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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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flachgetreten von den Stiefeln der Wachmänner, die da hinuntergegangen und wieder heraufgekommen waren, und von den Füßen der zahllosen Opfer der Inquisition, deren Weg nur nach unten führte. Als sie den Fuß der Treppe erreichten, tönte von irgendwoher ein Schrei. Die Polizisten beobachteten ihn, während er zögerte, offenbar in der Absicht, seine Reaktion einzuschätzen.
Ungläubiger,
verrieten ihre Blicke,
Verbrecher, Außenweltlerabschaum.
    Er starrte zurück und ließ sie an seinen Augen ablesen, was sie erwartete. »Weiter«, sagte er leise. Sie wandten den Blick ab und setzten den Weg ins Innere des Inquisitoriums fort.
    Sie kamen an vielen verschlossenen Türen vorbei, sie hörten Schreie, Stöhnen, Gebete in vielen Sprachen.
Hier
hatte sich die trockene Hitze, die draußen in den Straßen herrschte, in eine nach Schweiß stinkende, fiebrige Schwüle verwandelt. Er merkte, wie ihm selbst der Schweiß ausbrach, und das nicht nur wegen der dumpfigen, brütenden Atmosphäre. Einer seiner Begleiter schloß eine Tür auf, und die Geräusche, die er versucht hatte zu überhören, ließen sich nicht mehr länger ignorieren. Sie führten ihn durch das dahinter liegende Gewölbe.
    Er blickte weder nach rechts noch nach links, sondern starrte seinem Vordermann eisern auf den Rücken. Doch aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie ein nackter, blutüberströmter Körper an Ketten hing, daneben stand der Inquisitor, der sich über die Störung ärgerte. Eine Ansammlung von Folterinstrumenten, die von den primitivsten bis zu den raffiniertesten reichte. In diesem Gewerbe veraltete nie etwas. Der Gestank nach Kot, Blut und verbranntem Fleisch, die Hitze, das Geschrei überwältigten ihn ... In seinem Kopf begann es zu rauschen, und sein Blick wurde verschwommen; er fluchte leise, zwang sich zum Meditieren und riß sich zusammen. Endlich war der Raum durchquert.
    Sie gelangten in einen anderen Gang, an dessen Ende wiederum eine Kammer lag: dieses Mal ein Laboratorium.
    Plötzlich wurde die Luft überraschend kühl. Hier mußten sich die Forschungseinrichtungen der Regierung befinden, über die so viele Gerüchte kursierten. Kein Wunder, daß bis jetzt niemand ihren Standort herausgefunden hatte. Er atmete tief durch, während Irduz, der Hohepriester des Westlichen Kontinents, sich ihm zur Begrüßung näherte. Da Irduz höchstpersönlich hier war, mußte das Problem größer sein, als er angenommen hatte.
    »Gelobt sei Shibah, daß du so schnell gekommen bist.«
    Hastig ließ er die Hand los, die Irduz ihm gereicht hatte. Für den Hohepriester mußte eine Menge auf dem Spiel stehen, wenn er sich dazu herabließ, einen Ungläubigen wie einen Freund zu berühren. »Was ist passiert?« fragte der Schmied mit rauher Stimme.
    Irduz trat einen Schritt zurück. »Das da«, sagte er und deutete mit der Hand. Hinter ihm standen ein halbes Dutzend Männer in Laborkitteln, einige waren Ondineaner, die anderen nicht. »Unsere Forscher versuchten, einen Reproduktions-Prozeß in Gang zu setzen. Irgend etwas ging schief.«
    Die Forscher machten Platz, als der Schmied nach vorn ging. Erschrocken blieb er stehen. Hinter der elektromagnetischen Schranke eines Schutzschildes befand sich eine brodelnde Masse aus einem glitzernden, wolkenartigen Stoff. Er prüfte die Anzeigetafeln an der Wand, und just in diesem Augenblick erreichte ein weiteres System den kritischen Punkt; rote Warnsignale blitzten auf.
    »Was, zum Teufel ...?« knurrte er. Er wandte sich an das Forschungsteam. »Was ist das?«
    Die Männer tauschten Blicke und sahen den Hohepriester nervös an. »Wir versuchten, einen Reproduktions-Prozeß in die Wege zu leiten, um Kohlenstoff in Diamant zu verwandeln, der dann als Baumaterial ...«
    Er lachte zynisch. »Bei den Göttern!« Er sah Irduz an, dessen offenkundige Besorgnis nach dieser Blasphemie in unterdrückte Wut umschlug. »Vielleicht billigen Shibah und der Heilige Calavre diese unnatürlichen Methoden nicht.«
    »Für den neuen Tempel benötigen wir ein Material, das sowohl durchsichtig als auch extrem hart ist; eine Beschichtung aus Diamanten genügt nicht. Der Allerheiligste weiß, daß alles, was an diesem Ort geschieht, nur der Verherrlichung seines Namens dient«, schnauzte Irduz, wobei seine schwere Robe metallisch rasselte.
    Der Schmied blickte bedeutungsvoll zur Tür, hinter der die Folterkammer lag, die er gerade durchquert hatte, und lächelte verkniffen. »Warum verschwindet ihr nicht einfach von hier und
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