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Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag
Autoren: John Baker
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von Geordies Englischstunden ausdrückte -, also, metaphorisch gesehen wurde er von den Füßen gerissen.
    Zuerst mal ging die Tür auf, und da stand Janet. Als geb’s plötzlich keine Barriere mehr, die sie drinnen und ihn draußen hielt. Er stand ihr Auge in Auge gegenüber und glotzte sie mit offenem Mund an. Das alles eben. Dann war da der Katzengeruch, der Geordie nicht vertraut war, denn Sam hatte keine Katze, und Geordie hatte nur Barney, der ja ein Hund war und einen völlig anderen Geruch hatte. Dann war da die Musik, wahrscheinlich von einem Tapedeck oder CD-Spieler, und es war die Stimme von einem dieser Beatles, Geordie erkannte den Song, weil Sam das Album manchmal auflegte. Und das fesselte einen anderen Teil seines Gehirns. Den Teil, der nicht damit beschäftigt war, nach hinten wegzutaumeln, auch nicht mit den Metaphern und dem Katzengeruch und der erstaunlichen Tatsache, daß hier tatsächlich Janet vor ihm stand, auf deren Gesicht sich so was wie Wiedererkennen abzeichnete. Der Typ — also, der Typ von den Beatles — sang gerade «Do You Want to Dance», und er war jetzt an der Stelle, die so geht: Do Ya, Do Ya, Do Ya, Do Ya, wieder und immer wieder, als wär die Platte hängengeblieben oder so, obwohl man genau weiß, sie ist nicht hängengeblieben, denn tatsächlich pusht er die Stimmung auf so was wie einen Höhepunkt zu.
    Und dann war er da, auf dem Höhepunkt, und Geordie wurde rein metaphorisch wieder zurück vor Janets Tür geholt, und der Katzengeruch war einfach nur ein katzenartiger Geruch, nichts, womit er nicht auch fertig werden konnte. Und Janet hatte irgendwas zu ihm gesagt, das er nicht mitbekommen hatte, und jetzt verlagerte sie ihr Gewicht von einem Bein aufs andere und sah ihn an, als hätte er sie nicht alle. Also mußte er fragen: «Ist das John McCartney? Der da singt, meine ich?» Und kaum hatte er es ausgesprochen, da wußte er auch schon, daß es der falsche Name war, er kannte den richtigen Namen von dem Kerl, er fiel ihm im Moment nur nicht ein. Es lag ihm auf der Zunge. Dieser Typ aus Liverpool. Voll berühmt, der Mann.
    Janet warf den Kopf zurück, und Geordie wußte, daß er es geschmissen hatte. «John Lennon», sagte sie. «McCartney hieß mit Vornamen Paul.»
    «Genau. Ich meine diesen John Lennon. Nicht McCartney.» Er sah ihr direkt in die Augen. «War ’n Versprecher.»
    Da war wieder dieses Funkeln in Janets Augen. Vielleicht hatte er doch nicht verloren. «Wir wollten gerade einen Keks essen», sagte sie. «Orchid hat tanzen gelernt.» Geordie hatte keinen Schimmer, was er darauf antworten sollte. Er sah sie an und versuchte, sich was ganz besonders Tiefschürfendes einfallen zu lassen. Irgendwo hinter Janet pfiff ein Wasserkessel. «Ich wollte mir gerade was zu trinken machen», sagte sie. «Wenn du Zeit hast...»
    «Klar», sagte er so tiefschürfend, wie das bei so einem kurzen Wort möglich war. «Oh. Zeit? Ja, Tee, oder Kaffee. Ja. Gern.» Er folgte Janet in das geheimnisvolle Innere ihrer Wohnung. Und sie schleifte ihn in das Zimmer, woher die Musik und das Pfeifen des Kessels kamen und wo sich die Katzen befanden.
    Ein ziemlich intensiver, süßlicher Katzengeruch. Wäre Barney jetzt hier gewesen, hätte er einfach losgejault. Auf einer Sofalehne lag eine schwarze Katze, und eine schwarzweiße strich nun um Janets Beine. Ein Gasofen heizte die Temperatur im Raum ziemlich auf. Sekunden später schwitzte Geordie und fragte sich, ob er seine Jacke ausziehen oder einfach rumstehen und wie ein Schwein vor sich hin tropfen sollte.
    «Da drüben sind Haken», meinte Janet. «Hinter der Tür.»
    «Oh. Ja», machte Geordie. «Haken?»
    «Für deine Jacke», sagte Janet, während sie mit dem Kessel und zwei buntgemusterten Bechern herumhantierte. Geordie erwiderte nichts. Er streifte seine Jacke ab und hängte sie über eine von Janets Strickjacken an einen der Haken. So umarmte seine Jacke ihre Jacke, eine nette Vorstellung. Irgendwie symbolisch.
    Er setzte sich aufs Sofa, ans andere Ende, weit weg von der schwarzen Katze. «Das ist Orchid», sagte Janet. «Sag hallo, Or-chid. Das ist Geordie. Er hat dir das Leben gerettet. Die andere heißt Venus.»
    «Hallo», sagte Geordie schüchtern. Die Katzen ignorierten ihn. Orchid — die schwarze auf der Sofalehne — schaute zur Wand über dem Kamin auf, wo Janet ein großes Poster von John Lennon aufgehängt hatte. Die Katze starrte ein paar Sekunden das Poster an, dann warf sie Geordie einen kurzen Blick zu, als
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