidenschal lagen funkelnde grüne Saphire, an einer Kette aufgereiht.
    Kilian staunte nicht schlecht, als er die abwechselnd weißen und roten Federn sah, die am Rand des Ausschnitts befestigt waren. Sie waren am Brustansatz noch klein, wurden aber zu den Schultern hin immer länger und ausladender. Dort bauschten sie sich nach außen auf und folgten dem rhythmischen Gang ihrer Schritte.
    Giovanna strahlte ihn mit einem makellosen Lächeln an.
    »Gefalle ich dir?«
    »Ich bin überwältigt«, sagte Kilian, noch immer gebannt von ihrer Erscheinung.
    »Es ist schön, dass du meiner Einladung gefolgt bist. Mit niemand anderem hätte ich mir vorstellen können, heute und hier zu feiern.«
    »Das ist ein Traum. Die Musik, das Ambiente … und du.«
    »Es ist ein Rahmen, der mir dem Werk angemessen scheint.«
    »Schon wieder das Werk.«
    »Meine Arbeit. Sie ist vollendet und verdient eine entsprechende Würdigung.« Sie blickte an ihm vorbei und gab jemandem im Hintergrund ein Zeichen.
    Der Wachmann, der Kilian Zutritt zum Hofgarten verschafft hatte, kam mit einem Schiebewagen an seine Seite und servierte italienische Vorspeisen und Champagner. »Ich wünsche einen guten Appetit«, sagte er und verschwand genauso still und unerwartet, wie er gekommen war.
    Giovanna nahm ihr Glas. »Stoßen wir an auf das, was hinter uns liegt, auf die heutige Nacht und auf eine Zukunft, die uns beide zu einem macht.«
    Kilian hatte dem nichts hinzuzufügen. Es war alles gänzlich perfekt.
    *
    Heinlein saß in Badelatschen und Sporthose auf der blau lackierten Holzbank in seinem Vorgarten. Er hatte ein Glas Bier in der Hand. Vor ihm beendete Claudia ihre Arbeit an zwei Reihen Tomatenstauden, die sie in aufmerksamster Kleinarbeit neben dem kleinen Tümpel gepflanzt hatte und dementsprechend versorgte. Im Tümpel schwammen drei kleine orangefarbene Zierfische zwischen Schilf und moosbewachsenen Steinen. Aus dem geöffneten Fenster im ersten Stock drangen schrille, dann wieder dumpfe Laute nach draußen. Dazwischen Anfeuerungsrufe von Thomas, der gegen ein Heer Aliens angetreten war und ihnen mit Laserkanonen den Garaus zu machen suchte.
    Heinlein nahm einen Schluck und blickte zwischen zwei gegenüberliegenden Anliegerhäuschen hindurch. Die Sonne führte ein rotgoldenes Licht mit sich und war bereits zu einem Viertel hinter dem Käppelesberg verschwunden. Er genoss diese Zeit vor dem Sonnenuntergang. Sie verschaffte ihm innere Ruhe und Ausgeglichenheit. Lärm und Arbeit fielen von ihm ab. Er schloss die Augen, atmete tief ein und nahm die Sonnenstrahlen mit auf seine Reise.
    Als er sie wieder öffnete, schaute er in tausend kleine Diamanten, die am Himmel funkelten. Die Sichel lag schief in ihrem Bett und warf ein unschuldiges Licht auf das große weite Wasser vor ihm. Die Reste eines Floßes lagen zerschmettert an den Felsen.
    Hinter ihm knackten Scheite im Feuer. Aus einer mit Palmwedeln und Bambusrohr gebauten Hütte am Strand trat eine junge Frau hervor – die Scham mit spärlichem Blattwerk verdeckt, die Brüste ruhten fest hinter langem blondem Haar. Barfuß kam sie durch den warmen Wüstensand auf ihn zu, zwei Hälften einer Kokosnuss in den Händen. Sie kniete nieder, führte ihre Hand unter seinen Kopf und hob ihn vorsichtig an.
    Georges dürstete nach dem Saft, der ihm Genuss verschaffen sollte. Die Milch floss über seine vertrockneten Lippen und brannte bittersüß in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher