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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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fragte Thea.
    Nat griff in die Tasche seiner dicken Glencheckjacke und holte das zerknüllte Zeitungspapier hervor.
    »Du nimmst dir kein Zimmer.«
    Thea schob ihren Zeigefinger durch den Schlüsselring und hielt ihren Finger hoch, als prüfe sie, wie ihr der Ring stehe.
    »Irgendwann werde ich einfach abhauen«, sagte sie, »ohne ein Zimmer in deiner Nähe.«
    »Abzischen«, sagte Nat, »das war das Wort.«
    Er nahm den Zeitungspacken auf und legte ihn sich auf den Schoß.
    »Ich werde deine Spur aufnehmen«, sagte er, »dir von Stadt zu Stadt folgen. Irgendwann wirst du schon müde werden.«
    Kurz vor Weihnachten kam der Schnee. Der Himmel hing grau und schwer und wurde nicht heller, als er leergeschneit war. Die Temperatur sank, und der Schnee eiste ein und schien ewiger Teil der Landschaft werden zu wollen.
    Thea holte auf Nats Geheiß die Skier aus der Kammer. Alte Langlaufskier, auf denen er schon als Dreizehnjähriger gestanden hatte. Ihr Hickoryholz knackte im Kamin, und Nat lachte, als sich die Spitzen im Feuer hoben. Thea nahm Nat die Streichhölzer aus der Hand und hielt ihm das Whiskyglas hin.
    Nat haßte den Schnee. Er geriet in die eisglatten Fahrspuren der Autos und blieb in den Schneehaufen stecken, die an den Gehsteigen lagen. Er vermißte ständig einen der Handschuhe und klebte mit den Händen am kalten Stahl der Greifreifen. Er kam steifgefroren nach Hause und hustete und hatte einen heißen Kopf.
    »Ich staune über deinen Kampf mit den Naturgewalten. Was machst du eigentlich da draußen.«
    »Ein letztes Aufbäumen, aber ich gebe auf. Du mußt morgen den Baum holen.«
    »Ich kaufe ihn irgendwo in der Stadt«, sagte Thea.
    »Nein«, sagte Nat, »du holst ihn vom Gut. Ich habe ihn jedes Jahr von da geholt.«
    »Ich mag die Fahrerei nicht«, sagte Thea.
    Nat nahm ein paar Scheite vom Stapel neben dem Kamin.
    »Die Skier sind ganz aufgebrannt«, sagte er.
    Thea hatte Mühe, den Fiat auf der Straße zu halten. Die Tanne lag mehr auf der Motorhaube als auf dem Dach. Die dünnen Bänder hielten den Baum nicht. Das Seil hatte nicht im Kofferraum gelegen. Sie hätte nachsehen sollen, statt sich auf Nat zu verlassen.
    Als Thea in ihre Straße fuhr, war es schon dunkel.
    Thea parkte hinter dem Jaguar ein und sah, daß er voller Schlamm war.
    Nat öffnete die Tür, als Thea die Treppe hochkam, die Tanne im Schlepptau.
    »Du hast ja den ganzen Tag gebraucht. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Du hast mich doch da rausgejagt«, sagte Thea.
    »Ich habe das immer in drei Stunden geschafft. Eine hin, eine für den Baum und eine zurück.«
    »Dir hat ja auch nicht der Baum auf der Scheibe gehangen. Du hattest ein schönes dickes Seil.«
    »Tut mir leid mit dem Seil«, sagte Nat, »ich hatte gedacht, daß es im Kofferraum ist, doch es liegt auf der Terrasse. Ich habe es eben beim Kehren entdeckt.«
    »Du hast gekehrt?«
    »Ich dachte, du stellst den Baum dahin und trägst den Schnee herein.«
    »Du denkst richtig mit«, sagte Thea, »geht das gut mit dem Kehren?«
    »Andere machen das mit mehr Effizienz.«
    »Vielleicht hattest du ja was anderes vor mit dem Seil.«
    »Ein guter Baum«, sagte Nat, »trägst du ihn nach draußen?«
    »Für deine Rallye. Dein Wagen sieht nach Paris-Dakar aus.«
    »Ach so«, sagte Nat, »ich mußte noch mal in die Stadt.«
    »Dann hast du ein ganz schönes Tempo gehabt in der Stadt.«
    »Das ist der Sand. Die haben ja überall gestreut.«
    »Hast du die Kugel gekriegt?«
    »Welche Kugel?« fragte Nat.
    »Die ich mir ans Bein binde.«
    »Von Kugel am Bein kann keine Rede sein. Du warst den ganzen Tag weg. Ich möchte wirklich wissen, wo du gewesen bist.«
    Thea nahm den Baum und trug ihn auf die Terrasse.
    »Ich habe doch Tee gemacht«, rief Nat.
    »Na und?« fragte Thea, als sie hereinkam.
    »Laß uns Frieden haben«, sagte Nat.
    Thea saß schon auf dem Sofa, als Nat mit dem Tablett kam.
    »Die Kanne konnte ich nicht auch noch nehmen«, sagte er.
    Thea stand auf und holte die Teekanne aus der Küche. Nat hatte das Tablett auf den kleinen Tisch neben dem Sofa gestellt.
    »Kann ich zu dir aufs Sofa?«
    »Seit wann fragst du?«
    »Seit du aufstehst, sobald ich mich anschicke, mit dir auf dem Sofa zu sitzen.«
    »Mach schon«, sagte Thea.
    Sie nahm die silberne Zange, die auf dem Tablett lag, und fing an, die braunen Zuckerstücke aufzuzwicken. Sie hatte zu viele in die Tassen getan, als Nat auf dem Sofa saß. Thea goß den Tee trotzdem ein.
    »Willst du mir was sagen?«
    »Wie kommst du
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