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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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sagten kein Wort.
    Der Regen schlug an die Scheiben, und Thea stand auf und schloß das Fenster fester. Der Galgen, den sie über Nats Bettseite befestigt hatte, schwankte noch nach.
    »Er hängt zu tief«, sagte Nat.
    »Du kommst sonst nicht dran.«
    »Ich brauche ihn nicht.«
    Nat drehte sich zu ihr um.
    »Was haben wir noch an Requisiten?«
    »Du weißt doch, was auf der Liste stand.«
    »Auf das eine oder andere werde ich verzichten können«, sagte Nat, »nur Scheuklappen brauche ich dringend.«
    »Ich hasse es, nicht mehr auf Augenhöhe mit den anderen zu sein«, sagte Nat, als sie von ihrem ersten Einkauf kamen, »die Leute sprechen nur noch dich an.«
    »Das sind nur die Anfangsschwierigkeiten«, sagte Thea.
    »Auf was habe ich mich eingelassen«, sagte Nat.
    Er gab ihr die Tüten, die er auf dem Schoß gehabt hatte.
    »Tu mir einen Gefallen, und häng nie ein Netz an die Lehne.«
    »Schade«, sagte Thea, »ich denke schon seit Tagen daran.«
    Die Putzfrau schimpfte, weil die Reifen des Stuhl in den Teppich drückten. Sie saugte und wischte und behauptete, die doppelte Arbeit zu haben, seit Nat wieder da war.
    »Ich werde mich nach einer anderen Putzfrau umsehen«, sagte Thea, »einer feinfühlenden.«
    »Vielleicht solltest du dich nach einem anderen Mann umsehen.«
    »Muß ich nicht bleiben, bis daß der Tod uns scheidet?«
    »Doch«, sagte Nat, »das mußt du.«
    »Du nimmst auch immer den Weg durch die Pfützen.«
    »Laß uns nicht mehr rausgehen, wenn es regnet.«
    »Ich kaufe eine Eisenkugel, die ich mir ans Bein binde.«
    »Ich schenke dir eine zu Weihnachten«, sagte Nat.
    Thea gab nach und ließ die Bücher stehen, wo sie waren.
    Nat versprach, die schweren Bände nicht mehr mit der Feuerzange herunterzuholen. Die paar, die er für die Übersetzungen brauchte, lagen schon auf seinem Schreibtisch.
    Doch Nat zeigte nicht viel Lust, mit der Arbeit anzufangen. Für das Buch des Amerikaners hatte ein anderer den Auftrag bekommen. Nat hatte zu lange gezögert mit der Zusage. Die anderen Manuskripte lockten ihn noch weniger.
    »Ich brauche das Geld nicht«, sagte er.
    »Ich kann nicht mit einem Mann leben, der nur rumsitzt.«
    »Genau damit mußt du dich abfinden.«
    »Und der Einkommensnachweis, den sie von dir wollen?«
    »Du kannst ihnen ein paar Unterlagen kopieren, die Aufschluß über mein Vermögen geben. Die deutschen Behörden brauchen keine Angst zu haben, daß ich zum Sozialfall werde.«
    »Du bist nicht Getty.«
    »Nein«, sagte Nat, »aber ich komme aus.«
    »Der Verlag hat neue Manuskripte für dich. Der Lektor will kommen und sie dir bringen.«
    »Nicht der Lektor«, sagte Nat, »der trieft vor Anteilnahme und hängt dabei nur an dir herum.«
    »Dann hole ich die Sachen.«
    »Nein«, sagte Nat, »dann habe ich gar keine Kontrolle.«
    »An mir herumhängen«, sagte Thea, »was willst du damit sagen?«
    »Du schließt dich zu leicht anderen Menschen an«, sagte Nat, »ich muß dich davor schützen.«
    Als Theas Chefredakteur anrief und ihr die Geschichte in New York anbot, saß Nat am Klavier.
    »Hör mir mal zu«, sagte Thea, nachdem sie aufgelegt hatte.
    »... changing my life with a wave of her hand«, sang Nat.
    »Ich muß dir was sagen.«
    »Nobody can deny...«
    »Nat«, sagte Thea.
    »... that there's something there. I want her ev'rywhere and if she's beside me ...«
    »Ich fahre nach New York.«
    »I know I need never care«, sagte Nat, »da warst du doch gerade.«
    »Das ist ein halbes Jahr her.«
    »Wann fährst du?«
    »Morgen schon. Mein Visum ist ja noch gültig.«
    »Für wie lange?« fragte Nat.
    »Zehn Tage.«
    »The fool - on the hill - sees the sun - going down ...«
    »Sei nicht albern. Zwei Wochen sind schnell vorbei.«
    »Zehn Tage«, sagte Nat, »und nicht eine Minute länger. Ist es ein Popmusiker?«
    »Du magst doch Popmusik. Du mochtest sie noch nicht mal unterbrechen, als ich dir was sagen wollte.«
    »Du bist ja ganz ungeduldig. Ich bete, daß er nicht dein Typ ist.«
    »Er ist über siebzig.«
    »Ein Dirigent.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Die sind über siebzig«, sagte Nat.
    »Brubeck«, sagte Thea, »ich interviewe Brubeck.«
    »Ja«, sagte Nat, »ich glaube, der ist so alt.«
    »Dann kannst du doch beruhigt sein. Du weißt doch, daß ich nur für Kindmänner schwärme.«
    »Zehn Tage für ein Interview?«
    »Ein Tourneebericht.«
    »Es ist nicht Brubeck«, sagte Nat.
    »Nein«, sagte Thea, »ein Sänger, der aussieht wie du, wenn nicht gerade Verfolgungswahn
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