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Texas

Texas

Titel: Texas
Autoren: James A. Michener
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ihn«, meinte Garcilaço. Er erinnerte sich an ein Autodafé, bei dem ein Angeklagter sich geweigert hatte, seine Schuld einzugestehen, und sein Tod war entsetzlich gewesen. »Es ist viel besser, wenn man vorher erwürgt wird.«
    »Der andere Mann, er ist hier aus der Stadt, weigert sich abzuschwören. Er sagt, er wird die Flammen willkommen heißen. Na, dazu wird er Gelegenheit haben!«
    Am Morgen des Autodafés versammelten sich die Menschen entlang der Route, die die Prozession nehmen würde. Die Straßen wimmelten von Verkäufern, aber das größte Gedränge herrschte auf dem großen Platz vor der Kathedrale, wo die Brandpfahle errichtet und trockene Reisigbündel rund um die kleinen hölzernen Plattformen geschichtet worden waren, auf denen die Verurteilten stehen würden.
    Am Mittag, unter einer gleißenden Sonne, zogen Indianerinnen herum, die ein kühles, erfrischendes Getränk in hölzernen Bechern verkauften. Garcilaço hatte Durst, aber er besaß kein Geld. Ein spanischer Beamter, der zwei Becher erstanden hatte, konnte den zweiten nicht austrinken; er merkte, wie dem Jungen zumute war, und überließ ihm großzügig den Rest. Während Garcilaço die Limonade gierig hinunterstürzte und die Verkäuferin ungeduldig mit dem Fuß aufstampfte, fragte der Spanier: »Bist du ein Mestize?« Garcilaço antwortete, während er die letzten Schlucke machte: »Ja, mein Vater war Spanier. Man hat mir erzählt, daß er erschossen wurde, noch vor meiner Geburt.«
    »Trink aus!« ermahnte ihn die Indianerin, und Garcilaço leerte den Becher.
    »Das war gut. Danke, Herr.« Der Mann wollte ihm weitere Fragen stellen, da kam der alte Maultiertreiber gelaufen.
    »Da bist du ja endlich!« rief er, als er seinen Helfer entdeckte, und machte sich daran, Garcila9o von dem Faß herunterzuholen. Der spanische Herr stieß ihn grob zurück. »Laß den Jungen zufrieden!« Der Mann zögerte, doch als er erkannte, daß der Fremde vermutlich aus Spanien kam und unverzüglich sein Schwert ziehen würde, wenn man seine Ehre verletzte, wich er zurück und rief dem Jungen knurrend zu: »Eine schlechte Nachricht! Wir müssen unsere Waren beim Heer in Guadalajara abliefern.« Diese Stadt lag mehr als achthundert Kilometer westlich. »Du mußt gleich mit mir kommen«, fügte der Alte hinzu. Das bedeutete, daß Garcila9o das Autodafé versäumen würde! Der Maultiertreiber ließ nicht locker und forderte den Jungen erneut auf, mitzukommen. Da richtete der Spanier mit drohender Stimme wieder das Wort an ihn: »Jetzt aber fort mit Euch, oder Ihr bekommt es mit mir zu tun!« Der Alte zog sich zurück, aber sein wütender Blick verhieß seinem störrischen Helfer, daß er ihn bestrafen werde, sobald das Autodafé zu Ende war.
    »Du bist ein Glückspilz«, sagte der Spanier. »Guadalajara! Das ist die beste Stadt in Mexico! Von dort aus kannst du in den richtigen Westen gelangen und auf dem Weg dorthin den Pazifischen Ozean sehen.«
    Mit dem Autodafé wurde es jetzt ernst: Aufgeregt liefen Beamte umher, deren Aufgabe es war, auf die Einhaltung bestimmter Vorschriften zu achten. In der Stille, die eintrat, kurz bevor die Prozession auftauchte, tätschelte der Spanier Garcila9o den Arm und meinte: »Dein Meister scheint ein unguter Patron zu sein.«
    »Das ist wahr.«
    »Warum läufst du nicht einfach fort? Das habe ich auch gemacht. Aus einem elenden Dorf in Spanien, wo ich ein Niemand war. In Mexico bin ich ein Mann von einiger Bedeutung.«
    »Ich wüßte nicht, wohin ich laufen sollte«, antwortete Garcila9o.
    Der Herr packte ihn an der Schulter: »Dir steht die ganze Welt offen, Junge. Du könntest der neue Conquistador sein, der Mestize, der in diesem Land einmal herrschen wird!« Er korrigierte sich: »Der Spanien helfen wird, hier zu herrschen.«
    »Seht!« rief Garcila9o. Auf dem Platz erschienen vier Sklaven. Sie hielten die Griffe eines Tragsessels, auf dem ein in Purpur gekleideter Prälat thronte; er trug eine reichverzierte Mitra und starrte mit ausdruckslosem Gesicht vor sich hin. Es war Bischof Zumárraga, der mächtigste Kirchenfürst Mexicos, der persönlich für die Verhaftung und Verurteilung der zwei Ketzer verantwortlich war, die man jetzt verbrennen würde.
    Die Zeremonie lief schnell und furchteinflößend ab. Bischof Zumárraga nahm das Reuebekenntnis des Mannes entgegen, der erwürgt werden sollte, und ignorierte die Verachtung des anderen, den man lebendig verbrennen würde. Dann übergab er die Gefangenen dem weltlichen Arm
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