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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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schien.
    Nat wollte Sherry. Nat wollte Wein.
    »Laß uns nicht trinken«, sagte Thea, »das Auto steht draußen.«
    »Ich fahre ja«, sagte Nat, »und ich übersehe keine Stopschilder, nicht mal betrunken.«
    »Ich warte schon lange darauf, daß du das sagst.«
    »Ich mache dir keinen Vorwurf«, sagte Nat.
    »Ich werde Buße tun«, sagte Thea.
    Sie tranken den Sherry zu schnell, und er stieg ihnen in den Kopf, und Thea schob Nat den Korb mit dem Brot hin.
    »Ich habe einen Brief von deiner Mutter bekommen«, sagte Nat.
    Thea nickte. Gloria hatte ihr den Brief in einem Telefonat angekündigt, als handele es sich um eine großzügige Schenkung.
    »Was schreibt sie?«
    »Daß du gut zu mir sein sollst. Sie zweifelt, ob ihre einzige Tochter weiß, wie man einen Mann verwöhnt.«
    Das Kind ist ein Kuckucksei, hatte Gloria zu Nat gesagt, als Thea ihn vorstellte, und dabei nicht einen Augenblick lang daran gedacht, daß Thea auf ihren Vater kam.
    »Gloria weiß das«, sagte Thea, »sie ist groß im Verwöhnen. Darum sterben die Männer an ihrer Seite so rasch.«
    »Der Mailänder hat doch lange gelebt.«
    »Zweiundsiebzig Jahre ohne und zwei Jahre mit Gloria.«
    »Du siehst sie zu streng«, sagte Nat.
    »Nein«, sagte Thea.
    Nat nahm einen Schluck von dem Wein.
    »Sie lädt uns ein«, sagte er, »ein paar Tage Como.«
    »Ein paar Tage Gloria«, sagte Thea, »das fehlte mir.«
    Sie hatte das Haus ihrer Mutter mit achtzehn verlassen und kehrte sowenig wie möglich dort ein. Ganz egal, wo Glorias Haus war.
    »Laß uns anstoßen«, sagte Nat.
    »Kann ich den Brief lesen?«
    »Er liegt in der Nachttischschublade.«
    Der Fisch kam auf den Tisch, und Nat zerlegte ihn mit ein paar geschickten Griffen.
    »Das machst du gut.«
    »Ich lege meine Grazie jetzt in die Hände.«
    »Wo war sie vorher?«
    »Ich war kein schlechter Tänzer«, sagte Nat.
    »Nein«, sagte Thea. Das Fest fiel ihr ein. Das rote Gesicht der Gastgeberin, die in Nats Armen lag.
    »Ich habe auch einen Brief von der Verlegerin bekommen.«
    »Liest du meine Gedanken?«
    »Nein«, sagte Nat, »du sollst auch was Eigenes haben.«
    »Schreibt sie von dem Amerikaner?«
    »Ich soll sein nächstes Buch übersetzen.«
    »Na wunderbar.«
    »Ich weiß noch nicht, ob ich zusage.«
    »Du warst doch ganz wild darauf, den Amerikaner zu übersetzen.«
    »Nein«, sagte Nat, »du warst wild darauf, daß ich das tue.«
    Er legte seine Gabel hin.
    »Ich kann die Pedale nicht mehr treten.«
    Thea sah aus, als habe sie die ganze Zeit schon befürchtet, daß Nat darauf käme.
    »Die ganze Technik ist für die Katz.«
    »Du gibst ja keine Konzerte«, sagte Thea.
    Nat schob seinen Teller weg.
    »Ich hoffe, daß du deine Einfühlsamkeit noch steigern kannst«, sagte er.
    Thea las Glorias Brief und lachte.
    »Ich habe Leute schon froher lachen hören«, sagte Nat.
    »Nimm es als Trost«, las Thea laut, »nimm es als Trost, lieber Nat, daß die Frauen dich noch mehr lieben werden.«
    »Ich kenne den Brief«, sagte Nat.
    »Fahr zu Gloria. Laß dich auf die Terrasse schieben und dir eine Decke über die Beine legen. Hilflose Männer machen Gloria mütterlich. Solange sie gut aussehen und es nicht übertreiben mit der Hilflosigkeit. Fahr nach Como. Du kannst auf den See gucken und die Martinis trinken, die sie dir bringt. Gloria ist bekannt für ihre Martinis.«
    »Ich bleibe bei Scotch«, sagte Nat.
    Thea hörte nicht hin.
    »Denke ich an meine Mutter, dann sehe ich sie in einem Rührglas rühren. Sie hat mal einen Mann fallenlassen, nur weil er die Martinis schüttelte. Rührt und lächelt ihrem Spiegelbild zu. Gloria stand immer vor dem Spiegel, wenn sie Martinis machte. Ziemlich blind war er.«
    Nat nahm ihr den Brief aus der Hand.
    »Erstaunlich, welch einen Redefluß Gloria bei dir auslöst.«
    »Wie lange bist du noch hier?« fragte Thea.
    »Den Juli noch«, sagte er.
    Der August war viel zu kühl. Am Abend von Nats Heimkehr machte Thea ein Feuer im Kamin.
    Nat war den ganzen Tag still gewesen.
    Er sah seine Wohnung und fand sie geteilt.
    Eine für Thea, die stand, und eine für ihn, der saß.
    Er fror vor dem Feuer, und als Thea ihm noch einen Pullover brachte, zog er ihn über den anderen und fror weiter. Er aß nichts von dem, was Thea auf den Tisch stellte.
    »Ich dulde nicht, daß du Nahrung nur noch in Form von Whisky zu dir nimmst«, sagte Thea.
    »Ich werde schon nicht zum Trinker werden«, sagte Nat.
    Thea hatte Angst davor gehabt, neben Nat zu liegen.
    Sie waren lange wach und
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