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Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Titel: Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
Autoren: Jasper Fforde
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Du, deine Mutter, Seve, Louis Armstrong, die Nolan Sisters - ach, übrigens, hast du Karten gekriegt?«
    »In der dritten Reihe - aber wie es aussieht, wirst du sie womöglich gar nicht mehr brauchen?«
    »Ach, das kann man nie wissen«, murmelte er. »Die sollen meine Karte an der Abendkasse für mich zurücklegen, ja?«
    »Aber, Daddy, es muss doch etwas geben, was wir für dich tun können!«
    »Nein, mein Schatz. Ich werde mich wohl bald dünn machen. Der Große Sprung nach vom, sozusagen. Die Frage ist nur, wohin? War da irgendwas in der Supertraumsoße, was nicht hineingehört?«
    »Chlorophyll.«
    Er lächelte und schnupperte an der Nelke in seinem Knopfloch. »Ja, das dachte ich mir. Es ist eigentlich alles ganz einfach - und äußerst genial. Chlorophyll ist der Schlüssel - au!«
    Ich warf einen Blick auf seine Hand, wo sich Haut und Fleisch zu drehen begannen, als die aufgetauten Nanomaschinen ihre Arbeit begannen und sich mit wachsender Geschwindigkeit in ihn hineinfraßen.
    Ich starrte ihn an. Hunderte von Fragen fielen mir ein, die ich ihm noch stellen wollte, aber ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte.
    »Ich gehe jetzt drei Milliarden Jahre zurück, Thursday, als es auf unserem Planeten noch kein Leben gab. Als er noch auf jenes Wunder wartete, das, soweit wir wissen, noch nirgendwo sonst im Universum geschehen ist: die Photosynthese. Eine sauerstoffreiche Atmosphäre, meine kleine Kichererbse - die ideale Voraussetzung für eine Biosphäre in statu nascendi.«
    Er lachte.
    »Schon merkwürdig, wie sich die Dinge entwickeln, nicht wahr? Alles Leben auf der Erde ist also aus den organischen Bestandteilen in der Supertraumsoße entstanden, aus Kohlehydraten und Eiweiß.«
    »Und aus deiner Nelke und dir.«
    Er lächelte. »Ja. Aus mir. Ich dachte, das wäre womöglich das Ende. Das große Finale. Aber in Wirklichkeit ist es der Anfang. Und der bin ich. Ausgerechnet. Macht einen irgendwie - demü- üg.«
    Er streichelte mit seiner unversehrten Hand mein Gesicht und küsste mich auf die Wange. »Nicht weinen, mein Schatz. So geht's halt. So ist es immer gegangen und so wird's immer gehen. Nimm dir meinen Chrono-Graphen, den werde ich nicht mehr brauchen.«
    Während ein immer stärker werdender Erdbeergeruch das Labor erfüllte, löste ich das Armband von seiner Hand. Daddys andere Hand hatte sich inzwischen fast völlig in Pudding verwandelt. Es war höchste Zeit, dass er sich auf den Weg machte, und das wusste er auch.
    »Leb wohl, Thursday. Ich hätte mir keine bessere Tochter wünschen können.«
    Ich versuchte, meine Fassung zurückzugewinnen. Ich wollte nicht, dass seine letzte Erinnerung an mich ein Häufchen Elend war, das hemmungslos heulte. Ich wollte ihm zeigen, dass ich genauso stark sein konnte wie er. Ich schürzte meine Lippen und wischte die Tränen aus meinem Gesicht. »Leb wohl, Daddy.«
    Er zwinkerte mir zu. »Nun, die Zeit wartet auf niemanden, wie wir sagen.«
    Er lächelte noch einmal, dann fiel er in sich zusammen und wurde zu einem schwarzen, immer kleiner werdenden Punkt. Es war, als ob Wasser in einem Abfluss versickert. Ich spürte einen erheblichen Sog, und um nicht in das Ereignis hineingezogen zu werden, machte ich schnell einen Schritt rückwärts, als mein Vater schließlich mit einem sanften Plopp! in der Tiefe der Jahrmillionen verschwand. Dennoch war ich nicht schnell genug: Ein letztes Zucken des von meinem Vater erzeugten Kraftfelds riss mir einen Knopf von der Bluse. Er sprang über den Boden und verschwand in den letzten Wellen des Zeitstrudels. Auch danach schien die Luft noch für ein paar Augenblicke zu zittern, ehe alles wieder in jenen Zustand zurückkehrte, den wir Normalität nennen.
    Mein Vater war weg.
     
    Am Abend saß ich im Konzert der Nolan Sisters mit einem leeren Sitz neben mir und starrte zum Eingang, um zu sehen, ob er vielleicht doch kommen würden. Als die Musik begann, hörte ich kaum etwas davon mit Bewusstsein - in Gedanken saß ich auf einem verlassenen Vorgebirge auf einem Planeten ohne jegliches Leben, während ein Mann, der einmal mein Vater gewesen war, sich in seine chemischen Bestandteile auflöste. Dann dachte ich an die Eiweiße, die sich gewaltig vermehrt und entwickelt haben würden und jetzt auf die Atmosphäre einwirken konnten. Sie ließen Sauerstoff entstehen und Wasserstoff mit Kohlendioxid verschmelzen. Innerhalb von wenigen hundert Millionen Jahren würde es reichlich freien Sauerstoff geben, und das aerobische Leben konnte
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