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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat
Autoren: Carmen Korn
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gegessen hast. Ich schaue ihn dankbar an, denn er wird uns schnell wieder zusammenführen und mir noch ein paar Minuten mit dir schenken, bevor du mich für viele Stunden verläßt.«
    »Eine Seifenoper«, sagte Thea.
    »Jetzt haben wir eine Szene à la Figaro. Du stürzt herein und schreist nach dem Schlüssel und den Batterien für deinen Recorder, und wir heben alle Kissen und alle Zeitungen hoch, und ich finde die Batterien schließlich auf deinem Schminktisch. Du läufst los, und ich bin allein.«
    »Ich erinnere mich an den Tag«, sagte Thea, »ich war spät dran, aber so ein Theater habe ich nicht gemacht.«
    »Ich habe es so in Erinnerung«, sagte Nat, »ich bin also allein, aber nicht lange, denn da kommt die liebe Frau Posnack. Ich biete ihr an, wie ich es immer tue, Kaffee zu kochen. Sie lehnt es ab, wie sie es immer tut, weil sie unsere Art der Zubereitung nicht schätzt. Nach diesem anregenden und vertrauten Dialog ziehe ich mich an meinen Schreibtisch zurück.«
    »Sprich dich ruhig aus«, sagte Thea.
    »Laß mich dir nur noch erzählen, wie unsere Perle mit mir umgeht, sobald sie mit mir allein ist. Gott sei Dank fühlt sie sich nicht mehr gestört, wenn sie um den Schreibtisch rum saugt, während ich einer komplizierten sprachlichen Umsetzung nachsinne. Sie zieht mich auch nicht mehr weg, wenn ich im Weg bin, weil ich jetzt die Bremsen ziehe. Dafür öffnet sie gern die Klappe oben an der Terrassentür, weil sie weiß, daß ich leicht friere. Die Stange nützt mir leider gar nichts, wenn ich wieder schließen will, denn die Gute steckt ein dickes Staubtuch in die Klappe.«
    »Ich glaube, ich habe ein Ventil gelöst bei dir«, sagte Thea, »soll ich sie rausschmeißen?«
    Nat schüttelte den Kopf.
    »Ich nehme es leicht«, sagte er, »ich nehme doch alles leicht. Ich arbeite, sagen wir, bis drei, dann fällt mir die Decke auf den Kopf. An typischen Tagen bin ich dann in die Stadt gefahren. An dem Tag auch. Ich parke meistens in der Garage hinter dem Auktionshaus, in dem du Louises Silber verscherbelt hast.«
    »Es ist immer noch genügend Silber da«, sagte Thea.
    »An dem Tag«, sagte Nat, »habe ich als erstes ein Negativ zum Vergrößern gebracht. Ein Bild von uns beiden. Ich mag es sehr.«
    »Was für ein Bild?« fragte Thea.
    »Von unseren Inselferien. Im vorletzten März. Weißt du nicht mehr? Der Däne hat es mit deiner Kamera aufgenommen. Du und ich und ein Haufen Dünen. Im Mai bist du dann das erste Mal nach Amerika geflogen.«
    »Zeig es mir«, sagte Thea.
    »Es liegt im Schreibtisch. Laß mich noch meinen Tag zu Ende bringen. Du wolltest doch alles hören. Ich war in dem Fotoladen. Dann habe ich Wein gekauft. Sonst keine Einkäufe an dem Tag. Du hattest ja keine Aufträge für mich. Was mache ich sonst noch in der Stadt. Ich kehre mal ein, trinke was, flirte ein bißchen. Gloria hatte recht. Ich gefalle den Frauen nicht weniger.«
    »Ich rase vor Eifersucht«, sagte Thea.
    »Schon gut. Ich weiß, daß ich dir nicht mehr viel bedeute. Darum habe ich ja auch das Bild vergrößern lassen. Um mich an meiner Vergangenheit zu laben. Eine liebende Thea guckt zu dem glücklichen Nat hoch. Ich bin eben der sentimentale Typ.«
    »Zeig mir das Bild.«
    »In meinem Schreibtisch«, sagte Nat, »in der Schublade.«
    Thea erinnerte sich vage an ein Bild, das damals gemacht worden war. Doch das Schwarzweißfoto, das Nat auf ein Format von 24 x 30 hatte ziehen lassen, überraschte sie.
    Das Bild leuchtete. Theas Blick. Nats Lachen. Theas Lachen.
    »Das Dokument einer Liebe«, sagte Thea.
    »Ein Beweisfoto«, sagte Nat.
    »Ich bestreite nicht, dich mal geliebt zu haben.«
    Nat schaute auf das Foto.
    »Du warst auch mal einen Kopf kleiner als ich.«
    »Das bin ich wohl immer noch«, sagte Thea.
    »Ich habe das vergessen«, sagte Nat.
    Thea schlief in Nats Armen ein.
    Er hatte sie gestreichelt. Sie hatte es geschehen lassen.
    »Du warst weich heut nacht«, sagte Nat, »ein Weihnachtswunder.«
    »Denk nicht zuviel darüber nach.«
    »Wenn du mir helfen würdest.«
    »Was dann?« fragte Thea.
    »Die düsteren Prognosen erfüllen sich nicht.«
    »Du meinst, du kommst noch mal auf die Beine?«
    »Ich meine, daß ich immer noch ein guter Liebhaber bin«, sagte Nat.
    Der Tag, an den auch Thea sich erinnerte, war ein Freitag gewesen. Frau Posnack kam freitags später, weil sie Nats Hemden aus der Wäscherei holte. Sie weigerte sich, seine Sachen zu waschen, war aber zu dem Botengang bereit. Nat hatte die Batterien
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