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Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall

Titel: Tiepolos Fehler: Kommissar Kilians erster Fall
Autoren: Roman Rausch
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fasste eine der beiden Schnüre, die ihr Dekolleté zusammenhielten, und zog es langsam auf. Sie lächelte Kilian auffordernd zu. Er trat ans Bett, legte sich zu ihr und küsste sie. Ihre Hand fuhr ihm durchs Haar, dann auf die Schulter. Sie drehte ihn auf den Rücken, voller Kraft und Entschiedenheit tat sie das. Dann setzte sie sich auf ihn, nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn abermals. Ihr Dekolleté war bis zur Mitte geöffnet, aber der weiße Seidenschal verbarg noch, wonach Kilian die Hände ausstreckte. Giovanna warf ihren Kopf herum und erwartete sehnsüchtig seine Berührung.
    *
    Das stählerne Stemmeisen öffnete das Schloss mit einem kurzen und bestimmten Ruck. Das Einsatzkommando drückte die Tür auf und stürmte in die dunkle Wohnung.
    Wenig später kam die Entwarnung. »Alles sauber. Der Vogel scheint ausgeflogen.«
    Jemand betätigte den Lichtschalter, und eine nackte Glühbirne warf ein grelles Licht in den Korridor. Heinlein trat ein. Mehrere Kleiderständer waren den Korridor entlang aufgereiht. Am Ende war ein kleines Fenster zu sehen, das auf den Hinterhof führte. Er ging hin, öffnete es und schaute hinaus. Bis zum ersten Stock führte eine Feuerwehrleiter, die am Mauerwerk fest verankert war, hinab. Er wandte sich ab und ging an den Kleiderständern vorbei zurück. Sie waren mit Kostümen, Röcken und Blusen prall beladen.
    »Sind ja alles Frauenklamotten«, sagte ein Kollege. »Ich dachte, hier wohnt ein Typ.«
    Heinlein ging, ohne zu antworten, in eines der beiden vom Flur abgehenden Zimmer. Er fand ein tristes Schlafzimmer vor, das ein verknautschtes Bett beherbergte. Die Wände waren mit
    zahllosen Fetzen Papier zugepflastert, die seltsame Gestalten mit Speeren, Krokodilen und breitnasigen Kindern zeigten, die sich um ein Lagerfeuer scharten. Heinlein ging an der Wand entlang, betrachtete flüchtig die Zeichnungen, bis er schließlich auf eine Kommode mit Spiegel stieß. Auf ihr standen und lagen in einem unübersichtlichen Chaos lauter Schminksachen. Am Rande des Spiegels waren Fotos unter den Holzrahmen gesteckt. Er schaltete eine kleine Tischlampe an und beugte sich herunter, um die Fotos genauer zu betrachten.
    Aufnahmen zweier Kinder in einem Boot waren zu erkennen. Sie ähnelten sich wie Zwillinge. Eine andere Aufnahme zeigte einen attraktiven jungen Mann, vielleicht sechzehn Jahre alt. Er stand in der Mitte einer Gruppe, sämtlich ältere Herren, die stolz neben ihm posierten. Im Hintergrund war eine Basilika zu sehen, wie sie Heinlein schon in vielen Reisemagazinen aus Italien oder Spanien gesehen hatte. Darüber ein weiteres Bild der Zwillinge, jetzt vielleicht Mitte zwanzig, Arm in Arm in farbverschmierten Kitteln auf einer Bühne sitzend, gleich unterhalb einer kunstvoll bemalten Decke.
    Eine Frau, zirka Mitte dreißig, in einem Kostüm, mit einem vornehmen Herrn an ihrer Seite schmückte ein Bild, das sofort Heinleins Aufmerksamkeit hervorrief. Die beiden standen auf einem Platz, auf dem Tausende Tauben alles um sie herum in ein Meer aus Flügeln verwandelten. Er kramte in seiner Jacke nach dem Fax, das Pia ihm geschickt hatte, entfaltete es und hielt es neben das Foto.
    »Das ist sie.«
    »Nee, das ist er«, verbesserte ihn ein Kollege, der neben Heinlein stand und auf ein Foto eines jungen Mannes deutete, das ganz unten im Rahmen steckte. Heinlein hielt es dagegen und verglich die Gesichter.
    »Siehste, das isser«, bekräftigte der Kollege sein Urteil.
    Ein zweites Mal verglich Heinlein die beiden Aufnahmen mit seiner Vorlage.
    »Verdammt, wer ist da wer?«, rätselte der vormals so überzeugte Kollege.
    Heinlein rief nach Schneider. »Hast du das Fax von vorhin dabei?«
    »Das italienische?«, antwortete Schneider.
    Heinlein war ungeduldig. »Ja, das italienische. Hast du’s?« Schneider zog es hervor und reichte es ihm.
    »Wer soll denn das lesen können?«
    Schneider ging auf den Gang hinaus und bat einen Kollegen hinzu. »Franz, du bist doch öfters in Italien …«
    »Sì, commissario«, flachste er.
    »Dann kannst du das doch bestimmt entziffern?«
    Franz las konzentriert und runzelte mehrmals angestrengt die Stirn.
    »Ja, was ist jetzt?«, drängte Heinlein. »Was steht da?«
    »Das scheint die Antwort einer italienischen Versicherung auf eine Anfrage ihrer deutschen Filiale zu sein.«
    »Ja, und?«
    »In dem von Ihnen erstellten Zahnschema, das einige Besonderheiten aufweist und … die uns gut bekannt sind … können wir die Person als Contessa
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