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Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Titel: Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
Autoren: Jasper Fforde
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ungeschickt zu einem Knoten geschlungen. Trotz allem war zu erkennen, dass sie einmal schön gewesen sein musste; ihre Augen waren fröhlich und hell, ihr Mund geschwungen und ihre Haltung entschlossen.
    »Was tust du hier?« fragte sie.
    »Das ist das Haus meiner Mutter.«
    »Ah!« sagte sie, und ihre Lippen deuteten ein Lächeln an. »Dann bist du also Thursday.«
    Sie schob die Pistole in ein Holster, dass sie unter mehreren Lagen Tüll und Brokat an ihrem Oberschenkel versteckt hatte, und suchte in den Küchenschränken herum. »Weißt du, wo deine Mutter den Schnaps hat?«
    »Wie wär's, wenn Sie mir mal sagen, wer Sie eigentlich sind?« sagte ich und meine Augen glitten zum Messerblock. Es konnte sicher nicht schaden, eine Waffe zu haben.
    Die Frau gab mir keine Antwort, zumindest nicht auf die Frage, die ich gestellt hatte. »Dein Vater hat mir gesagt, Lavoisier hat deinen Ehemann genichtet?«
    Ich unterbrach meine Seitwärtsbewegung zu den Tranchiermessern. »Sie kennen meinen Vater?« sagte ich überrascht.
    »Ich hasse diesen Ausdruck genichtet«, erklärte sie bitter, während sie vergeblich unter den Obstkonserven nach etwas Alkoholischem suchte. »Mord ist das, Thursday - nicht mehr und nicht weniger. Meinen Mann haben sie ebenfalls umgebracht, auch wenn es drei Anläufe gebraucht hat.«
    »Wer?«
    »Lavoisier und die französischen Revisionisten.« Sie schlug mit der Faust auf den Küchentisch und drehte sich zu mir um »Hast du noch Erinnerungen an deinen Mann?«
    »Ja.«
    »Ich auch«, seufzte sie. »Ich wünschte bei Gott, ich hätte keine, aber so ist es nicht. Ich habe jede Menge Erinnerungen an Dinge, die hätten sein können. Ich weiß um den Verlust. Das ist das Schlimmste daran.«
    Sie öffnete einen weiteren Küchenschrank, fand aber nur weitere Einmachgläser mit Erbeeren, Birnen und Bohnen.
    »Soweit ich gehört habe, war dein Ehemann kaum zwei Jahre alt - meiner war siebenundvierzig. Vielleicht denkst du, das wäre besser, aber so ist es nicht. Seine Scheidung wurde im Sommer nach Trafalgar genehmigt, wir haben sofort geheiratet und es folgten neun glorreiche Jahre als Lady Nelson. Und dann wachte ich eines Tages in Calais auf und war eine versoffene, hoch verschuldete Schlampe, deren große Liebe zehn Jahre zuvor auf dem Achterdeck der Victory von einem französischen Scharfschützen abgeknallt worden war.«
    »Jetzt weiß ich, wer Sie sind«, sagte ich. »Sie sind Emma Hamilton.«
    »Ich war Emma Hamilton«, sagte sie traurig. »Jetzt bin ich eine bankrotte Zeitflüchtige mit schlechtem Ruf, ohne Ehemann und einem Durst so groß wie die Gobi.«
    »Aber Sie haben immer noch Ihre Tochter.«
    »Ja«, stöhnte sie, »aber dass ich ihre Mutter bin, hab ich ihr nie gesagt.«
    »Versuchen Sie es mal im hintersten Schränkchen.«
    Sie ging an der Theke entlang, wühlte noch ein bisschen herum und fand schließlich den Sherry, den meine Mutter zum Kochen benutzte. Sie goss sich eine üppige Portion in eine Teetasse. Ich betrachtete die verbitterte, müde Frau und fragte mich, ob ich auch so enden würde.
    »Mit Lavoisier werden wir schon noch fertig«, murmelte Lady Hamilton und kippte den Koch-Sherry runter. »Das kann ich dir versprechen.«
    »Wir?« fragte ich vorsichtig.
    Sie warf mir einen Blick zu und goss sich einen weiteren, auch nach den Maßstäben meiner Mutter großen Schluck ein.
    »Na, ich und dein Vater natürlich.«
    Ich seufzte. Offenbar wusste sie noch nicht, was passiert war. »Genau darüber wollte ich mit meiner Mutter sprechen. Deshalb bin ich hier.«
    »Worüber wolltest du mit mir sprechen?«
    Das war meine Mutter, die gerade zur Tür hereinkam. Sie trug einen gesteppten Morgenmantel, und ihre Haare standen wirr nach allen Seiten. Wenn man bedenkt, wie misstrauisch sie gegenüber Emma Hamilton war, schien sie sehr unbefangen und freundlich. Sie wünschte ihr sogar einen guten Morgen, nahm allerdings den Sherry rasch von der Theke und stellte ihn wieder ins Schränkchen.
    »Na, du bist ja früh dran«, zwitscherte sie. »Kannst du vielleicht DH-82 nachher zum Tierarzt fahren? Das Geschwür an seinem Hintern muss noch mal drainiert werden.«
    »Ich hab so einiges zu tun, Mum.«
    »Ah«, sagte sie, als sie den Ernst in meiner Stimme erkannte. »Warst du an dieser Geschichte in Vole Towers beteiligt?«
    »Das auch. Aber eigentlich bin ich gekommen, um dir zu sagen, dass -«
    »Ja?«
    »Also, Dad hat - Dad war - Dad ist -«
    Meine Mutter sah mich fragend an, und im gleichen
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