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Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre
Autoren: Jasper Fforde
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Traummann zu begegnen, der sie ehelichte und von dessen Geld sie leben konnte, zerschlug sich immer wieder, weil ihr Traummann entweder trank, log oder schon vergeben war.
    Wie gesagt, hatte mein Vater ein Gesicht, das eine Uhr stoppen konnte; und genau das tat es denn auch, als ich eines schönen Frühlingsmorgens in einem kleinen Café unweit meiner Arbeitsstelle saß und ein Sandwich vertilgte. Die Welt flackerte, bebte kurz und blieb stehen. Der Besitzer des Cafés erstarrte mitten im Satz, und das Bild auf dem Fernsehschirm gefror. Vögel hingen bewegungslos am Himmel. Autos und Straßenbahnen hielten schlagartig an, und ein in einen Unfall verwickelter Radfahrer hing mit angstverzerrter Miene einen guten halben Meter über dem Asphalt in der Luft. Auch die Geräusche brachen ab; an ihre Stelle trat die matte Momentaufnahme eines anhaltenden Summtons, der mit gleichbleibender Lautstärke die Welt füllte.
    »Na, wie geht es meiner hinreißenden Tochter?«
    Ich drehte mich um. Mein Vater saß an einem Tisch und stand auf, um mich liebevoll zu umarmen.
    »Gut«, antwortete ich und drückte ihn. »Wie geht es meinem Lieblingsvater?«
    »Ich kann nicht klagen. Die Zeit ist eine
hervorragende
Ärztin.«
    Ich starrte ihn einen Moment lang an.
    »Weißt du, was?« murmelte ich. »Ich habe den Eindruck, du wirst von Mal zu Mal jünger.«
    »Werde ich auch. Irgendwelche Enkelkinder in Aussicht?«
    »Bei meinem Lebenswandel? Nie und nimmer.«
    Mein Vater zog lächelnd eine Augenbraue hoch. »Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher.« Er reichte mir eine Woolworth-Plastiktüte.
    »Ich war neulich in ’78«, verkündete er, »und habe dir was mitgebracht.«
    Die Tüte enthielt eine Beatles-Single. Der Titel sagte mir nichts.
    »Haben die sich nicht schon 1970 aufgelöst?«
    »Nicht immer. Was macht die Kunst?«
    »Nichts Besonderes. Echtheitszertifikate, Urheberrechtsverstöße, Diebstahl …«
    »… immer derselbe Mist, ja?«
    »Ja.« Ich nickte. »Immer derselbe Mist. Was führt dich her?«
    »Ich habe deine Mutter in drei Wochen besucht«, antwortete er mit einem Blick auf den großen Chronographen an seinem Handgelenk.
    »Aus den – ähem – üblichen Gründen. Nächste Woche will sie das Schlafzimmer mauve streichen – würdest du bitte mit ihr sprechen und ihr das ausreden? Die Farbe paßt nicht zu den Vorhängen.«
    »Wie geht’s ihr?«
    Er seufzte schwer.
    »Bestens, wie immer. Mycroft und Polly lassen auch schön grüßen.«
    Polly und Mycroft waren meine Tante und mein Onkel; ich liebte sie sehr, obwohl sie den einen oder anderen Sprung in der Schüssel hatten. Besonders Mycroft fehlte mir. Ich war schon seit Jahren nicht mehr zu Hause gewesen.
    »Deine Mutter und ich würden uns freuen, wenn du mal wieder vorbeikämst. Sie findet, du nimmst deine Arbeit zu ernst.«
    »Das mußt
du
gerade sagen, Dad.«
    »Autsch, das hat gesessen. Wie steht’s mit deinen Geschichtskenntnissen?«
    »Es geht.«
    »Weißt du, wie der Herzog von Wellington starb?«
    »Logisch«, antwortete ich. »Er wurde gleich zu Beginn der Schlacht von Waterloo erschossen. Von einem französischen Scharfschützen. Warum fragst du?«
    »Ach, nur so«, brummte mein Vater mit Unschuldsmiene und kritzelte etwas in sein Notizbuch. Er zögerte einen Moment.
    »Dann hat Napoleon die Schlacht also
gewonnen
?« fragte er zweifelnd.
    »Unsinn«, widersprach ich. »Feldmarschall Blücher hat rechtzeitig eingegriffen und den Karren aus dem Dreck gezogen.« Ich kniff die Augen zusammen. »Das ist Stoff der achten Klasse, Dad. Worauf willst du hinaus?«
    »Also, das ist doch ein merkwürdiger Zufall, findest du nicht?«
    »Was?«
    »Daß sowohl Nelson als auch Wellington, zwei große englische Nationalhelden, gleich zu Anfang ihrer bedeutendsten und entscheidendsten Schlachten erschossen worden sein sollen.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Daß wieder mal französische Revisionisten dahinterstecken könnten.«
    »Aber es hat am Ausgang der beiden Schlachten doch gar nichts geändert«, beteuerte ich. »Wir haben beide Male gewonnen!«
    »Davon, daß sie ihr Handwerk tatsächlich verstehen, habe ich nichts gesagt.«
    »Das ist doch lächerlich!« sagte ich. »Am Ende willst du mir noch weismachen, daß dieselben Revisionisten 1066 König Harold ermorden ließen, um die Invasion durch die Normannen zu unterstützen?«
    Aber Dad lachte nicht. Statt dessen fragte er erstaunt: »Harold?
    Ermordet? Wieso?«
    »Ein Pfeil, Dad. Ins Auge.«
    »Ein
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