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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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hoffe nur, daß du mir nicht böse bist.«
    »Nein«, sagte Thea, »ich kann dich nur nicht mehr ertragen.«
    In Kopenhagen hatte sie geglaubt, Nat läge auf den Tod danieder. Thea fühlte sich zu ausgetrickst, um sich an die Angst zu erinnern, die sie in dem Augenblick gehabt hatte.
    Sie dachte nur an den Termin, der geplatzt war.
    Nat stand an der Tür, als Thea kam, um ihn aus dem Krankenhaus zu holen. Er hatte die zehn Tage ohne sie nur schlecht ertragen.
    »Der Aufzug ist kaputt«, sagte Nat.
    »Nimmst du noch mal die Treppe?«
    »Fast wäre es gutgegangen.«
    »Was wäre gutgegangen?« fragte Thea und ahnte es schon.
    »Der Sturz«, sagte Nat.
    »Erzähl mir nicht, daß du dich umbringen wolltest.«
    »Dann hättest du es hinter dir gehabt.«
    »Du bist sehr fürsorglich«, sagte Thea, »fast wäre es schiefgegangen, und du lägst da mit gebrochenem Halswirbel, und ich dürfte dich alle dreißig Minuten in deinem Bett umdrehen.«
    »Du bist hart geworden«, sagte Nat.
    »Es gibt noch einen anderen Aufzug«, sagte Thea.
    »Ein netter Nikolaus.«
    Thea trug die Tüten in die Küche und begann auszupacken.
    »Zieh doch erst mal deinen Mantel aus«, sagte Nat.
    Thea drückte ihm eine Flasche Islay Malt in die Hand.
    »Haben wir was zu feiern?«
    »Es soll eine Sauferei am offenen Grab werden. Ich habe heute eine Kündigung bekommen.«
    »Du hast doch einen Vertrag für sechs Geschichten im Jahr.«
    »Den habe ich jetzt nicht mehr.«
    »Was paßt ihnen nicht?«
    »Daß ich die sechs Geschichten nicht geschrieben habe. Daß ich Termine in letzter Minute platzen lasse.«
    »Es sind besondere Umstände«, sagte Nat.
    »Ja«, sagte Thea.
    »Ich habe genug Geld für uns beide.«
    »Das ist es nicht, ich kann hier nicht versauern.«
    »Laß uns verreisen.«
    »Hat Gloria noch mal geschrieben? Der Corner See im Winter wäre ganz gut gezielt für zwei Rentner, wie wir es sind.«
    »Ich dachte an New York«, sagte Nat, »oder an London.«
    »Nein«, sagte Thea, »mein letzter Versuch, nach New York zu kommen, ist mir noch in zu naher Erinnerung.«
    Nat nahm einen Schluck von dem Whisky und schaute in das Feuer, das schlecht brannte.
    »Was hat dein Chef nun gesagt?«
    »Daß ich frei für ihn arbeiten könnte. Ohne die Last eines Vertrages. Dann könnte ich mich mehr der Pflege meines Lebensgefährten widmen.«
    »Er ist gemein«, sagte Nat.
    »Nein«, sagte Thea.
    Nat nahm den Blasebalg, der neben dem Kamin lag.
    »Das Feuer kümmert schon den ganzen Tag«, sagte er, »das Holz ist einfach nicht trocken genug.«
    Thea sah auf den Blasebalg.
    »Wo hast du den her?« fragte sie.
    »Er lag in der Schuhkammer, auf dem Boden. Am Kamin habe ich ihn ja vergeblich gesucht.«
    »Er lag in der Schuhkammer, und zwar oben im Regal, und Frau Posnack war heute nicht da.«
    »Vielleicht lag er gestern da«, sagte Nat.
    »Heute, ich habe ihn noch in der Hand gehabt, als ich die Stiefel herunterholte. Ich habe ihn liegenlassen, weil der Kleber noch nicht trocken war.«
    »Das Leder ist auch schon wieder gerissen, du hast es nicht sehr sorgfältig geklebt.«
    »Ich habe ihn extra nach oben gelegt, damit du ihn nicht vorzeitig auseinanderreißt.«
    »Ich komme nicht ans obere Regal«, sagte Nat.
    »Ja«, sagte Thea.
    »Was glaubst du?« fragte Nat. »Daß ich ihn mir von da oben geholt habe?«
    »Alles deutet darauf hin.«
    »Der Blasebalg lag auf dem Boden«, sagte Nat und hatte Not, nicht loszuheulen, »glaubst du, daß ich aufspringe, sobald du aus dem Haus bist, und ›ach wie gut, daß niemand weiß‹ singe?«
    »Beruhige dich, vielleicht habe ich ihn ja an die Kante geschoben, als ich die Stiefel herunternahm, und nachher ist er dann auf den Boden gefallen.«
    »Sag das doch gleich«, sagte Nat.
    »Soll ich den Zweig in den Türrahmen hängen?«
    Thea ließ den Löffel fallen. Das Kaffeepulver, das sie gerade in den Einsatz der Espressomaschine füllen wollte, lag unter dem Gitter des Gasherdes.
    Thea ging in die Diele. Nat saß da und hielt den Hammer und einen Nagel in den Händen.
    »Was soll das?« fragte Thea.
    »Das macht man doch mit einem Mistelzweig.«
    »Ich wollte ihn in eine Vase stellen.«
    »Kannst du nicht machen.«
    »Die Tür ist drei Meter hoch.«
    »Höchstens zwei Meter zwanzig«, sagte Nat.
    »Du hängst ihn auf?«
    »Ich steige auf einen Stuhl und schlage den Nagel ein. Ich habe ja auch den Blasebalg heruntergeholt.«
    »Hör schon auf. Wir haben ja eine Erklärung gefunden.«
    »Aber du glaubst nicht
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