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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose
Autoren: Markus Kastenholz
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leer stehende Fabrikhalle, in der sie sich tagsüber versteckten. Doch Heiko hat mich unterschätzt. Ich war trotz allem halt immer noch seine kleine, doofe Schwester. Als er es tun wollte, hab ich instinktiv das Richtige getan, hab das Nächstbeste gepackt, was mir in die Hände kam und einer Waffe ähnelte. Es war die Replik eines Obelisken auf Mutters Wohnzimmerschrank. Ziemlich effektiv, wenn man es jemandem direkt ins Herz stößt. Ich hatte keine Ahnung, dass Heiko zum Vampir geworden war, das hab ich erst später herausgefunden. Aber genauso wie ich’s in einem Vampir-Film gesehen hatte, hab ich das Ding eingesetzt. Mit mehr Glück als Verstand. Er ist gestorben. Nicht einfach so. Er hat Feuer gefangen, um sich geschlagen und geschrien wie am Spieß. Binnen zwanzig Sekunden war er nur noch Asche.“
    „Grauenhaft!“ Für mehr fehlte dem Pfarrer die Kraft.
    „Ein elfjähriges Mädchen war damit natürlich überfordert. Vampire - ich bitte Sie! Die gibt’s doch gar nicht. – Schauen Sie nicht so: Sie glauben selbst nicht dran!“
    Keine Antwort. Nur Schweigen.
    „In meiner Not bin ich zu Andreas Eltern. Armin, ihr Vater, war beim BKA, Bundeskriminalamt. Dort bin ich hin. Klar, auch er hat zunächst gedacht, ich würde spinnen. Doch dann hat er das viele Blut an meinem Kleid entdeckt und ist mitgekommen. Als er dann alles sah ...“ Vielsagend winkte sie ab. „Er ist ein logisch denkender Mensch. Trotzdem hat er instinktiv begriffen, das war nicht das Werk eines Mörders, nicht einmal das eines Amokläufers. Er wusste auch nicht weiter und hat deshalb Onkel Werner angerufen. Onkel Werner war Mutters Bruder und Kaplan. Hatte nur zwei Ortschaften weiter seine Gemeinde. Auch er dachte anfangs, wir würden phantasieren, trotzdem war er ein paar Minuten später da. Ohne groß zu fragen, er war einfach da, wenn man ihn brauchte. Bewundernswert. Und als er das Fiasko begutachtete, schien er sogar zu befürchten, was hier geschehen war, er hat sich schon früher viel mit Okkultismus und Mystik beschäftigt.“
    „Er wusste also Bescheid.“
    „Freilich hatte er von Vampiren keine Ahnung. Nur das, was man so nebenbei hört, liest und in Filmen sieht. Eigentlich vermutete er dahinter eine Teufelssekte. Wie auch immer, er rief einen Bischof an, mit dem er schon zu tun hatte, um zu fragen. Der wiederum wusste mehr und informierte umgehend den Vatikan.“
    Die Augen des Pfarrers schienen nicht nur merklich größer zu werden, sie sprühten auch geradezu vor Skepsis.
    „Nach sechs Stunden tauchten bei uns drei Schwarzkittel auf, und besonders ihr Anführer sah ganz und gar nicht wie ein Priester aus. Eher wie ein Soldat. Fast wie man sich einen modernen Kreuzritter vorstellen würde. Überall Narben, halbe rechte Ohr fehlte ihm. Und er besaß auch kein Kruzifix, sondern eine Maschinenpistole: Bruder Magnus von den Franziskanern.“
    „Man war auf einen solchen Fall vorbereitet?“
    „Es war beileibe nicht das erste Mal. Auch seine beiden Begleiter waren Franziskaner. Knappen, um genau zu sein. Kriegermönche, in Tradition der Tempelritter.“ Sie schickte ein Seufzen hinaus. „Heute weiß ich, für Magnus war dieser Fall fast Routine. Mit knappen Worten habe ich ihnen meine Geschichte erzählt, und sie haben sie geglaubt. Wort für Wort. Dann haben sie uns aufgeklärt, was geschehen war. Man müsse um jeden Preis vertuschen, wer das angerichtet hatte. Kurzerhand haben sie bei unserem Haus eine Gasexplosion vorgetäuscht, sämtliche Leichen wurden bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Keine Spuren.“
    „Aber man hat doch ...“ - Pfarrer Wiesner schluckte - „ ... keine Überreste gefunden. Jedenfalls nicht von Ihrem Bruder.“
    „Oh doch, hat man. Magnus hat aus einem Krematorium die Leiche eines halbwüchsigen Mannes besorgt und darin deponiert. Etwa von Heikos Gestalt. Vor allem aber gelang es ihm, Andreas Vater davon zu überzeugen, still zu halten, und das war wirklich alles andere als einfach. Glausnitz war ja sozusagen vom Fach, er hat seine Kollegen beruhigt und zurückgehalten, soweit das möglich war. Und der Rest wurde hinter den Kulissen irgendwie geregelt. Wie gesagt: Keine Spuren, alles weg.“
    „Und was war mit den Spuren in Ihnen?“
    „Die trag’ ich immer noch mit mir rum“, nuschelte sie fast unverständlich, als wolle sie um nichts in der Welt Schwäche zeigen. „Das meiste habe ich bewältigt, irgendwie. Wenigstens bilde ich’s mir ein. Klar, die Bilder sind immer noch da, und fragen
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