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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Autoren: Roman Rausch
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unbekleideter Mann aus dem Main gestiegen oder am Straßenrand gesichtet worden war, war bei der PI eingegangen. Kilian schien wie vom Main verschluckt.
    »Ich mach mir Sorgen«, sagte Heinlein zu Claudia.
    »Keine Bange, sie hat ausreichend geübt. Sie wird alle begeistern«, antwortete sie.
    »Ich mein den Kilian.«
    »Wenn er nur die Hälfte von dem ist, wie du ihn mir beschrieben hast, dann sitzt der längst im Flugzeug nach Rom oder Madrid.«
    »Ich weiß nicht. Ich hab ein blödes Gefühl. Ich hab Angst, dass er …«
    Heinlein brach ab. An den spitzförmigen Eiben am Brunnen glaubte er jemanden gesehen zu haben, der so aussah wie Kilian.
    »Geh du schon mal vor«, sagte er zu Claudia und drängte sich an den anstehenden Besuchern und dem Personal vorbei. Der, den er für Kilian hielt, setzte sich auf eine Bank und schaute dem Wasserspiel des Brunnens zu. Heinlein kam näher und erkannte ihn nun. Es war tatsächlich Kilian. Er setzte sich neben ihn auf die Bank. Sie begrüßten sich wortlos mit einem aufmunternden Lächeln. Zusammen betrachteten sie das Wasserspiel. Kilian brach schließlich das Schweigen.
    »Weißt du, genau wie dieser Wasserstrahl komm ich mir vor.«
    »Du meinst aufgesogen und ausgespuckt. Immer und immer wieder.«
    Kilian nickte.
    »Was wirst du jetzt machen?«, fragte Heinlein.
    Kilian zündete ein Zigarillo an und nahm einen tiefen Zug.
    »Keine Ahnung«, sagte er. »Einen saufen gehen, abhauen?«
    »Wie wär’s mit abwarten?«, sagte Heinlein.
    »Was abwarten?«
    »Na, das, was dich bedrückt. Einfach nur abwarten, dass es vorbeigeht.«
    Kilian hielt inne und dachte über Heinleins Worte nach. Abwarten. Vorbeigehen. Es. Was für ein hässliches und dummes Wort das war. Es.
    Der Gong ertönte und rief die Besucher auf, ihre Plätze einzunehmen. Heinlein klopfte Kilian aufmunternd auf die Schulter und stand auf.
    »Ich muss rüber. Kommst du?«
    »Ich bleib noch. Ein bisschen abspannen. Okay?«
    Heinlein stimmte zu und ging los. Auf halbem Weg machte er jedoch kehrt und fragte Kilian: »Was mir nicht aus dem Kopf geht … du hast es die ganze Zeit gewusst.«
    Kilian verstand die Frage nicht: »Was meinst du?«
    »Dass diese Pelligrini hinter allem steckt. Während ich wie ein Schulbub sämtliche Spuren abgeklappert habe, hast du von Anfang an gewusst, dass sie unser Mann ist. Was hat dich auf ihre Fährte gebracht?«
    Kilian blieb die Antwort im Halse stecken. Er schüttelte den Kopf und setzte zu ein paar klärenden Worten an, doch der zweite Gong ließ ihn abbrechen. Er stand auf, legte seinen Arm brüderlich um Heinlein, und zusammen gingen sie zu den reservierten Plätzen, die an dem kleinen Teich lagen, nicht weit von der Bühne, von denen man einen herrlichen Blick auf das Orchester und den Kaisersaal hatte.
    »Weißt du, mein Freund«, sagte Kilian, »wenn ich nur die Hälfte der Fettnäpfe auslassen könnte, die auf meinem Weg liegen, dann müsstest du diese Frage nicht stellen, und ich bräuchte nicht nach einer Antwort zu suchen, die ich nicht habe. Nicht ich war auf der richtigen Spur, sondern du. Wenn du nicht gewesen wärest, dann …« Kilian stockte. Ja, was wäre gewesen, was hätte er ihr gesagt?
    »Dann?«, fragte Heinlein ungeduldig.
    Kilian zuckte mit den Schultern und setzte sich auf seinen Platz, gleich neben Heinlein und Claudia.
    Das Orchester kam aus dem Gartensaal und wurde von über achttausend Gästen willkommen geheißen. Die Musiker nahmen ihre Plätze ein. Vera den ihren, links vom Dirigenten, inmitten der Streicher. Heinlein stupste Kilian an und deutete auf sie.
    »Meine Tochter«, flüsterte er.
    Der Dirigent gab mit dem Taktstock den bevorstehenden Einsatz. Andächtige Stille legte sich über den Hofgarten und seine Gäste. Dann gab er den Einsatz, und die Streicher stimmten das Allegro der ›Kleinen Nachtmusik‹ von Wolfgang Amadeus Mozart an.
    Kilian drehte sich um und sah zu den voll besetzten Rängen hinauf, wo die Kerzen entlang der Balustraden flackerten und wo man sich ganz den Klängen Mozarts hingab. Hinter ihm zeigte sich auf den Rasenflächen das gleiche Bild. Auf mitgebrachten Decken hatte man es sich bequem gemacht, Fackeln brannten, und Gläser luden zum Anstoßen ein. Es herrschte eine feierliche, fast friedfertige Stimmung, die ihn beim Blick hinauf in den Kaisersaal versöhnlich stimmte. Er schloss die Augen und nahm jeden einzelnen Ton in sich auf.
    Das metallische Klacken des schweren schmiedeeisernen Tors am Eingang ließ ihn
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