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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte
Autoren: Jasper Fforde
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London. Es war Sommer, und nach den winterlichen Wetterbedingungen zu Hause roch die Luft süß und warm. Ich stand auf einem breiten, hölzernen Landesteg vor einem großen, altertümlichen Flugboot, wie sie bei uns noch gelegentlich auf den Küstenstrecken eingesetzt werden. Erst vor einigen Monaten war ich selbst noch in so einer Kiste geflogen, als ich jemanden aufsuchen sollte, der behauptete, einige unveröffentlichte Burns-Gedichte gefunden zu haben. Aber das war in einem anderen Leben, als ich noch für SpecOps in Swindon arbeitete, in einer Welt, die ich fürs Erste hinter mir gelassen hatte.
    Ich setzte eine dunkle Sonnenbrille auf und betrachtete das Flugboot, das leicht im Wellengang schaukelte und an den Haltleinen zog. Ich fragte mich gerade, wie lange es der alte Kahn wohl noch machen würde, als eine junge Frau mit einem Reisekoffer aus der Kabinentür trat. Ich hatte
Caversham Heights
bereits einmal kurz überflogen, daher kannte ich Mary schon.
    »Guten Tag!« sagte sie, kam die Gangway herauf und schüttelte mir die Hand. »Ich bin Mary. Sie sind wahrscheinlich Thursday, nicht wahr? Ach, du meine Güte, was ist denn das?«
    »Ein Dodo. Ihr Name ist Pickwick.«
    Pickwick
plockte
und starrte Mary misstrauisch an.
    »Wirklich?« sagte Mary. »Ich bin natürlich keine Expertin, aber ... ich dachte, Dodos wären ausgestorben?«
    »Da, wo ich herkomme, sind sie als Haustiere ziemlich beliebt. Fast schon ein bisschen lästig.«
    »Ach. Von einem Buch mit
lebendigen
Dodos drin hab' ich noch nie gehört, glaub' ich.«
    »Ich bin auch keine Romanfigur«, sagte ich, »sondern wirklich.«
    »Ach!« sagte Mary mit weit aufgerissenen Augen. »Eine
Außenländerin
\2« Sie berührte mich neugierig mit ihrem schlanken Zeigefinger. »Ich habe noch nie mit jemandem von der anderen Seite zu tun gehabt«, sagte sie und schien erleichtert, als ich bei der Berührung nicht in tausend Stücke zersprang. »Sagen Sie, stimmt das eigentlich, dass Sie sich regelmäßig
die Haare schneiden
müssen? Ich meine, wachsen Ihre Haare tatsächlich?«
    »Ja«, lächelte ich. »Und meine Fingernägel auch.«
    »Wirklich?« murmelte Mary. »Ich habe Gerüchte darüber gehört, aber ich dachte, es wäre bloß eine dieser außenländischen Legenden. Ich vermute, dann müssen Sie auch essen, damit Sie am Leben bleiben, nicht wahr? Nicht bloß, wenn es die Geschichte verlangt, oder?«
    »Es ist eine der größten Freuden im Leben«, erklärte ich ihr. Ich hatte nicht die Absicht, ihr von den Nachteilen des wirklichen Lebens wie Karies, Inkontinenz oder Altersdemenz zu erzählen. Mary lebte in einem Zeitfenster von etwa drei Jahren, sie würde nie heiraten oder Kinder kriegen, sie alterte nicht, sie musste nicht sterben, sie wurde nie krank, sie veränderte sich überhaupt nicht. Dass sie resolut und stark erschien, lag nur daran, dass sie so
geschrieben
war. Trotz all ihrer Qualitäten war Mary bloß eine Kontrastfigur zu Jack Spratt, dem Privatdetektiv in
Caversham Heights
, die loyale Zuhörerin, der Jack alles erklärte, was der Leser wissen musste. Sie war das, was der Schriftsteller eine
Expositionshilfe
nennt, aber ich wäre nie so unhöflich gewesen, ihr das zu sagen.
    »Ist das mein neues Zuhause?« Ich zeigte auf das zerschrammte Flugboot.
    »Ich weiß, was Sie denken«, sagte Mary voll Stolz. »Ist es nicht wunderbar? Eine Short Sunderland, 1943 gebaut und zuletzt im Jahr 1968 geflogen. Ich bin gerade dabei, sie zum Hausboot umzubauen, und Sie können gern dabei helfen. Vor allem müssen die Bilgen ständig gelenzt werden, und wenn Sie einmal im Monat den Motor Nummer drei laufen ließen, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Die Checkliste für den Start liegt auf dem Flugdeck.«
    »Äh - ja, natürlich!« stammelte ich.
    »Gut. Ich habe eine kurze Inhaltsangabe der Geschichte an den Kühlschrank geklebt, aber machen Sie sich keine Sorgen, da wir bisher nicht gedruckt sind, können Sie so ziemlich tun, was Sie wollen. Wenn es im Rahmen bleibt, meine ich.«
    »Ja, natürlich.«
    Ich dachte einen Augenblick nach.
    »Ich bin ziemlich neu bei diesem Austauschprogramm«, sagte ich. »Wann wird man mich denn zur Teilnahme an der Handlung auffordern?«
    »Der Austauschbeauftragte in diesem Buch ist Wyatt, der sagt Ihnen Bescheid. Jack Spratt wirkt am Anfang immer ein bisschen mürrisch, aber machen Sie sich deshalb keine Sorgen, er hat ein goldenes Herz. Wenn Sie seinen Austin Allegro fahren, müssen Sie die Kupplung fest durchtreten, ehe Sie
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