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Tief

Tief

Titel: Tief
Autoren: Mike Croft
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hatte sich unterhalb des verlassenen West Pier eine beachtliche Menschenmenge hufeisenförmig am unteren Teil des Strands aufgestellt. Über ihren Köpfen stieg und fiel ein Wasserstrahl.
    Roddy lief die Promenade entlang, bis er auf gleicher Höhe mit der Menge war, dann ging er hinunter an den Strand. Seine Füße sanken im Kies ein.
    »Der ist aber hässlich, Mami«, hörte er ein kleines Mädchen missbilligend sagen, als er sich durch die Schaulustigen drängte. Roddy lächelte. Das stimmte. Mit ihrer klumpigen, sich abschälenden Haut, den kleinen Augen, dem nach unten gezogenen Maul und den wahrhaft monumentalen Köpfen hätten Pottwale bei einem Schönheitswettbewerb der Meeresbewohner tatsächlich keine Chance gehabt. Dann blieb er stehen – und starrte das Tier an. Ohne seinen Blick von dem Wal abzuwenden, trat er an das orangefarbene Absperrband, an dem ein Polizist stand.
    »Ich bin Roddy Ormond, Dr. Roderick Ormond«, sagte er. »Ein Kollege hat mich sicher bereits angekündigt. Ich bin der Direktor des Instituts für Meeressäugetiere in London, und ich werde die Dinge hier in die Hand nehmen, wenn Sie … äh …«
    Er kramte in seinen Taschen nach seinem Ausweis und reichte ihn dem Polizisten. Der nahm ihn entgegen und murmelte etwas Unverständliches in sein Funkgerät.
    »Jawohl, Sir«, sagte er schließlich. »Dort drüben wartet bereits eine andere Wal-Expertin auf Sie.«
    Roddy riss sich vom Anblick des Wals los und sah eine kleine, drahtige Frau asiatischer Herkunft, etwa vierzig Jahre alt. Sie trug ein hellblaues T-Shirt, dunkelblaue Jeans und grüne Gummistiefel und war in eine ernste Diskussion mit einem Polizeibeamten und einem Feuerwehrmann vertieft. Als Roddy durch den knirschenden Kies auf sie zuging, ertönten Stimmen: »Sir, dürfen wir fragen, wer Sie sind, Sir?« »Sir, möchten Sie einen Kommentar für die Presse abgeben?« Roddy blickte hinter sich und sah drei oder vier Journalisten, die sich am Absperrband drängten. Auch zwei Fernsehteams waren da, und beide Kameras waren auf ihn gerichtet. Angewidert runzelte er die Stirn.
    »Dr. Ormond?«
    »Ja?«, sagte er.
    »Kamala Mohandhas, leitende Tierärztin beim Cetology Conservation Trust.« Lächelnd schüttelte sie ihm die Hand.
    »Oh, Sie sind Kamala Mohandhas, natürlich – wir sind uns schon verschiedentlich auf Konferenzen begegnet.«
    »Ja, genau. Ich war in New York, als Sie diesen Vortrag über die Ölgesellschaften gehalten haben, die gegen die Nordatlantik-Grenze verstoßen.«
    »Ich freue mich, dass Sie hier sind. Die Kampagne des CCT gegen die Aufhebung des Moratoriums über die Jagd auf Wale ist ganz fantastisch.«
    »Nun, Sie beim MMI sind ja auch nicht gerade Schlappschwänze …«
    »Danke!«
    »Okay«, sagte Kamala, »ich möchte Ihnen Superintendent Peter Shires vorstellen …«
    »Hallo.«
    »Hallo.«
    »… von der Polizei in Brighton, und, äh, Entschuldigung, ich habe gar nicht …«
    »Ich bin Feuerwehrmann«, sagte der Feuerwehrmann und deutete grinsend auf seine schwarz-gelbe Uniform. »Jonathan Edgar.«
    »Hi«, sagte Roddy und schüttelte dem Mann die Hand. »Gut, gut. Okay …« Er blickte sich kurz um. »Kann ich davon ausgehen, dass Sie offiziell für das Wohlergehen des Wals verantwortlich sind?«, fragte er. »Soweit ich mich erinnere, muss die Gesamtverantwortung mit der Umweltschutzbehörde der Gemeinde geklärt werden.«
    »Ja, das stimmt«, bestätigte der Superintendent. »Die Beamten von der Umweltbehörde waren bereits hier, und es ist alles in trockenen Tüchern.«
    »Okay. In diesem Fall können wir sofort ein paar Maßnahmen veranlassen. Ich möchte, dass die Menschenmenge sich etwa zehn Meter weiter zurückzieht«, sagte Roddy. »Ich weiß, dass ich dreißig Meter gesagt hatte, aber es ist eine große Menschenmenge und ein großer Wal.«
    »Kein Problem.«
    »Außerdem«, fuhr Roddy fort und wandte sich an den Feuerwehrmann. »John?«
    »Jonathan.«
    »Jonathan, das Wasser …«
    »Ja, die Pumpen sind da drüben«, erklärte er und zeigte hinter die Menschenmenge.
    »Ich möchte, dass sie weiter weg geschafft werden. Viel weiter, sie sind viel zu laut. Ich möchte Frieden und Ruhe für das Tier.«
    »Ich verstehe.«
    Roddy betrachtete das Wasser, das auf den Rücken des Wals lief.
    »Sie können doch wahrscheinlich den, wie heißt das noch mal, die Art ändern, wie das Wasser dort herauskommt?«
    »Wenn Sie wollen, können wir es anders einstellen.«
    »Ich möchte den Wasserstrahl
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