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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Autoren: Roman Rausch
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hast, dann geh doch einfach nach Hause. Ich ruf dich an.«
    Keine schlechte Idee, aber er wusste, dass Pia ihm das nachtragen würde. »Nein, nein. Ich weiß, dass ihr es schaffen werdet«, antwortete er.
    »Hör zu, Schorsch«, sagte Pia, »Geh ruhig nach Hause. Wenn wir was haben, dann rufen wir dich an.«
    »Schade«, heuchelte er. »Gerade jetzt, kurz vor dem Durchbruch, wäre ich gerne dabei gewesen. Aber wenn du darauf bestehst …«
    *
    »So, besser krieg ich’s nicht hin«, sagte der Phantomzeichner und zeigte dem Mann das Ergebnis seiner Arbeit.
    Der Fensterknipser schaute sich die Zeichnung der beiden Löwenschänder gründlich an, wies überflüssigerweise darauf hin, dass dem einen noch das niederträchtige Lachen fehlte, dem anderen ein mehr oder minder hilfloser Gesichtsausdruck. Ansonsten waren das die zwei Kerle, die er beobachtet hatte.
    Oberhammer nahm die Zeichnungen, schaute in aller Ruhe auf die abgebildeten Männer und setzte sich zufrieden hinter seinen Schreibtisch in den Sessel.
    Dem Mann dankte er ungewöhnlich freundlich für seine Mühe und dem Phantomzeichner für die gute Arbeit. Er wies ihnen die Tür. Als er alleine im Raum war, grollte er:
    »Schmoren werdet ihr, heulen, bitten und betteln.«
    Auf seinem Schreibtisch lagen die Ebenbilder der Beamten Kilian und Heinlein.

18
    Freitag.
    20.25 Uhr. Kriminalhauptkommissar Kilian bereitet sich auf den bevorstehenden Abend mit Giovanna Pelligrini vor. Ein Page des Hotels klopft an die Tür und händigt ihm einen Anzug aus, den er in die Reinigung gegeben hatte.
    Kriminaloberkommissar Heinlein sitzt im Kreise seiner Familie beim Abendbrot. Ein Streit entzündet sich, da Thomas nicht beim Auftritt seiner Schwester Vera im Hofgarten anwesend sein will.
    Der Leitende Polizeidirektor Oberhammer brütet über einer Vergeltungsmaßnahme für seine beiden Kommissare. Er sitzt bei einem Weißbier auf seiner Terrasse mit Blick auf das Maintal. Seine Frau beschwichtigt ihn, nicht zu streng mit ihnen umzugehen, und erinnert ihn an seine eigenen Fehltritte in alkoholisiertem Zustand. Oberhammer widerspricht, dass das überhaupt nicht miteinander zu vergleichen sei.
    Der Abend war zu schön, um nur eine Minute in einem geschlossenen Raum zu verbringen. Die Sonne senkte sich über dem Käppelesberg und ließ die Festung Marienberg und das Käppele im fürstlichen Glanz erscheinen. Die Straßen vom Main hinauf zur Residenz waren nahezu unbefahren. Wer zu dieser Zeit noch unterwegs war, suchte sich einen Platz bei einem kühlen Bier oder einem trockenen Schoppen auf den Höfen über der Stadt, um den Anbrach des – wie der Wetterbericht versprochen hatte – heißen Wochenendes zu feiern.
    Kilian ließ die Hofstraße hinter sich und überquerte die Straße zum Residenzplatz. Am Frankonia-Brunnen posierten Japaner zum Gruppenbild. Im Hintergrund brach sich das Sonnenlicht golden in den Fensterscheiben des Hauptportals und verwehrte den Blick in die Eingangshalle. Das Spiegelbild zeigte das Neumünster und die Turmspitzen des Domes.
    Er durchschritt das Oegg’sche Tor am Rennweg und fand sich am Eingang zum Hofgarten vor verschlossenen Toren wieder. Durch die Gitter sah er, wie sich vor dem Gartensaal nach Beendigung der Pause die Symphoniker zur Fortsetzung der Probe sammelten. Kilian erblickte neben der Bühne einen Wachmann und rief ihm zu, ans Tor zu kommen.
    »Sind Sie der Herr Kilian?«, fragte der Wachmann.
    Kilian bejahte. Er öffnete ihm und verschloss das Tor wieder, nachdem Kilian eingetreten war.
    »Frau Pelligrini erwartet Sie dort drüben«, sagte er und deutete auf die Rasenfläche hinter dem kleinen Teich. Er lag vis-à-vis der Bühne und des Gartensaales. Auf ihm schwammen weiße und rote Seeanemonen und kleine Teller mit Kerzen, deren Flammen von der Wasseroberfläche reflektiert wurden.
    Kilian ging auf den Teich zu, hinter dem ein Tisch stand, der mit Tellern und Gläsern eingedeckt war. Um ihn herum flackerten kleine Fackeln, die bis zum Wegesrand reichten. Als er den Tisch erreicht hatte, schaute er sich nach Giovanna um, konnte sie aber nirgends erblicken. Er setzte sich auf einen der beiden Stühle und beschloss zu warten.
    Die Gartenfront der Residenz war von den Balkonen aus beleuchtet. Das Licht betonte die Schönheit der barocken Fassade und machte sie herrschaftlicher als bei Tag. Aus dem Kaisersaal drang das warme karamellfarbene Licht der Lüster durch die hohen Fenster und Oberlichter herüber. Kilian bekam eine Vorstellung
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