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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose
Autoren: Markus Kastenholz
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Sie seufzte. „Es ist schon komisch. Klar, ich kenne viele Berichte über Stigmata. Man hat Jesus die Nägel bestimmt nicht in die Handflächen getrieben, wie es auf Bildern und Kruzifixen dargestellt wird. Durch sein Körpergewicht wären die Nägel ausgerissen. Die Römer haben bei Kreuzigungen durch die Handgelenksknochen geschlagen. Stigmatisierte bilden sich das nur ein, hab ich früher gedacht, sind einem religiösen Wahn verfallen. Deshalb haben sie ihre Wundmale auch in der Hand und eben nicht im Gelenk ...“ Erneutes Seufzen. „Okay, zugegeben, ich bin wohl wirklich so was wie eine Kreuzritterin. Trotzdem bin ich längst nicht so religiös, wie man annehmen sollte.“
    „Ist mir bereits aufgefallen.“
    „Ausgerechnet mir muss das passieren ...“ Kopfschüttelnd streifte sie sich die Handschuhe wieder über, vergewisserte sich, dass die Straße hinter ihnen frei war, dann beschleunigte sie erneut.
    „Sie sind an Magnus’ Stelle gerückt?“
    „Inzwischen ja. Mehr oder weniger. Nur, dass ich ohne Knappen arbeite. Ich bin nun mal Einzelgängerin, Teamarbeit liegt mir nicht. Außerdem schützt mich das hier.“ Sie zeigte ihm die nunmehr bedeckte rechte Handfläche.
    „Es macht Sie immun?“ Noch immer weigerte er sich beharrlich, den Ausdruck „Vampir“ in den Mund zu nehmen.
    „Fragen Sie mich nicht, warum, aber mein Blut widert sie an. Einer von der stinkenden Brut hat’s mal geschafft, mich zu beißen, wollte es wohl drauf ankommen lassen. Mein Blut hat auf ihn fast wie Säure gewirkt, hat ihn verätzt. Und komischerweise habe ich mich hinterher auch nicht verwandelt.“
    „Vampire können Ihnen also nichts anhaben.“
    „Sie können mich erschießen, erstechen, vergiften, zerstückeln, überfahren, erhängen und tausend anderes unangenehmes mehr. Sie können mich sogar gefangen nehmen, vergewaltigen und zwingen, eines ihrer Kinder auszutragen. Aber nein - sie können mich nicht zu einer von ihnen machen.“
    „Es scheint, als sei Ihr Blut ... christlich?“
    Fragend schielte sie ihn von der Seite an.
    „Ich meine ... Vampire sind doch allergisch gegen Kreuze und Weihwasser.“
    „Schön wär’s“, knurrte sie. „Die lachen Sie nur aus, wenn Sie ihnen ein Kruzifix vor die Nase halten. Selbst wenn Sie daran glauben, wirkt es nicht. Dann packen sie Sie, beißen Ihnen in den Arsch, und 24 Stunden später blasen Sie Ihrem Meister einen und freuen sich, dass Sie das dürfen.“
    „Aber ...“
    „Ja, ja, in Filmen funktioniert das. In Filmen wird der arme Bauernjunge auch zum Helden und kriegt die Prinzessin samt dem halben Königreich. Aber leider sind wir nicht im Film. Vampire altern nicht und sind unglaublich stark und flink. Und Rotauge, der war fast schneller als ein Gedanke. Sie haben eine verdammte Selbstheilungskraft, deshalb werden sie nie krank. Wenn man ihr Herz nicht vollständig zerstört, bringt sie das zwar nicht um, aber es hält sie auf. Man kann sie auch ans Sonnenlicht zerren, dann verbrennen sie. Empfehlenswert ist auch Köpfen.“
    „Ich sehe, Sie haben Pistolen ...“
    „Tötet sie nicht, doch es hält sie auf. 1988 hat ein Trupp der US-Army einen Vampir erschossen. 516 Kugeln hat man auf ihn abgefeuert. Die 517. hat endlich seinen verfluchten Schädel vom Körper getrennt. Ich nehme Dumdum-Geschosse. Nicht wegen des eingeritzten Kreuzes, sondern ihrer Durchschlagskraft. Außerdem sind sie von Silber ummantelt. Aber das ist mehr eine Marotte und nützt höchstens gegen Mondvampire, doch die halten meist still.“
    Am liebsten hätte sich Pfarrer Wiesner erkundigt, was „Mondvampire“ waren - er verkniff es sich. Ohnehin kam er sich in seiner Rolle als Stichwortgeber keineswegs wohl vor. Er bekam Dinge zu hören, die er niemals erfahren wollte. Andererseits: Wenn nicht jemand wie er dazu prädestiniert war, einfach nur zuzuhören, wenn sich jemand sein Leid von der Seele sprechen wollte, so hätte er seinen Beruf vermutlich verfehlt.
    Thorn bemerkte seine Frage, wahrscheinlich hatte sie sie mit ihrer Bemerkung sogar provoziert:
    „Es gibt mehrere Sorten Vampire“, erläuterte sie. „Mondvampire, wie gesagt, Lamier, Onis und einige mehr. Aber die gefährlichsten sind und bleiben die Meister und ihre Sucker.“ Erneutes Seufzen. „Um auf Magnus zurückzukommen: Ich hab mir unendliche Vorwürfe gemacht, schließlich war ich es, die die Aktion vermasselt hat.“
    „Sie konnten nichts dafür.“
    „Hat man mir auch gesagt. Aber das ist eine faule Ausrede! Es war
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