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Teuflische List

Teuflische List

Titel: Teuflische List
Autoren: Hilary Norman
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hinter Jules.
    »Bauch«, sagte Thomas, schaute zu seiner Tante hinauf und lachte.
    Und dann hörte er auf zu lachen und blickte an ihr und Vater Moran vorbei.
    Er schaute zu jemand anderem, der gerade erst den Raum betreten hatte und nun eine sehr dunkle Brille abnahm: eine Frau mit kurzem, stacheligem Haar, das fast die gleiche Farbe hatte wie sein eigenes.
    »Ist das …?« Olli verstummte, als seine Mutter ihm die Hand auf den Kopf legte.
    Thomas schaute Abigail mit unverhohlener Neugier an.
    »Hallo«, sagte er.
    »Hallo, Thomas«, sagte Abigail.
    Und sie blickte zu ihrem Sohn hinunter.
    In seine wunderschönen meergrünen Augen.
    Ruhig, ermahnte sie sich.
    Sie atmete tief und gleichmäßig und kniete sich langsam auf den Teppich.
    Sie streckte die Hand aus.
    »Hallo, mein Liebling«, sagte sie.
    Jules stieß einen leisen Seufzer aus.
    »Ich denke …« Vater Moran räusperte sich. »Ich werde jetzt gehen und Tee kochen.«
    »Ist sie es?«, zischte Olli seiner Mutter zu.
    Jules nickte und flüsterte zurück: »Ja, das ist sie.«
    »Oh«, sagte Olli, sprang vor und schüttelte seinen kleinen Vetter an der Schulter. »Thomas, das ist deine Mami.«
    Thomas schwieg. Er starrte Abigail nur weiter an.
    »Warum weint sie?«, fragte Olli.

71.
    Es war, wie Michael Moran gesagt hatte: Es war in Ordnung.
    Das Haus, ein heimeliger Ort, war ihr gemütlich genug. In den ersten Wochen und Monaten hatte sie oft das Gefühl, als wäre ihr Sohn ein menschliches Rätsel, das sie unbedingt lösen musste. Während er wuchs und gedieh, versuchte Abigail, jedes Puzzlestück an die richtige Stelle zu legen – all die Informationsbruchstücke über Thomas, mit denen Jules sie während ihrer Haft bis zur Entlassung versorgt hatte.
    Er war ein wunderschöner kleiner Junge. Körperlich ähnelte er stark seinem Vater in diesem Alter, allerdings kam er weit besser mit anderen Menschen zurecht, sagte Jules – sie erinnerte sich an Geschichten, die ihre Mutter ihr einst erzählt hatte.
    Mit mir scheint es ihm nicht so leicht zu fallen, dachte Abigail.
    »Es ist meine Schuld«, sagte sie zu Jules. »Ich bin in seiner Nähe viel zu angespannt.«
    »Das gibt sich«, beruhigte Jules sie. »Du wirst dich entspannen, und dann wird auch er lockerer.«
    Wie Abigail herausfand, half Olli ihr mehr als jeder andere. Er war warmherzig und natürlich wie seine Mutter, und er schien das verzweifelte Bedürfnis seiner Tante zu verstehen, Thomas näher zu kommen. So wurde er zu Abigails Verbündetem. Er beteiligte sie an Spielen, die ermit Thomas machte, und flüsterte ihr Dinge zu, die Thomas besonders gerne mochte, und wichtiger noch: Dinge, die er nicht mochte oder gar fürchtete.
    In Foldingham lebten sie weiterhin mehr oder weniger anonym, wofür sowohl Abigail als auch Jules zutiefst dankbar waren. Jules’ Books lief ziemlich gut. Die Inhaberin und Abigail wechselten sich ab, die Kinder zu versorgen, Bücher zu verkaufen und am dörflichen Leben teilzunehmen, und falls einer ihrer Nachbarn neugierig ob der beiden Frauen mit ihren Kindern sein sollte, so waren sie viel zu gut erzogen, um es zu zeigen.
    »Findest du nicht, dass es an der Zeit ist, wieder mit dem Cellospielen anzufangen?«, fragte Jules Abigail sechs Monate, nachdem sie wegen der zweiten Transplantation nach Moorfields gegangen war.
    Als das Cello kein Beweisstück in einem Mordfall mehr gewesen war, hatte Jules es zu Foote’s am Golden Square geschickt, um es dort reparieren zu lassen. Anschließend hatte sie es ins Haus gebracht und auf dem Speicher abgestellt, wo es noch immer in einer dunklen Ecke auf seine Besitzerin wartete.
    »Ich kann nicht«, sagte Abigail. »Das würde alles wieder zurückbringen.«
    »Aber musst du nicht spielen, um wirklich wieder du zu werden?«
    »Ich habe Angst zu spielen.« Abigail hielt kurz inne. »Ich habe Angst, es zu berühren.«
    »Ich weiß«, sagte Jules mit sanfter Stimme. »Aber du könntest es doch wenigstens versuchen. Wenn du willst, kannst du es immer noch wegstellen.«
    Abigail stellte es nicht wieder weg.
    Als sie es aus dem Kasten nahm, war es einfach nurein Instrument, das ihr noch immer Frieden brachte, wie schon so viele Male zuvor.
    Olli mochte das Geräusch nicht.
    »Vielleicht sollte ich lieber aufhören«, sagte Abigail zu Jules. »Vielleicht erinnert er sich an jene Nacht.«
    »Er wird darüber hinwegkommen«, erklärte Jules mit fester Stimme. »Außerdem liebt Thomas es.«
    Das stimmte, und es erfüllte Abigail mit einem
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