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The Legion 01 - Der Kreis der Fuenf

The Legion 01 - Der Kreis der Fuenf

Titel: The Legion 01 - Der Kreis der Fuenf
Autoren: Kami Garcia
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sie mich gerade vor sich – in einer dieser Fernsehsendungen über ungelöste Verbrechen.
    Ich hüpfte von der Arbeitsplatte. » Ich gehe rauf zum Zeichnen. «
    Gedankenverloren starrte sie aus dem Küchenfenster. » Mmm … das ist eine gute Idee. Da fühlst du dich bestimmt gleich besser. «
    Um genau zu sein, machte das Zeichnen, dass ich gar nichts fühlte.
    Das war der Punkt.
    Solange meine Hand sich über das Blatt bewegte, waren meine Probleme wie vom Erdboden verschluckt, und ich war eine Weile wo anders oder jemand anders. Meine Bilder zeigten eine Welt, die nur ich sehen konnte – ein Junge, der seine Albträume in einem Sack mit sich herumschleppte, während Stücke und Brocken davon hinter ihm herausfielen. Oder ein Mann ohne Mund, der im Dunkeln auf die Tastatur einer kaputten Schreibmasche einhämmerte.
    Wie das Bild, an dem ich jetzt arbeitete.
    Ich stellte mich vor meine Staffelei und betrachtete das Mädchen, das zusammengekauert auf einem Dach hockte und den einen Fuß versuchsweise über die Kante streckte. Mit angstverzerrtem Gesicht starrte sie zum Boden hinunter. Zarte dunkelblaue Schwalbenflügel wuchsen aus ihrem Rücken wie die Äste eines Baumes, und dort, wo sie sich durch ihr Kleid gebohrt hatten, war der Stoff zerfetzt.
    Ich hatte mal gelesen, dass es Glück bringt, wenn eine Schwalbe ihr Nest im Dach baut. Aber wenn sie das Nest aufgibt, dann hat man nichts als Pech. Wie so vieles konnte der Vogel ein Segen oder ein Fluch sein, eine Tatsche, der sich das Mädchen mit den Schwalbenflügeln sehr wohl bewusst war.
    Als ich mich wenig später schlafen legte, waren meine Gedanken noch immer bei ihr. Und ich fragte mich, wie es wohl wäre, Flügel zu haben und doch zu viel Angst vor dem Fliegen.
    Am nächsten Morgen wachte ich völlig gerädert auf. Im Traum war ich von schlafwandelnden Mädchen heimgesucht worden, die auf Friedhöfen herumschwebten. Elvis lag zusammengerollt auf einem Kissen neben mir. Ich kraulte ihn an den Ohren und er sprang auf den Boden.
    Ich schleppte mich erst aus dem Bett, als Elle am Nachmittag aufkreuzte. Sie machte sich nie die Mühe, vorher anzurufen, ehe sie rüberkam. Elle würde nie auf die Idee kommen, dass jemand sie nicht sehen wollte – eine Eigenschaft, um die ich sie vom ersten Moment an beneidet hatte, als wir uns in der siebten Klasse kennengelernt hatten.
    Jetzt lag sie in einem Meer von Bonbonpapierchen auf meinem Bett und blätterte in einer Zeitschrift, während ich vor meiner Staffelei stand.
    » Wir gehen heute Abend mit ein paar Leuten ins Kino « , sagte Elle. » Was ziehst du an? «
    » Ich habe dir doch gesagt, dass ich zu Hause bleibe. «
    » Wegen diesem armseligen Exemplar von einem Typen, der vielleicht gerade mal in der Volkshochschule anfangen wird, wenn wir unseren Abschluss in der Tasche haben? « , fragte Elle mit diesem gefährlichen Unterton in der Stimme, den sie für Leute reserviert hielt, die den Fehler begangen hatten, jemandem wehzutun, der ihr am Herzen lag.
    Es war wie ein Schlag in den Magen. Sogar jetzt, nach einigen Wochen, war die Wunde noch frisch.
    » Weil ich keinen Schlaf bekommen habe. « Das mit dem Mädchen auf dem Friedhof ließ ich unter den Tisch fallen. Wenn ich anfing, darüber nachzugrübeln, läge nur eine weitere Nacht voller Albträume vor mir.
    » Schlafen kannst du noch, wenn du tot bist. « Elle feuerte die Zeitschrift auf den Boden. » Und du kannst dich auch nicht jedes Wochenende in deinem Zimmer vergraben. Du bist nicht diejenige, die sich schämen sollte. «
    Ich ließ ein Stück Zeichenkohle in den Angelkasten auf dem Boden fallen und wischte mir die Hände an meinem Overall ab. » Ich finde, abserviert zu werden, weil man sich von seinem Freund nicht als Spickzettel ausnutzen lassen will, rangiert ganz weit oben auf der Beschämungsskala. «
    Ich hätte gleich misstrauisch werden sollen, als einer der süßesten Typen der Schule mich gefragt hatte, ob ich ihm dabei helfen könnte, seine Geschichtsnote zu verbessern, damit er nicht aus dem Footballteam flog. Vor allem, weil es Chris war, der schweigsame Typ, der von einer Pflegefamilie zur nächsten weitergereicht wurde – und für den ich schon seit Jahren schwärmte. Als die mit dem besten Notenschnitt in Geschichte und auch allen übrigen Kursen fiel die Wahl logischerweise auf mich.
    Ich hatte nur nicht gecheckt, dass Chris wusste, warum das so war.
    In den ersten paar Grundschuljahren war mein eidetisches Gedächtnis eine Sensation.
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